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Klodnicki-Orlowski, Agnes
Studien zu Jacob Ruß, einem spätgotischen Bildschnitzer aus Ravensburg ([Hauptbd.]) — 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.30551#0229
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wahrten Reliquien gab. Die aufwendig gestaltete Rückseite des
Retabels und dessen gesamte Konzeption weist auf Umgehbarkeit
des Altares durch Pilger.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen ist, daß die unge-
wöhnliche Disposition der Marienkrönung im Gesprenge, die von
Aposteln begleitet wird, ein Zitat aus dem Vorgängerretabel dar-
stellt. Neben dem Altar für die Pfarrkirche Bozen-Gries von Micha-
el Pacher hätten wir demnach ein weiteres Beispiel für die Retro-
spektive in der Bildschnitzkunst des letzten Drittels des 15. Jahr-
hunderts.
Die bei Paatz genannte Südtiroler Altarbaukunst als eine
künstlerische Wurzel des Churer Retabels konnte durch vorliegen-
de Studien bestätigt werden. Die von der Verfasserin Ruß zuge-
schriebenen und von der Ruß-Forschung unbeachteten Skulpturen in
Natz bei Brixen belegen, daß der Ravensburger Bildschnitzer Süd-
tiroler Arbeiten aus eigener Anschauung gekannt haben muß.
Bei der ikonographischen Behandlung des Figurenzyklus im
Überlinger Rathaussaal konnte die herausragende Stellung des Wer-
kes innerhalb bildlicher Darstellungen von Quaternionensystemen
herausgearbeitet werden. Als besonderes Ergebnis zu Überlingen
ist hervorzuheben, wie stark das Quaternionensystem hier mit lo-
kalen Aspekten verwoben ist und wie sehr seine Entstehung hier
politischen und ideellen Ideen der Zeit zu verdanken ist.
Die Frage, ob der Ravensburger Bildhauer das Chorgestühl im
Münster zu Bern angefertigt habe, wurde aus quellenkundlicher
Sicht verneint.
 
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