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Knackfuß, Hermann; Rembrandt
Rembrandt — Künstler-Monographien, Band 3: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.61324#0130
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Aufſetzen einex Krone ein würdevolleres Anſehen zu geben; im dritten Platten-
zuſtand ſind die Namensunterſchrift Rembrandts mit der Jahreszahl 1648 und
die angeführten Verſe hinzugekommen. Das Blatt gehört zu denjenigen, von denen
man als Kunſtliebhaber mindeſtens zwei Abdrücke beſitzen mußte, ein „Junochen
ohne Krone“ und ein „Junochen mit Krone“.

Bei dem großen Wert, den die Sammler allen ſeinen Radierungen damals
ſchon beilegten, ſo daß ſie mit wahrer Begierde immer neuen Blättern entgegen-
ſahen, konnte Rembrandt ſich ſchon erlauben, auch ſolche Platten, an denen ihm
die Luſt vergangen war, ſo daß er ſie unfertig liegen ließ, durch Hinzufügung
ſeiner Namensunterſchrift für abgeſchloſſen zu erklären und Abzüge davon in den
Handel zu bringen. Ein ſprechendes Beiſpiel iſt der „Große heilige Hieronymus“
von 1648, ein Blatt, auf dem faſt nichts Weiteres ausgeführt iſt, als ein Weiden-
ſtamm im Vordergrund. Freilich hat das Blatt auch ſo einen unbeſtreitbaren
hohen Kunſtwert; ſo reizvoll wie das Ausgeführte, ſo feſſelnd iſt das bloß
Angelegte; das Geſicht des Heiligen, der mit einer Brille bewaffnet an ſeiner
Uberſetzung des heiligen Wortes ſchreibt, iſt, obgleich erſt mit wenigen Strichen
angedeutet, ein Wunderwerk des Ausdrucks. Man könnte bei dieſer Radierung
annehmen, daß es Rembrandt nur um die Naturſtudie nach einem maleriſchen
Weidenſtumpf zu tun war, und daß ihm dabei der Bildgedanke einfiel, den er
nun ſchnell hinſkizzierte, ohne ſpäter darauf zurückzukommen. Ganz offenbar aber
zeigt ſich das Abbrechen einer begonnenen Arbeit in dem ohne Grund mit dem
Namen „Pygmalion“ belegten Blatte, das einen in ſeiner Werkſtatt nach dem
nackten weiblichen Modell zeichnenden Maler darſtellt. Hier iſt das meiſte mit
feinen, leichten Umriſſen angegeben; aber der obere Teil des Hintergrundes iſt
mit Ausſparung der hineinragenden Formen in kräftiger Dunkelheit ausgeführt,
mit einer auf die Heranziehung von Schülerhilfe deutenden Genauigkeit. Man
erkennt, daß es dem Meiſter leid geworden iſt, den Reiz der lebendigen erſten

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