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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1845 (Nr. 1-12)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1496#0092
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Anschauurig zu bringni, habrn w!r die ersten Anfarrg« der Bildnerei und
Malerei dei allen Lölkern zu suchm. Beidk Kü >sie mußten durch ihre
Werke der Menge da« lebendige Wort ersetzen rn dm A-iten, wo eS noch
nicht allbefruchtmd durch die Schrift wirkm konnte, indem die Ävnst, sich
durch dieselbe mitzutheilen und zu verständigen, Jdem und Ansichten aus-
zutauschm, bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst das Vorrecht einer ge-
ringen Anzahl Bevorzugter war, weil bis dahin selbst die Mittel dazu für
die Mehrzahl zu kostbar und kostspielig, um G-meingut werdrn zu können.

Als daS Heidenthum gestürzt, der absolute Pantheismus verbannt war,
das Ehcistenthum be! den Völkern des Morgen- und Abendlandes leben-
dige Wurzel gefaßt hatt«, sah man fich doch bald wieder beim christlrchen
CultuS genörhigt, zu dm Mitteln seine Zuflucht zu nehmen, welche man
bei dm Pantheistm verdammte. Wie sollte man die Menge zur reinen
Zdee erhebm, wenn man diese nicht zu versinnlichen, zu verkörpern suchte?
wi« konnt« man das Volk belehren über die Grschichle und die Geheimnisse
der göttlichen Lehre, die Symbolik deS Culius ohne das alkgemeinste Be-
lehrunzSmittel: dir Bildnerei und Ma'ere«? Der Bildschmuck der ersten
christlichen Kirchen diente einzig und allein zur Belehrung, Erhebung und
Srbauung, denn wie einfach kindlich die Lehre, so einfach und dürftig in
den Formen flnd auch die Mosaikbilder und Malereicn in den Katakom-
ben und Grüften Roms'). Als sich die Kirche immer möchtiger hob, ihren
Eulms immcr mehr ausbildete und in seinen äußeren Erscheinungen grö-
ßere Pracht entfalten konnte, um die Menqe auch stnnlich zu feffeln und
zu «rheben, staktete man auch die Gotteshäuser reicher auS, und zwar mit
Musivarbeitm, welchr im schimmerndrn Farbmglanze der dazu verwandten
Stoffe von außerordmtlicher Wirkung sein mußten und durch d!e Dauer
derseldm Jahrhunderten Trotz bieten konntm. Jtalien hat uns noch eine
Reihe solcher musivischen Darstellungen aus dem 5. und 6. Jahrhunderte
«. s. w. aufbewahrt, welche bald rein SymbolischeS, bald Momente aus
der Geschichte des alten und neuen Bundes und bald neben dem rein Kirch-
lichen auch weltlich-historische Mvlive zum Vorwurfe haben ^).

Aber auch bei den nordischen Völkern sinden wir schon fcüh Bild-
schmuck alS Mitlel zur Erinnerung denkwürdiger Ereignisse angewandt.
Glauben wir dem b-kanntm dänischen Geschichtschreiber Saxo (-f 1204),
so hatten di« alten Nordlandshrlden ihre Schilde schon mit Abbildungrn
ihrer Abcnteuer verziert'). Jn Gallien wurden während der Herrschaft der
Merovinger, nach dem Zcugnisse des Gregor von Tours, Bildnerei und
Malere! zum Echmucke der Kirchen gepflcgt, da hier, trotz der wilden Be-
wegunzen der Völkecwanderung, die üdersiedelte römische Bildung nie ganz
unterging '). Mit Karl dem Großen beginnt aber in seinen weiten Rei-
chen für das westliche Europa eine neue Aera der zeichnendm und bildrn-
den Künste, deren Pflanzschulrn die von ihm gegründeten Klöster waren.
Dir Mönche waren vrchitekie, Bildschnitzer und Matec. Sein Münster
in Aachen baute «in frankischer Abt, Ansegis (804). Gab auch Jtalien das
kostbarere Baumaterial zum Schmucke desselbrn, waren es auch vielleicht
ilalienische Künstler, wrlch« die Kuppel des Baues mit prachtvollm Mosaik-
bildern schmückten, so waren die Maler, welche in seinem Palaste zu Aachen
seinm Tharenruhm in Bildern verherrlichten, doch wahrscheinlich fränkis.ch«
Mönche, wie auch di«j.migm, welche, wie uns Ermold Nigellus erzählt *),
die von ihm ,'n Zngelheim erbautc Kirche mit Scenen auS dem allen Te-
stamente und der Lebensgeschichte des Heilandes auSmalten und in dem
Prunksale seines dvrtigen Palastrs die Gcoßthaken der ausgezeichnctstm
Helden der W-ltgeschichke bis auf die seinigen abschilderten. Daß die Ma-
lerkunst in Deutschland nach den Stürmen des 9. Jahrhunderts, dcn Ver-
heerungszügen der Normanncn, noch gepflegt wurde, bekundet das große
^kmälde, welch.s Heinrich >., der Sachse, in dem Speisesaale seiner Pfalz
zu Merseburg auSführen ließ. Es stellke scinrn bei dieser Stadt 934 gegen
die Ungarn erfochtcnen Sieg dar, und zwar so lebendig, daß man nach
Luitprand's, des Bischvfs von Ercmona, Ieugniß die Schlacht selbst vor
flch ju sehen wähnte '). Wenn Luitprand, von dem Gemälde rcdend, das

*) Zch verweise auf Kugler's „Handbuch", aber vorzüglich auf Gvtt-
fried Kinkel's „Geschichte der bildenden Künste bei den christli-
chen Bölkern, vom Anfange unserer Zeitrechnung brs zur Gegen-
wart. Erste Lieferung: Die altchristliche Kunst." Bonn, 1845. DaS
Werk zeichnet sich durch eine bündige Klarheit aus, und ist in der
erstsn Periode auch nicht Eine in kunsthistorischer Beziehung nur in
etwa merkwürdige Erscheinung übergangen worden. Ohne oberfläch-
lich zu sein, kränkelt dasselbe, so weit es erschienen, durchaus nicht
an der bei deutschen Kunsthistorikern nicht seltenen Gelehrten-Prunk-
sucht, wodnrch gerade kunstgeschichtliche Arbeiten nur zu ost unge-
meßbar werden. Jn Kinkel's Werk stimmt Auffassung und Darstel-
lung aufs schönste, so daß es Jeden, den mit der Kunstgeschichte
Wertrauteu wie den Laien, ansprechen und fesseln muß. Mvchten die
Fortsetzungen nur nicht zu lange auf sich warten lassen! Man val
E. 199 ff. "

*) Den Bildschmuck der ältesten christlichen Baudenkmale Jtaliens fin-
den wir in den Aquarell-Copieen Rambvux's. Ein seltener Kunst-
schatz, deffen BesitzeS sich seit einigen Jahren die düsseldorfer Akade-
mie erfreut.

*) 8»xo, Aist. vsnise I, IV. p. 56. I-id. VN.

*) Dgl. Löbell's Werk über Gregor von TourS.

«) vo xvst l,näor^ kii l,. iv. spuä Ruratori seript. rer. Ital p. 65
Kln kel a. a. O. S. 237. r .

Luilpranäi vist. l, 2, e. 9 Es heißt: vuno vero triumpkum »ä
Alersedurgum kex iu superiori roeoscui'o äomus per
jä est, pieturam notsrj praecepit, aäeo «t rvm vvram potiu,
q>u»m verisimilew viäeas.

griechische Wort angedeutet, so barf unS dies nicht auf gri'e-

chisch« Künstler schueßm laffcn. Luilprand war zweimal, 946 und 986,
Gesandter am griechischen Hofe und prunkt überhaupt g-rn mit griechi-
schen Ausdrücken. Wiffen wir auch nichts Näheres über die Art der Aus-
fihrung dcs Bildes, und wollen wir auch k.in bedeutendes Gewicht auf
Luitprand'S Urtheil legen, so mußte die Kunst abrr nicht mehr ganz in ih-
rer Ki'ndheit sein, da si- flch an cine d-rartige Compvfllion wagen konnte,
die bei räumlicher AuSdehnung freiere Bewegung und Mannigfaltigkeil in
Stcllunqen und Haltung erheischte. .

Die Technik d-r Malerei und Bildnerri fordernd war der Einfluß der
Byzantiner auf die deutschen Künstler unter den sächsischen Oltonen. Drr
strenge, starre Typus einzelner Figurm, wie der Bilder des Heilandes, der
h. Jungfrau u. s. w., verschiedener symbolischer Darstellungm, der Nim-
duS odee Heiligenschein in verschiedmen Foimen urid Bedeutungm, typi-
sche Farben der Gewänder, nahmen die abmdländischm Künstler von dm
Byzantinem; aber schen am Snde des 12. Jahrhunderts sehm wir in
Deutschland eine freiere Bewegung im Kunststrebm nach der Eigmthüm-
lichkeit des nrtionalen GefühleS, rsiid daher machten die Maler Deutsch-
lands auch schon im 12. Jahrhundert rein Historisches zu ihrer Auf-
gabe, wie wir denn auch um diese Zeit und schon früher im Abendlande
die Auffassung deS Portraits in der Bildnerei und Malerei finden.

Jn allen Landen sah das 11. und 12. Zahrhundert viele neue Kirchm
entstehen. Es wollte die Kirche ihre Macht auch darchun in ihrm heiligen
Bautm. Neue Kirchen wurden g-baut, alte erweitert vdrr ganz umgestal-
tct. AUe Kirchm Ztaliens, Frankreichs und Drutschlands u. s. w. waren
mit Musivarbcitm, GlaSgcmälden, Wandbildern und Bildnereim ge-
schmückt, dmn dieser Schmuck wurde ein immrr nolhwmdigeres Bedürf-
niß, welchcs gerade in diesen Zahrhundcrtm nicht als bkoße ornamenlirende
Ausstatlung zu betrachtm ist. Die V-rehrung der Hciligm war seit dem
Snde des 19. Jahrhunderts immer lebendiger geworden, wmn wir fl- auch
schon in dcn erstm Jahrhunderten fiaden. Neben dm Geheimnissen derRrli-
gion sollke der Bildschmuck der Kicchen dm Andächtigm nun auch die nach-
ahmensivürdigm Beispiele der G.'aubcnszeugm, der heiligen Väter und an-
derer Heiligm vor d!r Seele sühren, sie also belehren, stärkrn und festigen
im Glauben. Jide Kirche hatte ihren Schutzheiligm, und seine Legende
vurde auch immer, nebeu dm Darstellungen aus dem L-ben deS Heilan-
des, der h. Jungftau, dm wichtigsten Dingm deS Lebens u. s. w., in der
-hm geweihtm Kirche ein Vorwurf des Bildschmuckes, der für die Menge
natürlich das einzige und ein ebm so lebmdi'ges Miltel derSrbauung und
Belehrung, wie jetzt das allgemrin durch die Schrift verbreitete Wort. Es
würde mich zu weit führen, wollte ich alle Kirchrn Jtaliens, Deutschlands,
Frankceichs und Eaglands, welche im 11. und 12. Jahrhunderte mit Mo-
saiken und Wandgemälden ausgeschmückt wurden, aufzählen °).

Jn Köln waren alle Kirch n aus jener Periode, wie auch die Grust.
rirchen oder Krypten, m!t Malereien vrrziert. Hat auch die Zeit Manches
zerstöct, fo f-rnd abcr diescr altehrwürdige Büdschmuck noch mrhr durch
den Unverstand, den säuberndrn Tünchquast seinen Untergang und ging
neist unwiederbringlich verloren. Wie manchrs Herrliche mögen die nieder-
-criffmen Kirchm nicht aufzuwciscn gehabl habm! die unvergleichlichstm
Glasgemälde und Tafelbilder, ivelche jetzt die Zierdeu der berühwtesten
Sammlungen. Hätken in Köln die blinde Neucrungssuchk, d!e frevle Nicht-
beachtung und Geringschätzung dieser Denkmale der zrichnenden Kunst, vcr-
bunden mit dem gierigsten Wuchergeiste, nicht gar so barbarisch arg ge-
hauft, allein Köln würde uns die prachtvvllsten Bslrge geliefert habm zur
Geschichte des EnkwickclungSganges der deutschen Malerkunst. Leider mah-
nm uns jetzt nur spärliche Ueberreste an das, was wir als verloren zu be-
clagen haben, indem unsere noch bestehendrn Kirchen ihre Wandgemä'lde
größtentheils ganz eingebüßk haben. Möge man darum jctzt nur gewissen-
haft darauf bedacht sein, das Wmige zu «rhalten, vor der blindm, ver-
nichtenden Wuth des TünchquasteS zu reltsn, was noch immrr zu retten
und zu erhiltm ist!

Die ältcstm Kryptm in Köln, die der Ki'rche St. Maria auf dem Capi-
to! und St. Grreon, zeigen noch Spurm von Wandbildern, Schöpfungm
aus der Mitte d:s 11. Jahrhunderks, noch in streng byzantinischem Ty-
puS. Die Krypte von St. Gereon bewahrt auch noch einige Ueberbleibsel
sines groben Mosaiks, wahrscheinlich U-berreste aus dem ältesten Baue.
Die bunt durch einander liegenden Thcile: Köpfe, HLnde, Gewänder und
architektvnische Aeichnungen mit Juschriftm wie: 004IV8 0AVI0 - «kx
— o.vv — LKIVV« — u. s. w. sind aus schwrr,e.i, wcißcn und rothen
Würfeln zusainmengesetzt. Es läßt sich, wie d!e Bruchstückc jetzt liegen,
nicht entziffern, waS das Mosaik vorstellte. Der Versuch, die Wandbilder
der K-ypke von der Tünche zu befreien, hat keine Resultate geliefert —
Ieit und Kalk haben dieselbm fast ganz zerstört. Der Kum>elbau der St.
GereonSkirche ist ebenfalls ganz mit Wandgernä'lden ausgeschmückt gewesen,
die theilweift übertüncht, theilweift hiater den Reliquienkasten versteckt sind.
Ucber dem Haupteingange sehen wir noch einc Auftrstehung der Todren —
Golt Vater, umgeben von Engeln, welche durch der Posau.ien Tvn die
Todten zum Gerichte ruftn. Das Bild hat seinen ursprünglichen Charak-
rer durch spätcre Ucbermalung verloren. Dic in der, dem h. Jvhannes ge-

») Ueber die Nusstattung der Kirche» Deutschlands durch Wandbilder
findet man nähere Nachrichten in Raumer's Geschichte der Hohen-
flauftn, Bd VI., Abschnitt von der Malerei; dann in Fiorillo's Ge-
schichte der zeichnendeu Künste in Deutschland u. f. w.. Bd. I. Den
Bildschmuck der Kiccheu Jtaliens aus diesen Ieiten geben die schcm
angeführten werthvollew Aquarelle von Ramboux; man vgl. aueh
Lanzi, Stvri» pittorioa. Was die Hauptkirche» Frankrcichs angeht,
verweift ich auftllispuis, Iss vatköärales kr»ncsi4e8, und auf daS
lAoiiasticon -Inelicaovm sive kanäectse <7osnodiorum «tv. Lon-
äiui, 1655, iu Bezug der Kirchen Englands.
 
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