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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1845 (Nr. 1-12)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1496#0096
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Tanze al< «!nr lLcherllche, argeschwackte Fabel"). — Für unsern Zweck
genügt eS, daß die Aehnlichkeit des BafiliSkm mit dem Hahne eden so in
den geschriebenen wie in d.n dildlichen Monumenten flch constakirt findrt,
und es scheint unS, als ob auch der leiseste Aweifel hier nichk mchr ob-
«allete. Schon allein di« angiführte Stelle aus dem Werke de« Vincen;
von Beauvais, die !n fast gleichlautenden Ausdrücken bei einer Menqe von
Echriftstellern des Miitelalters sich ebenwohl findet, kann als vollgültiger
BeweiS gelten. „Er hat einen Schweif wie die Biper und im Uebrigm
den Körper von einem Hahne. Ladet nutem esusam ut ooluber, resiäuum
vero oorporis ut xallus."

Der Archilekt Hr. Creepet hat der Soclet« krsnxaise in einer Bersamm-
lung, welche im Jahre 184l zu Lyon Etatt fand, «ine Aeichnung von einem
Hahne m!t einem Schlangenschweif vorgelegt, welcher mit der hier in Rede
stehenden Figur die größte Aehnlichkeit darbietet. Das Sculpturwerk, wel-
cheS jene Zeichnung darstellte, ist noch dadurch besonders merkwürdig, daß
«S durch eine Jnschrift, welche es trägt, «rklärt wird. Dies« Jnschrifl aber
besteht in dem Worte: V>8>I,I6I7!8; was einen Beweis mehr für die von
uns angenommene Erklärung abgibt.

Um tiifer in den mystischen Sinn der von uns beschriedenen Gestaktrn
«inzudringen, bedarf es nur einer näheren Jnterpretation der Bibelstelle,
«elch« denselben zum Grunde liegt: „Du wirst über d!e Natter und den
BqfiliSken dahinschreiten und den LSwen und den Drachen untsr dir
Füßr treten."

Jhr wisset alle, sagt uns der h. Augustinus, wer diese Schlange ist
und wie d!e Kirche, die niemalS von ihr bestegt wird, «eil fle vor ihrer
List auf der Hut ist, fie unter die Füße trilt. Nicht minder ist Euch be-
kannt, wie «s sich mit dem Löwen und mit dem Drachen verhält. Der
Löw« fällt den Menschen mit offener Gewalt an, der Drache hingegen legt
flch auf geheime Nachstellungen: in dieser doppelten Weis« aber ist der
DLmon thätlg. Der BasiliSk ist der König der Schlanqen, wi« Satan
der König der Dämonen "). Und der h. Brrnard: „Narter, BasiliSk,
Löwe und Drache, das alles stnd füc uns die DLmone; sie wissen dem
Menschen auf tausend Wegen, oft ohne daß er flch deffcn gewahrt, beizukom-
men, bald durch den grausamen Biß, bald durch den Blick; dieser durch
den bloßen Hauch, ein anderer endlich turch heftige Gewalt unter erschreck-
lichem Gebrülle")."

Nichls kommt übrigens !n der h. Schrift und in den Va'tern häusiger
vor, alS der Gebrauch dieser metaphsrischrn Bezeichnungen, durch welche
die List, d!e Gewalt, die Kühnhcit und d!e Macht der Feinde unseres Heils
versinnlicht werden sollen.

(Schluß folgt.)

Das Münüer;u Ztrahburg.

Ein auSwärtiger Künstler, der sich bloß kurze Aeit in Straßburq auf-
HLlt, theilt uns in einem Aufsatze, den wir hier folgen lassen, sein« Ansich-
len über daS Alter der verschiedenen Theil« diefts großen Baudenkmales
mik. Wie der Verfaffer behauptet, stützen stch seine Urtheile über die Zeit-
abschnitte, in welchr er den Bau hinaufceichen läßt, auf die architektoni-
schen Leistungen jener Epochen, ständen aber mit den bis jetzt gcltmden
Ansichten hierüber im Widerspruche. Da alles, was unftr Münster be-
trifft, ernster Aufmerksamkeit werth ist, so theilen wir dies« Arbeit unseren
Lesern mit, ohne unS jedoch für odrr wider d,'e darin ausgestellten Urtheile
auSzusprechen.

Jn der Geschichte des MünsterS zu Straßburg wird gewöhnlich Erzbi-
schof Werner als Gründcr dicseS Baues angeführt und der gegenwärtigs
östliche Ehor m!t dem Querschiffe seinem Baue zugeschrieben, während be-
hauptet wird, daß der andere Theil d-S werner'schen BaueS im 13. Jahr-
hundert nur zeitgemäß umgeändert wordm sei. Die Krypta dagegen, wird
angenommen, reiche noch in die karolingische Zeit hinauf. Vergleichen wir
aber den östlichen Theil des Münsters mit anderen derartigen Werken aus
dem «nfange des 11. Jahrhunderts, z. B. dem westlichm Chore des
Domes zu Trier, der Abteikirche zu Echternach*) u. s. w., so finden wir,
daß zwischen dieftn Bauwerkcn «ine gänzliche Architektur-Verschiidmheit
herrscht. Jn jenen Bauwerken finden wir, vbwohl fie großartig in drr Nn-
lage find, noch die einfachstcn Formen in allen Architektur-Elemen-
ten und eine noch nicht gänzliche LoSsagung von der römischen Archi-
trktur, während wir in dem bezeichneten Theile des Münsters nicht nur
eine sörmliche Entwickelung der romanischen Architcktur überhaupt und
der einzelnen Elemmte derselben wahrnehmen, svndern sogar schon den
Spitzbogm mannigfach angewendet fthen. Diese Architektur aber !st an-
derwärts nur in der zweiten Hälfte dcs 12. und im Anfange des 13.
Zahrhundms ausgeführt wordm. Die Geschichte sagt uns nun, daß ver-
schiedene Brände in den Zahren 1130, 1140, 1150 und 1176 dem Mün-
fier verderblich geworden seien, die vvn desto nachtheiligeren Folgen wer-
den mußten, al« die kirchlichen Bauwerke des 11. Jahrhunderts nur in
den allerftltmsten Fällen überwölbt gewesen sind. DieftS, zugleich aber
auch der hoher« Aufschwung, den die Baukunst nach Werner'S Tode ge-
nvmmen hatte, schrinm die Veranlaffungen zum Neubaue des Chores mit
dem Querschlff« und dem vordern Theil« der Arypta, der ebenfallS nicht
kruher als im 12. ^ahrhundcrte entstanden ist, gewesm zu sein. Der hin-
tere Theil der Krypta zedoch rührt höchst wahrscheinlich noch von dem

werner'schen Baue her, ist aber keincswegs der Ze!t Karl'S des Großm
zuzuschreiben. Der vorderr Thei! des werner'schen Münsterbaues aber mag
damal« noch stehen gcblieben ftin; denn wäre auch er zu jener Zeit weg-
gerissen und ncu «rbaut wordcn, so würdr man ihn im 13. Jahrhunderte
nicht umgebaut, oder man würd« den östlichen Theil deS Münsters mit in
daS neue Project eingeschleffen haben. — Wann und von wem der zwi-
sch n dcm Querschiffe und den Thürmcn sallend« Theil des Münsters er-
richtet wordcn fti, läßt, so vicl mir bekannt, die Geschichte unerwähnt;
abcr die Architektur dcs Baucs zeigt uns, daß er in die Mitte des 13.
Jahrhunderts fallen müsse, und daß also die Thürme «ine zu diesem Baue
gchörige und unmiltilbare Fortsetzung desselbcn flnd; wobei zu b.merken
stcht, daß, was jedem aufmerksamen Bauverständigen bei näherer Betrach-
tung augenblicklich klar werdcn muß, hier nicht eine Veränderung des al-
tcn Baues kann Statt gefunden haben, sondern daß der ganze Mittelbau
d-s Münstcrs von Grund auS müsse neu erri'chtet worden sein. Ob
aber vielleicht die Fundamentmauern des werner'schen Baues zu diesem
Neubaue mögen bcnutzt worden sein, könnte bloß durch «ine Nachgrabung
ermittelt werdcn.

KGehen w!r zu dem Lhurmbau« dcs Münst«rs über, so sehen wir i«
ihm alle Haup:perioden der gothischen Baukunst repräftntirt. Der unterste
Stock ist der vorzüglichste Theil des ganzen Werkes. Bei Errichtung deS-
selben scheint Eiwin in der voüsten Blüthe ftiner künstlcrischen Ausbil-
dung gestanden zu habm. Der zwei'te Slock, «enngleich sich auch an ihm
nvch in vorlrefflicher Weise die Meisterschafk dcs großen Künstlcrs bewährt
hat, steht doch an Schönheit dem ersten Stocke schon nach. Der dritt«
Stock dagegen zeigk schvn viele Vernachlässiqungen und läßt deutlich er-
kennen, daß hier Erwin's großer Geist das Werk nicht mehr leitete. Der
höhere Th-il des vollcndcten ThurmeS, von wo ab er den andern Thurm
und den Zwischenbau übersteiqt, gehört wieder einer spätern Peri'ode an und
ist vielleicht alS das größte Meisterwerk dcs 15. Jahrhunderts anzusehen.
Di ser Thcil dcs Thurmcs ist in einer Leichtigkeit und Eleganz aufgeführt,
wie kaum ein zweitcs Beispiel dieser Art noch aufzufinden sein mag. —
Faffen wir aber diese stätigm auf einander folgenden Architektur.Verschicden-
hcittn zusammen ins Auge, so hat es fast den Anschein, als könne dem
Werke kiin Hauplplan zum Grunde gelegen haben. Ab«r der alte, wahr-
scheinlich von Erwin seibst entworfene Plan wird noch mit vielen später
auSgeführten anderen Zeichnungen am Frauenstifte zu Straßburg aufbe-
wahrt, dessen Vergleich mit der Münster-Fayade ergibt, daß, je höher der
Bau aufsteigt, er desto mehr von dem Originalplane abweicht. So lange
diese Abw-ichungen nun von den Anordnungen Erwin's ausgegangen sind,
hat der Bau nur an Schönheit gewonnen, während derftlbe bei abwei-
chenden Anordnungen späterer Meister aber auch eben so fehr wieder ver-
loren hat. Nur der obere Theil deS Münsterthurmes ist, wie schon be-
mcrkt, wenn auch von d-m Style des Unterbaues abweichend, wieder eirr
ausgezeichnctes Kunstwerk. — Ob und in wie fern Erwin den ursprüng-
lichsn Plan des kökner Domes bei ftinem Werke benutzt hat, läßt sich, da
jener Plan verlorcn gegangen ist, nicht mehr bestimmcn; daß aber die
Pläne Erwin's zu dkin Enlwurfe der kölncr Domthürm«, wie fis angelegt
sind und wie die noch vorhandenen alten Pläne, dis wahrscheinlich 1309
gezcichnet worden sind, die weitere AuSführuog nachweisen, sehr benutzt
worden sind, und von denen sogar ganze Partieen auf die Pläne jenes
Domes übertragen worden sind, fällt sogleich ins Auge. So wie die Ar-
chitektur deS kölner DomeS im Allgemeinen «dler und vollendeter als die
des straßburgcr MünsterS ist, so hat doch die Ornamentik dieses Münsters
auch wieder Vorzüg« gegen d!e dcs kölner Domes. Em Austausch von
GypSabgüffen beider Kathedralen würde jedenfalls für die heutigen Kunst-
leistungen sehr sörderlich werden können. Die alten Baumeister haben sich,
so gkheimthuend sie auch gegen Laien waren, mit Abgüssen, Plänen und
Wsrkleuten gewiß wcit mehr ausgeholfen, als dieses heut zu Tage der Fall
ist, und darin liegt es hauptsächlich, daß sich ihre Architektur in dem größ-
ten Thkile Europa's so gleichmäßig und mächkig bis zu ihrem Absterbe»
fortbewegte.

Straßburg, den 1. Deccmber 1845.

C. W. Schmidt.

Literarilche Rnzeige.

") 4ld. »lsxo. äe »nimaliba, Ub. XXV. v. ÜaUus.
»») 8. ^uxostio. 1o psslm. 90.

8. Seroarä. !o poslm. 90.

Jo der F. Lintz'schen Duchbr-d:»::g zu Trier ist erschienen nnd d«rch
alle guten Buchhandlungen zu haben:

Die christlich-gerrnanische Baukunst

und ihr

Verhältnift )ur Gegenwart.

Von?

A. Reichensperger.

Nebst einem Bericht« Schinkel's auS d-m Zahre 1816 den köln»
Dombau betreffend, als Anhang.

Trier, 1845.

Verantwortlicher Herausgcber: Jos. DuMont.

Druck uod Commissions-Verlag des Verlegers der KLlnischen Zeitung,
M. DuMont-Schauberg.
 
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