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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1847 (Nr.25-36)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1498#0043
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IwPressv« est doe op«s ezrexis» ,v«ö » «»I

ti» eti»w, eoctoeidus est oommeoästuin no reuisnw
Lvlooie peo doosstum ciuew Leorioum äe ?>u»si!>,

Lsno äomiui. Sl. veoeo. ix.

Die beiden Holzschnilte, in ihcer eckigen rohen Ausfühmng, wobei alle Kreuz-
schraffirungen sorgfältiq vermieden sind, haben sicher «in höheres Alter alS
das Buch. Dieses bestätigt sich mir in hohem Grade durch drn Besitz eines
Abdruckes der Dakstellung mit dem Bildniffe Victor's zu Maria's Füßen,
welcher ohne Lext auf der Kehrseire, also nichr zu dem Buche gehörig, auch
mit ganz anderer, grauer Schwärze, ähnlich den mil dem Reiber abgczogenen
ältesten Tplographieen, gedruckt ist — und so dürfte die Vermuthung nicht
allzu gewagt erscheinen, daß dieses Bild bei «iner bedeutend fcüheren Gele-
genheit, wahrscheinlich bei der Taufe Victor's als Ekrist, welcke im Jahr.
1472 Statk fand, zuerst verbreiket worden sei. Daß die Znschriften nicht
vermittels eingestigter Tppen, wie es auf den Holzschnilten deS sechszehnten
ZahrhundertS vorzukommen pflegt, sondern ebenfalls xylographisch ausgeführt
find, bedarf sonach kaum noch der Aussag«.

Das Buch ist in Quarto, ohne Blaktzahlen und Custoden; die Signaturen
gehen von -z. bis k'., bald zu sechs, bald zu vier Blättern. Panzer ^) führt
es an und war selbst Bcsitzer desselben in seiner ausgewähllen Sammlung.

Ueber die Leben imstände Victor's von Carben gibt Hartzheim ^) einige
Nachrichlen. I42o wurde er geboren; nicht in den schwindelnden Jahren ber
Jugend, erst als Mann vvn reifer Uciheilskk..fr und Erfahrung, im Alrer
von neunundfünszig Zahren, schwor ec der Synaqoge ab, schieö von seinem
Weibe, drei Kindern und zwei Bcüdern, denen er seine Habe freudig abtrat,
und feierte seine Aufnahme in den Schooß der kalholischen Kircke. Ortwi-
nus Gcatius scheint sein Lebrer, sein Führer gewesen zu sein. Ein Zrugniß
fiir seine tiefe theologische Bildung leqt der Ümstand ab, daß neden den Rec-
toren, Vicarim und Regentcn der Universitäten Köln, Mainz, Erfurt und
Hn'delberg, dim Dockor der Theokogie und Jnquisitcr Zacob Hoochstrakk-',
dem Doctor beider Rechte Johann Reuchlin, auch Victor von Earben durcb
«in Mandat Kaiser Maximilian's vom 26. Juli 1510 beauftragr wurde, an
Uriel, den Erzbischof von Mainz, «in Gutachten über die Frage einzusen-
den, ob es nützlich oder nolhwendig sei, die hebrälschen Bücher zu erlauben
oder dieselben abzuschaffen.

Als ein Greis in dem seltenen Alter von zwei'undneunzig Zahren staib
Victor am 2. Februar 1515. Scine jetzt nicht mehr vorhandene Grabschrifi
an der linken Seite des Chores in der Groß St. Martins-Kirche lautete:

klio conäitu» est äignus wsmoriä äsvvtus Odristi Ssosräos Vvwi-
»ns vievokt as Osiirvkdl, «Itm ^ucksens, gui noosAiots lilios »o-
oo» ontus, quoärsAioti» uutem äuos »guü et »pirilu reostus io m»xos
käei ooostsoti» doo sseoulum religuit sooo Okriskisoso sslutis
KIVXV. ipoö ssootissimä ooote puritiostioois zzloriosas Virxioi«,
gusm s äie reAeovrstiooii suse siuAuIsri sswper amors complexus
est, cusui, etism <Iie, oum ultimom -is'iritnm exdslnret, cvm seoe tii-
meoov ssoct» daeo oikiw» verda ksere: dinov äimittis servum tuum
vomioe, sevuaiium verdum tuiun is paoe. 6u)«is »oiwa requiesvat io
saovt» paoe, Smea.

Buf die Sculpturen im Dome zurückkommend, möchte «S unschwer sein,
die Veranlaffung zu errathen, bei welcher dirselben in die Maria-Capelle qe-
langt sind. Hier wird die Tauf-Feierlichkeit Skatk gefunden, und Victor, im
Wonnegefühle seincr Bekchrunq, tiese Bilder zu ewiger Erinnerung aufge-
stellt und als ein Dankopfer der heiligen Zunqfrau gewidmet haben.

Außer den beschriebenen sah man vor dem westlichen Eingange in die
Capelle, an zwei SLu'en in der Nähe der koloffalen St. Christopys-Siatue,
noch zwei andere aus Slein gearbeikete Figuren, Maria und den die Bot-
schaft bringcnden Engel Gabriel vorstellend, cbenfalls an den Consolm mir
der Jnschrift: Viotvr ssoeräos vlim Iuäeu» versehen. Sie fanden noch in
DeNcei's Dornbüchlem b) ei'ne beifällige Benttheilung nebst tem Wunsche
ihrer Säuberung und WiederherstUlung — sind aber in Fvlge der Umgestal-
lungen, welche vor einigen Jahren im Znnem des Domes vsrgenommrn
worden, verschwunden. Hoffen wir, d. ß nicht auch sie unter die „bür entbehr-
lich erachlcten Alkar-Aufsätze, Bildsaulen, Gemälde u. s. w." geraihen sind,
welche der in keineswegs erfreulichem Andenken stehende Verkauf vom 1.
Zuni 1843 dem Dome emfremdet hat. Joh. Jac. Merlo.

Zur titeratur -es kötner DomeS.

G ö t h e.

Wo gibt es Lorbern, die dein Haupt nicht krönen d
A. W. von Schlegel,
zu Göthe'S Gebmtsfeicr, 28. August 1829.

Jn dem Domblatt vom 31. Januar d. Z., worin wir unter dec obigen
Ueberschrift an Georg Forster, Fricdrich Schlegel, Görres,
Sulpiz Boisseree und Göthr erinncr en, mußten wir uns vorbehalrcn,
auf das Verhältniß dcs Letzkern zum kölner Dome und überhaupt zur deut-
schen Kirchenbaukunst in einem spätcrn, besondern Aufsttze zucückzukommen:
Hierzu gehen wir gegenwäriig über, indem wir zunächst den Begriff dir
deutschen Kirchenbaukunst nach ibrcm gnstigen Jnhalle festzustellen suchrn. Zst
dieser Jnhaik, wenn auch nur annähernd, gefunden, so wird die Stellung,
di« Göthe in dem Büdunqsgange seineS eigenen Geistes zuc drutschen Kir-
chendaukunst nach und nach einnehmen mußtc, schon im Allgemeinen vorgr-

d) Xnuales izfpogrspdivi, vol. Vl, p. Z68.

vibliotdec» Lolouieasis, p. Zl3 —3l4
^ Der Do« z« Köln (Lusgabe vo» 1834), S. 122.

zeichnet sein. Der nähere Nachweis kann flch dann im Einzelnrn erkränM
und bestäligend anschließen.

Worin bestehr die deutsche oder, wie sie irriger und unzirmlicher WeWr
lonst auch wohl genannr worden, die gotdischeKirchenbaukunst, waS istds-
Eigenrhümliche dieser Baukunst, wodurch ist ste von allrc übiigen BaskrmK
unkerschieden?

Die deutsche Kirchenbaukunst stellt sich in der Reihenfolge der verfiAr--
denen Bauweisen, worin die christliche Kicche nach und nach zur AussührtMK
kaw, als die vierte dar, so zwar, daß ihc der Skpl der Basilica»
dyzantinische und zuletzt der rvmanische Styl vorhergeht.

Die ersten Chrisien versammelten sich, wo sie vor der Wuth ihrer Verfs!-
ger eine Zuflucht fanden, in Grabgewölbin und an sonstigen einsamen «ad
verborgenen Orten. Erst als die chiistliche Religion herrschend zu werdei» cai--
fing, sah flch die christliche Gemeinde nach einer angemeffenm Form füvdaS-
Gebäude ihrer Zusammenkünfte, ihre Kirche um. Der alks GöttertempeL
stand am nächstm; aber der neue Glaube vcrabscheute eine Form, die bmr
falschen Göktcm gedicnt hatte. Man suchte nach einrr andern Form
fand diese in der Bauform, die bei Lcr Construction der öffenklichen GerichtS-
gebäude, d. h. der Basiliken oder königlichen Häuser, gebräuchlich wsk;
ein längliches Viereck in starken Scitenmauern, an der Rückseüe abgekunLet,
der innere Raum durch kurze Säulenstellungen geschieden, und das GsrM
mit einem platten oder stumptwinkeligen Dache üderdeckk. DsS
Gebäude, das zur Abhaltung der öffmtlicken Geri'chtsfltzungcn und zur d«s--
fallflgen Ausnahme eincs zahlreichen Publicums gedienl halte, konnte auch der
versammelten christlichen Gemcinde zu Untcrricht, Gebet und Opferfeier gs-
nügen. So ward der Baustyl eines profanen GebäudeS, der Bastlica» erß«
Baustyl süc die christliche Kirche. Der Bastliken-Sly! stehk diesemnach in fti-
nen Grundzügm noch ganz unker dem Gesetze dcs nächflen praktischea Br^
dürsnisses. Die künstlerischen Zuthaten, drren stch dies.c Styl nach und Mich
zu crfreuen hatte, haben hieran im Wesemlichen nichcs geänderr.

2>r ecste Schiilt aus dieser Zorm bes Nvtyw.ndigen zu künstlerischec FxeL-
heit geschah im byzantinischen Style, wie man diesen Styl von
localen Ürsprunge, von Byzanz, dem alten Konstantinopel, genannt haL.
Wollte man seine geistig« Herkunft bezeichnen, so müßte man ihn eher d«»
r ömischen Styl nennen, da er gerade durch das, waS dec römischen Bas-
kunst eigen war, d. h. was die römische Baukunst der griechischen nichlenr-
lehnt hatte, nämlich durch Wölbung und Kuppel, die Starrheit des pl«-
ten odec stumpfwinkcligen Daches der Bafllica sprengle und den christiiche»
Kirchenbau auf eine dürchauS neue, HLHere Skufe erhob. Abec Rom, d. h.
römische Sitte und Bildung, durch die Züge der nordischen Eroberer in Zm»
lien erschültert und vernichtet, lebte und wirkte eigentlich nur noch unter d««
oströmischen Kaisern m Byzanz oder Konstantinepel, als der christlichs Kir.
chenbau in dieses EntwickelungS-Stadium eintrat; was zur Eiklärung biemi>.
wie ein Bau-Siyl, der daS, was «r ist, zumeist nur durch den Einfluß sse«
römischen Kunst-El mentes ist, zu dem Namen des byzantinischen SivlrK g»
langen konnte. Außer Wölbung und Kuppel tritl als charaklenstischeS Zetche»
deS byzaminischen Kirchenbau-Styls noch das Bestreben hervor, die Form
des KreuzeS in den Grundriß deS KirchengcbäudeS nicderzulegen und dirße
Kreuzesform mittels Durchschneidung des Längenschiffs durch daS Querschiff»
sowohl im Viereck als im Abteck, möglichst auszuprägen. Wie also der ds-c
zantinische Styl auf der einen Seike durch Wölbung und Kuppel künstlerifch,
so geht er auf dcr anderen Selte auch symbolifch über den Bastliken-St-k
heraus. Dic Grundform der christlichen Kicche ruht, um uns so auszudrückrn»
nicht mehr in weltlichem Bcden; fle ist jetzt in das chcistliche Bswußtsei»,
in den Glauben an daS Erlösungszeichen eingescnkt. Dec byjanlinische Styl
ist di« strenge und kühne Baukunst des Römers über den Fundamrnktn d«S
Christen.

Wir stchcn bei dem Bau-Styl«, der dem deutschen unmiltelbar vorhergmg ,
ja, länqere Aeit noch mit ihm fortzublühen schien, dem romanischen Slyie.
Oer Name ist analoq dem Namen der romanischen Sprachen gebiloet. Wie
nämlich dic j tzigen süilichen Sprachrn, das Ztalienischc, Französische, Spa-
nische, Portugiesische, dm Collecliv-Namen romanischer Sprachen führen,wrik
sie sämmtlich aus der römischen, der lateinischm Sprache hervorgegangm sind»
so hat man, und nicht mir Ünreckt, geglaubt, auch in der christlichen KirchenL
baukunst denjenigen Bau-Styl, der den römischen, d. h. nach der obigen Er-
klärung den byzanlinischen, zu seiner Grundlage hat, ebenfalls den romemi-
schen Baustyl nennen zu dürfen. Daß der romanische Kirchen-Baustyl sohir»
eine durch Zeit und Ort herbeigeführte und dcdingte Modi'fication des byza»-
linischen StylS ist, ist ausgesprochen, sodald man sich üder den Begriff deS
Romanischen in L«r vorstehmdm Weis« geeinigt tzat. Jn so weit iß der
Name des romanischm Slyls der Sache völlig gemäß. Abec auch nur in s»
weik. Denn so gcwiß es ist, daß jede romanische Sprache eine modificrrte
römisch« und als solche von besonderm Reiz und «igenthümlicher Schönheit
ist, eben so gewiß ist cs, daß alle romanischrn Spcachen zusammcn genommer»
es ihrer Mutter, der römischen, an den Eigenschaflen nicht gleich und noch
wenigrr zuvorthun, wvdurch uns die Redner, Geschichlschreiber und Dichler
dieser Sprache bis jetzt kaum mehr ecceichle Mustec des Ausdrucks und Ler
Darsiellung geblicden sind. Ganz anders im romanischen Baustyle. Auch
er ist, wie zuqegebm, vcr Sohn dcs römischen, des byzantinischen Styis;
abec ein solcker Sohn ist er, daß er durck eiqenen Adel die Ehre seiner Ab-
kunft nichc bloß b-wahrt, sondern aufs HLchste verherrlicht hak. AUks, waS
der römisch byzantinische Siyl künstl-risch Schönes und symbvlisch Bed mtm-
des hat, kekrt in bem romanischen Style nuc entfalt-ter, ausgespcochen rr und
ansprechender wieder. Dabei stnd in einzelnm techniichen Ausfühmngen, wie
in drr Form dec C.ipiiäle, in der Anordnuag der Galericm, in der Ueber-
wöibung und Ausschmückung der Emqänge neue Schönheiten, in einzelne«.
An, und Zubanten, wie in den Tȟrm,n und Krypken, n-ue chrisiliche Sym-
bole zugefügt. Es ist mit unbefangenem Blick m di'e iveale Schönkeic deS
qriechischen TempelbaueS zurnckgeschaut, und mit versiändigee Hand manchk
hellenische Kunstblükhe um bie Sciule der christlichen Kirche gewunden. Endr
 
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