„Dieser neue Dcweir der Huld und der Liebe zu diesem höheren Werke
ersüllt die Herzen der Dombau-Vereins-Genossen mit dankbarer Rührung.
Sie umgeben hier den schönsten Lriumphbogen. welcher znr Ehre Gottes
errichtet wird. Möge er prangen Ew. Kö'nigl. Majestät zum Ruhme, der
Etadt zur Zierde. den treuen Rheinpreußen zum Heile und Segen bis
in die spatesten Zeiten!
„Und so, wackere Werkleute, lasset uns schließen den Bogen untcr
dem Beistande GotteS und unter dem Rufe: Heil unserem Allerguädig-
sten Könige und Herrn! Er lebe hoch!"
Ein dreimaligeS frsudiges Hoch ertönte hierauf von den zahlreich ver-
sammelten Dombau-Vereins>Genossen, während dessen Se. Majestät der
König Allerhöchstselbst den mit der ssnnreich angeordneten Maschinerie
herbeigeführten bekränzten Schlußstein ergriffen und Allerhöchsteigen-
händig einfügten. Er that dann die drei Schläge, wie es der Brauch
will, mit filbernem Hammer auf den Stein, und nahm den Jhm nach
altem Herkommen von den Werkleuten gebotenen Blmnenstrauß entge-
gen. Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen führte auch die drei
Schläge, und seinem Beispiele folgten mehrere der Anwesenden.
Hierauf verfügten Sich Se. Majestä't, während der Sängerchor einen
für die Feier von dem Lehrer Ph. M. Klein gedichteten und vo» dem
Königlichen Musik-Director und Dom-Organisten Franz Weber in
Mufik gesetzten Gruß, eine gelungene Composition, mit gewohnter Mei-
sterschaft vortrug, nach dem Innern des Domes, an dessen Lhür Se.
Eminenz Allerhöchstdieselben empfing. Jm hohen Chore selbst waren
vier der von einem Vereine kölner Frauen und Jungfrauen, nach Zeich-
»ungen des Conservators Ramboux, gestickten Wandteppiche an der ihnen
bestimmten Stelle aufgeschlagen. Mit dem lebendigsten Antheile betrach-
teten Se. Majestät diese fleißige, gediegene Frauenarbeit, unterhielten
Sich längere Zeit mit Frau >». König, der Vocsitzerin des Vereins, Lem
Ler Dom diese Zierde verdankt, und die vollste Anerkennung über das
Werk aussprechend, schloß Er Seinen Dank mit den Worten: „Jch
werde meine Schwester mitbringen!" Dar-uf nahmen Se. Majesta't eine
von einem kölnischen Silberschmiede, LemMeister Werner Hermeling.
nach einer Zeichnung des Bildhauers Christ. Stephan im relchsten
altdeutschen Style in Silber ausgeführte Monstranz, welche auf einem
Seitenaltare aufzestellt war, in Augenschein und sprachen Jhr Lob über
dieses Meisterstück der Silberschmiede.Kunst in den freundlichsten Wor-
ten aus. Herr Musik-Director F. Weber wurde jetzt Sr. Majestät vorge-
stellt, welche Sich aufs freundlichste mit ihm zu unterhalten geruhten
uud Sich lobend über die Leistungen des unter Weber's Leitung so herr-
lich gediehenen kölner Männergesang-Wereins äußerten. Jndeß erklang
feierlichst durch die weiten Hallen der Psalm: „Hoch thut euch auf, ihr
Lhore der Welt!", von Posaunen begleitet. Der Männergesang-Verein
hatte sich nämlich im West-Ende des nördlichen Nebenschiffes aufgestellt
und brachte so dem hohen Protector unseres DomeS beim Verlassen Ler
Kirche einen Scheidegruß, der nicht feierlicher, aicht ergreifender sein
konnte.
Ehe aber Se. Majestät den Dombau verließen, beehrten Sie noch die
Modellirhütte, die Steinmetz-Werkstätten und den Rcißdoden, wo das voll-
endete Geschränk eines Ler vierundzwanzig großen Fenster des Lang-
schiffes mit seinem ganzen Stabwerk und rcicher Bekrönung aufgelegt
war. Ueber alles das Schöne, was Se. Majestät in der Dombauhütte
sahen, sprachen Sie Allerhöchstihre Zufriedenheit und die lobendste An-
erkennung, von der Gediegenheit und technischen Vollendung der Arbei-
ten sichtlich überrascht, freudig aus.
So wie Se. Majestät zur Abfahrt in den Wagen stiegen, vereinigten
mit dem Freudenrufe der Menge die feierliche» Klänge Ler Domglocken
ihre Stimmen, und zugleich ertönte von allen Khürmen der Stadt feier-
licher Glockengruß, den Domban-Freunden verkündend, daß die Feier be-
endigt, die in jeder Hinsicht eine schöne war Uttd gewiß so bald ihrer
Erinnerung nicht entschwinden wird.
Diese Feier, wozu der Himmel durch den freundlichsten Sonnenschein,
den er nach vielen Regentagen spendete, wie Se. Majestät Sich cuszu-
drücken geruhten, seine Zustimmung gab, muß dem Werke, desscn Fort-
schritte auf allen Seite» täglich mehr in die Lugen fallen, Scgen brin-
gen. Jn dem durch die Hand Sr. Majestät in Lie erste Wö'lvung des
Hauptportals an der Nordseite eingefügten Schlußsteiue befitzt der Verein
ein neues Zeichen der unwandelbaren Kheilnahme des hohen Proteckors
am Dombau. Unter diesem Schutze, der seit dem Jahre 1842 dre Fort-
schritte des BaueS so wunderbar weit gefördert hat, muß der Dom seiner
Bollendung entgegen gehen. Das durch den König geschlossene Portal
wölbt sich bereits höher und höher, der nö'rdliche Lhurm schließt sich ihm
an, und bald werden wir auch hier an dieser wichtigsten Seite Lie Bau-
thätigkeit in einer Weise sich entwickeln sehen, wie sie an allen anderen
Theilen des Baues unsere vollste Bewunderung erregt.
Der Worstand hatte gehofft und diese Hoffnung anzudeuten gewagt,
daß Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland der Feier beiwohne», und
daß es ihm gestattet sein werde, Allerhöchstdieselbe an der Seite des
Künigs ehrfurchksvoll begrüßen zu di'irfen. Diese Hoffiiung ist nicht in
Erfüllung gegangen, und auch bei der späteren Anwesenheit Jhrer Maj.
der Kaiserin von Rußland und Sr. Mai. des Kö'nigs iu unserer Stadt
am 3. Juli d. I. ist es dem Bereine nicht gestattet gewesen, den Aller-
höchsten Herrschaften einen officiellen und feierlichen Empfang an und
im Dome zu bereiten. Der Gesundheitszustand der hohen Frau hat dies
nicht zugelassen, und so ist cS nach hüherer Anordnung veranlaßt worden.
daß die Besichtigung des Domcs durch die Kaiserin in Begleitung des
Königs am 3. Juli, Nachmrttags gegen 6 Uhr, in aller Stille Statt ge-
funden hat. Die Gtadt hatte einen feierlichen Empfang vorbereitet: der
Weg zum Dome von dem Krankgaffenthore her wac reich geflaggt und
mit Laubgewinden verziert; an der Litsch war ein Ehrenbogsn errichtet.
Eine unabsehbare Menschenmenge erwartete die hohen Gäste und empfing
dieselben mit dem lautesten Iubel. Jm Dome waren nuc der Herr Car-
dinal und Erzbischof mit seinem Caplan, der Dombaumeister und der
Präsident des Vorstandes anwesend. Die Kaiserin trat am Arme Sr.
Maj. des Königs ducch das mit Laub verzierte Haupt-Portal und wurde
im Langhause von dem Herrn Cardinal Erzbischofe dewillkommt und
Namens des, Vereins voa dessen Präsidenten begrüßt. Der Cardinal
Erzbischof erklärte der Kaiserin die Dorwürfe der neuen Glasfenster und
führte Allerhöchstdieselbe durch das LanghauS bi'S zum Hochaltare, wo
Jhre Majestät Sich auf einen Sessel niederließen und zum Andenken Jhres
Besuches anf besondere Witte auf einem dazn angefertigten Pergament-
Gedenkblatte für das Vereins-Archiv Ihren Namen zeichneten, was auch
Se- Mai. der König und II. KK. HH. der Prinz und die Frau Prin-
zessin von Preußen. so wie der Prinz Albrecht thaten. Während dieses
trug der Männergcsang-Verein, mit eintretenden Orgel-Accorden, einen
Psalm von Bernhard Klein: ,,Wie lieblich sind Dei'ne Wohnungen, v
Herr!", vor. Der Dombaumeister überreichte Ler Kaiserin einige An-
sichten des DomcS, dann die von ihm verfaßte Geschichte des Fort-
baues, so wie eine der gediegenc», bei Eisen crschienenen silbernen
Dombau-Medaillen.
Hierauf zeigte der Herr Cardinal und Erzbischof Ihrer Majestät der
Kaiseri'n Len fertigen, in einem Felde des Chores aufgestellten Wand-
Ieppich. Die Worsteherin des Frauen-Vereins, welcher di'ese Stickereien
unserm Dome widmet, Frau k>. König, und die Leiterin dieser Arbeiten,
Fräulein Martens, wurden Jhrer Maj. Ler Kaiserin durch Se. Eminenz
vorgestellt und erfreuten sich der beifalligstcn Aeußerungen über die ge-
lungene Arbeit- Die Kaiserin begab Si'ch hierauf. gefübrt von Sr. Maj.
dem Kö'nige, mit hohem Gefolge zur Bcsichtigung der Domschätze in die
Sacristei.
Als die hohe Frau diese verließ, nahm Sie Platz auf einem von zwei
Dienern getragenen Sessel und besuchke so das Grabmal Konrad's vou
HochstaLen, den Drei-Künigen-Schatz, das Dombild und tie im Südportale
aufgestcllte Anstcht des Domes in künftiger Wollendung, in großer Dimen-
sion in Oel gemalt von Maler Conrad aus Düsseldorf, der selbst zugege»
war und der Kaiserin vorgestellt wurde. Während die Kaiserin durch den
Dom zog, erklang durch die weiten Hallen B. Klein's kräftiger Chor:
„Hcrr Gott, Du bist unsere Zuverficht!" vom Männergesang-Berei»
meisterhaft vorgetragen. Nun verließen Ihre Majestät Len Dom durch
das Ihor Les südlichen Querschjffes und betrachteten mit sichtbarem Ent-
zücken in dcr Mitte des Steinmetzenhofes den prachtvollen Giebelbau.
Die Kaiserin geruhte noch, das eben vollendete, reiche Geschränk deS
neuen Fensters des Langhauses und die bci dcmselben aufgestellten kunst-
gediegenen Modelle und serti'gen Ornamente aus den Stcinmetz-Hüttes
in Angenschein zu nehmen, und wurde dann wieder durch den Dom nach
dem Haupt-Eingange getragen, wo die Equipagen der hohen Gäste harr-
ten, um sie nach den Dampfschiffe» zurück zu sühren. Muntcr schmetter-
ten die Fanfaren, die am Lriumphbogcn aufgcstellten Musikcorps spiel-
ten die russische National-Hymne, und vielfacher Freudenruf gab unter
dem Klange aller Glocken, dem wiederholten Rollen Les Pelotonfeuers
und der Kanonen dcn hohen Gästcn und ibrem höchst glänzenden Gcfolge
den Scheidcgruß. So lange die beiden Dampfer noch in Sicht, wurde
der Schsideruf vieler Lausende lant, und noch lange donnerteu de»
EcheiLendeii dic Geschutze ihre Grüße nach. Die Kaiserin selbst, wenn
auch leidend, schien von dem herrlichen Bau einen ersreuliche» Eindruck
empfangsn zu haben. Sie schenkte Allem das lebhafteste Jnteresse, waS
bei Sr. Maj. unserem Könige und dcm nächsten Geleite den freudigsten
Eindruck hervorrief.
Der hvhe Besuch, der unscrm Dome gegolten hat, muß für derr Dom-
bau von den scgensreichsten Folgen sein. Mit Ueberraschung haben die
hohen Gäste die aewaltigen Fortfchrr'tte sei't dem Wiederbeginne deS
Baucs wahrgenommen, und dcr kunstgerechten Ausführung die gebüh-
rende Anerkennung gezollt. Sichtlich ergriffen von Freude über das Ge-
leistete, haben Se. Maj. der Kö'nig Protector Jhren Beifall ausgesprochen
und dadurch die Hoffiningen auf den Fortbau und die Dollendung des
Domes ncu bclebt. Mit Gewißheit dürfen wir es aussprechen, Laß, so
lange der Kö'nig als Schutzherr über dem Werke steht, ein Stillstand,
eine Unterbrechuug des WaueS nicht eintreteu wird.
Wcrke des Spitzbogenstyles in Rom.
Von Prisac.
Die unruhigen Zeiten des XII. und XIII. Iahrhunderts, welche alz
Lichtseiten so mancher Gewaltthat auch viclleicht ebcn so viele Lugenden
ins Leben gerufen, in Poesie und Architektur Großes gelcistet und die
theologische Wissenschaft auf eine Hö'he der Speculation gehoben, die
sie weder frühcr noch spätec errei'cht hat, brachten für Rom, die ewige
Stadt, das Haupt der Christenbeit, sast nur trübe Kage. Die Päpste
mußten schon gegen Ende des XI. Iahrhundcrts Ler Parteiung und Ge-
walt weichen, und ehe dieselben noch bleibend nach Avignon zogen, hat-
ten sie hier u»L da in Jtalien ihre Sitze aufgeschlagcn. Gregor Vll. starb
im Eril bei den Normannen, mehrere seiner Rachfolger wohnten in
Biterbo, in Assisi, bis sie sich endlich mehr als ein halbes Jahrhundert
in Avignon niederließen. In Rom aber zeigte es sich bald, daß die
Stadt der untergegangenen Cäsaren alles Gute, dessea sie sich als Mi't-
telpuuct der christlichen Einheit zu erfrcuen gehabt, nur den Päpsteu
verdankte.
Es war nach ihrem Abzuge weder die Stadt deS Friedens, noch der
Künste, noch der Wiffenschaft. lleberall war Hader und Krieg, Mord
und Raub in den durch so viele Denkwürdigkeiten und christliche Erin-
nerungen gefeierten Mauern; ja, selbst die geweihten Stellen wurden
nicht mehr vecschont. Die Kirchen wurden geplündert und ihre Schätze
als Gut der in den alten Gebäuden verschanzten vornehmen Familien
betrachket, die bald als Beschützer, bald als Dränger der Päpste, bald
als sogenaiinte Vertheidiger der Volks-Freiheiten die Oberhand bchielten.
I» dem Colisäum saßen die Fcangipani, in dem Lheater Les Marccllus
hatten sich die Coloiiiii, und an anderen Orten die Pierleoni, die Orstni
«nd sonstige vornehme Räuber verschanzt. Dazu kamen nun noch die
Wolksfreunde im Style eiues Arnold von Drescia, Cola di Rienzi. Sie
schmeichelten der Eitelkeit eines vermöge seiner Lraditionen so leicht be-
weglichen Bolkes. sprachen von republicanischen Tugenden, Titeln und
republicailischer Gcoße. und der ganze Erfolg der «ahnwitzigen Bestre-
bungen der angeblichen Patrioten und Befö'rderer römischen RuhmeS
ersüllt die Herzen der Dombau-Vereins-Genossen mit dankbarer Rührung.
Sie umgeben hier den schönsten Lriumphbogen. welcher znr Ehre Gottes
errichtet wird. Möge er prangen Ew. Kö'nigl. Majestät zum Ruhme, der
Etadt zur Zierde. den treuen Rheinpreußen zum Heile und Segen bis
in die spatesten Zeiten!
„Und so, wackere Werkleute, lasset uns schließen den Bogen untcr
dem Beistande GotteS und unter dem Rufe: Heil unserem Allerguädig-
sten Könige und Herrn! Er lebe hoch!"
Ein dreimaligeS frsudiges Hoch ertönte hierauf von den zahlreich ver-
sammelten Dombau-Vereins>Genossen, während dessen Se. Majestät der
König Allerhöchstselbst den mit der ssnnreich angeordneten Maschinerie
herbeigeführten bekränzten Schlußstein ergriffen und Allerhöchsteigen-
händig einfügten. Er that dann die drei Schläge, wie es der Brauch
will, mit filbernem Hammer auf den Stein, und nahm den Jhm nach
altem Herkommen von den Werkleuten gebotenen Blmnenstrauß entge-
gen. Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen führte auch die drei
Schläge, und seinem Beispiele folgten mehrere der Anwesenden.
Hierauf verfügten Sich Se. Majestä't, während der Sängerchor einen
für die Feier von dem Lehrer Ph. M. Klein gedichteten und vo» dem
Königlichen Musik-Director und Dom-Organisten Franz Weber in
Mufik gesetzten Gruß, eine gelungene Composition, mit gewohnter Mei-
sterschaft vortrug, nach dem Innern des Domes, an dessen Lhür Se.
Eminenz Allerhöchstdieselben empfing. Jm hohen Chore selbst waren
vier der von einem Vereine kölner Frauen und Jungfrauen, nach Zeich-
»ungen des Conservators Ramboux, gestickten Wandteppiche an der ihnen
bestimmten Stelle aufgeschlagen. Mit dem lebendigsten Antheile betrach-
teten Se. Majestät diese fleißige, gediegene Frauenarbeit, unterhielten
Sich längere Zeit mit Frau >». König, der Vocsitzerin des Vereins, Lem
Ler Dom diese Zierde verdankt, und die vollste Anerkennung über das
Werk aussprechend, schloß Er Seinen Dank mit den Worten: „Jch
werde meine Schwester mitbringen!" Dar-uf nahmen Se. Majesta't eine
von einem kölnischen Silberschmiede, LemMeister Werner Hermeling.
nach einer Zeichnung des Bildhauers Christ. Stephan im relchsten
altdeutschen Style in Silber ausgeführte Monstranz, welche auf einem
Seitenaltare aufzestellt war, in Augenschein und sprachen Jhr Lob über
dieses Meisterstück der Silberschmiede.Kunst in den freundlichsten Wor-
ten aus. Herr Musik-Director F. Weber wurde jetzt Sr. Majestät vorge-
stellt, welche Sich aufs freundlichste mit ihm zu unterhalten geruhten
uud Sich lobend über die Leistungen des unter Weber's Leitung so herr-
lich gediehenen kölner Männergesang-Wereins äußerten. Jndeß erklang
feierlichst durch die weiten Hallen der Psalm: „Hoch thut euch auf, ihr
Lhore der Welt!", von Posaunen begleitet. Der Männergesang-Verein
hatte sich nämlich im West-Ende des nördlichen Nebenschiffes aufgestellt
und brachte so dem hohen Protector unseres DomeS beim Verlassen Ler
Kirche einen Scheidegruß, der nicht feierlicher, aicht ergreifender sein
konnte.
Ehe aber Se. Majestät den Dombau verließen, beehrten Sie noch die
Modellirhütte, die Steinmetz-Werkstätten und den Rcißdoden, wo das voll-
endete Geschränk eines Ler vierundzwanzig großen Fenster des Lang-
schiffes mit seinem ganzen Stabwerk und rcicher Bekrönung aufgelegt
war. Ueber alles das Schöne, was Se. Majestät in der Dombauhütte
sahen, sprachen Sie Allerhöchstihre Zufriedenheit und die lobendste An-
erkennung, von der Gediegenheit und technischen Vollendung der Arbei-
ten sichtlich überrascht, freudig aus.
So wie Se. Majestät zur Abfahrt in den Wagen stiegen, vereinigten
mit dem Freudenrufe der Menge die feierliche» Klänge Ler Domglocken
ihre Stimmen, und zugleich ertönte von allen Khürmen der Stadt feier-
licher Glockengruß, den Domban-Freunden verkündend, daß die Feier be-
endigt, die in jeder Hinsicht eine schöne war Uttd gewiß so bald ihrer
Erinnerung nicht entschwinden wird.
Diese Feier, wozu der Himmel durch den freundlichsten Sonnenschein,
den er nach vielen Regentagen spendete, wie Se. Majestät Sich cuszu-
drücken geruhten, seine Zustimmung gab, muß dem Werke, desscn Fort-
schritte auf allen Seite» täglich mehr in die Lugen fallen, Scgen brin-
gen. Jn dem durch die Hand Sr. Majestät in Lie erste Wö'lvung des
Hauptportals an der Nordseite eingefügten Schlußsteiue befitzt der Verein
ein neues Zeichen der unwandelbaren Kheilnahme des hohen Proteckors
am Dombau. Unter diesem Schutze, der seit dem Jahre 1842 dre Fort-
schritte des BaueS so wunderbar weit gefördert hat, muß der Dom seiner
Bollendung entgegen gehen. Das durch den König geschlossene Portal
wölbt sich bereits höher und höher, der nö'rdliche Lhurm schließt sich ihm
an, und bald werden wir auch hier an dieser wichtigsten Seite Lie Bau-
thätigkeit in einer Weise sich entwickeln sehen, wie sie an allen anderen
Theilen des Baues unsere vollste Bewunderung erregt.
Der Worstand hatte gehofft und diese Hoffnung anzudeuten gewagt,
daß Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland der Feier beiwohne», und
daß es ihm gestattet sein werde, Allerhöchstdieselbe an der Seite des
Künigs ehrfurchksvoll begrüßen zu di'irfen. Diese Hoffiiung ist nicht in
Erfüllung gegangen, und auch bei der späteren Anwesenheit Jhrer Maj.
der Kaiserin von Rußland und Sr. Mai. des Kö'nigs iu unserer Stadt
am 3. Juli d. I. ist es dem Bereine nicht gestattet gewesen, den Aller-
höchsten Herrschaften einen officiellen und feierlichen Empfang an und
im Dome zu bereiten. Der Gesundheitszustand der hohen Frau hat dies
nicht zugelassen, und so ist cS nach hüherer Anordnung veranlaßt worden.
daß die Besichtigung des Domcs durch die Kaiserin in Begleitung des
Königs am 3. Juli, Nachmrttags gegen 6 Uhr, in aller Stille Statt ge-
funden hat. Die Gtadt hatte einen feierlichen Empfang vorbereitet: der
Weg zum Dome von dem Krankgaffenthore her wac reich geflaggt und
mit Laubgewinden verziert; an der Litsch war ein Ehrenbogsn errichtet.
Eine unabsehbare Menschenmenge erwartete die hohen Gäste und empfing
dieselben mit dem lautesten Iubel. Jm Dome waren nuc der Herr Car-
dinal und Erzbischof mit seinem Caplan, der Dombaumeister und der
Präsident des Vorstandes anwesend. Die Kaiserin trat am Arme Sr.
Maj. des Königs ducch das mit Laub verzierte Haupt-Portal und wurde
im Langhause von dem Herrn Cardinal Erzbischofe dewillkommt und
Namens des, Vereins voa dessen Präsidenten begrüßt. Der Cardinal
Erzbischof erklärte der Kaiserin die Dorwürfe der neuen Glasfenster und
führte Allerhöchstdieselbe durch das LanghauS bi'S zum Hochaltare, wo
Jhre Majestät Sich auf einen Sessel niederließen und zum Andenken Jhres
Besuches anf besondere Witte auf einem dazn angefertigten Pergament-
Gedenkblatte für das Vereins-Archiv Ihren Namen zeichneten, was auch
Se- Mai. der König und II. KK. HH. der Prinz und die Frau Prin-
zessin von Preußen. so wie der Prinz Albrecht thaten. Während dieses
trug der Männergcsang-Verein, mit eintretenden Orgel-Accorden, einen
Psalm von Bernhard Klein: ,,Wie lieblich sind Dei'ne Wohnungen, v
Herr!", vor. Der Dombaumeister überreichte Ler Kaiserin einige An-
sichten des DomcS, dann die von ihm verfaßte Geschichte des Fort-
baues, so wie eine der gediegenc», bei Eisen crschienenen silbernen
Dombau-Medaillen.
Hierauf zeigte der Herr Cardinal und Erzbischof Ihrer Majestät der
Kaiseri'n Len fertigen, in einem Felde des Chores aufgestellten Wand-
Ieppich. Die Worsteherin des Frauen-Vereins, welcher di'ese Stickereien
unserm Dome widmet, Frau k>. König, und die Leiterin dieser Arbeiten,
Fräulein Martens, wurden Jhrer Maj. Ler Kaiserin durch Se. Eminenz
vorgestellt und erfreuten sich der beifalligstcn Aeußerungen über die ge-
lungene Arbeit- Die Kaiserin begab Si'ch hierauf. gefübrt von Sr. Maj.
dem Kö'nige, mit hohem Gefolge zur Bcsichtigung der Domschätze in die
Sacristei.
Als die hohe Frau diese verließ, nahm Sie Platz auf einem von zwei
Dienern getragenen Sessel und besuchke so das Grabmal Konrad's vou
HochstaLen, den Drei-Künigen-Schatz, das Dombild und tie im Südportale
aufgestcllte Anstcht des Domes in künftiger Wollendung, in großer Dimen-
sion in Oel gemalt von Maler Conrad aus Düsseldorf, der selbst zugege»
war und der Kaiserin vorgestellt wurde. Während die Kaiserin durch den
Dom zog, erklang durch die weiten Hallen B. Klein's kräftiger Chor:
„Hcrr Gott, Du bist unsere Zuverficht!" vom Männergesang-Berei»
meisterhaft vorgetragen. Nun verließen Ihre Majestät Len Dom durch
das Ihor Les südlichen Querschjffes und betrachteten mit sichtbarem Ent-
zücken in dcr Mitte des Steinmetzenhofes den prachtvollen Giebelbau.
Die Kaiserin geruhte noch, das eben vollendete, reiche Geschränk deS
neuen Fensters des Langhauses und die bci dcmselben aufgestellten kunst-
gediegenen Modelle und serti'gen Ornamente aus den Stcinmetz-Hüttes
in Angenschein zu nehmen, und wurde dann wieder durch den Dom nach
dem Haupt-Eingange getragen, wo die Equipagen der hohen Gäste harr-
ten, um sie nach den Dampfschiffe» zurück zu sühren. Muntcr schmetter-
ten die Fanfaren, die am Lriumphbogcn aufgcstellten Musikcorps spiel-
ten die russische National-Hymne, und vielfacher Freudenruf gab unter
dem Klange aller Glocken, dem wiederholten Rollen Les Pelotonfeuers
und der Kanonen dcn hohen Gästcn und ibrem höchst glänzenden Gcfolge
den Scheidcgruß. So lange die beiden Dampfer noch in Sicht, wurde
der Schsideruf vieler Lausende lant, und noch lange donnerteu de»
EcheiLendeii dic Geschutze ihre Grüße nach. Die Kaiserin selbst, wenn
auch leidend, schien von dem herrlichen Bau einen ersreuliche» Eindruck
empfangsn zu haben. Sie schenkte Allem das lebhafteste Jnteresse, waS
bei Sr. Maj. unserem Könige und dcm nächsten Geleite den freudigsten
Eindruck hervorrief.
Der hvhe Besuch, der unscrm Dome gegolten hat, muß für derr Dom-
bau von den scgensreichsten Folgen sein. Mit Ueberraschung haben die
hohen Gäste die aewaltigen Fortfchrr'tte sei't dem Wiederbeginne deS
Baucs wahrgenommen, und dcr kunstgerechten Ausführung die gebüh-
rende Anerkennung gezollt. Sichtlich ergriffen von Freude über das Ge-
leistete, haben Se. Maj. der Kö'nig Protector Jhren Beifall ausgesprochen
und dadurch die Hoffiningen auf den Fortbau und die Dollendung des
Domes ncu bclebt. Mit Gewißheit dürfen wir es aussprechen, Laß, so
lange der Kö'nig als Schutzherr über dem Werke steht, ein Stillstand,
eine Unterbrechuug des WaueS nicht eintreteu wird.
Wcrke des Spitzbogenstyles in Rom.
Von Prisac.
Die unruhigen Zeiten des XII. und XIII. Iahrhunderts, welche alz
Lichtseiten so mancher Gewaltthat auch viclleicht ebcn so viele Lugenden
ins Leben gerufen, in Poesie und Architektur Großes gelcistet und die
theologische Wissenschaft auf eine Hö'he der Speculation gehoben, die
sie weder frühcr noch spätec errei'cht hat, brachten für Rom, die ewige
Stadt, das Haupt der Christenbeit, sast nur trübe Kage. Die Päpste
mußten schon gegen Ende des XI. Iahrhundcrts Ler Parteiung und Ge-
walt weichen, und ehe dieselben noch bleibend nach Avignon zogen, hat-
ten sie hier u»L da in Jtalien ihre Sitze aufgeschlagcn. Gregor Vll. starb
im Eril bei den Normannen, mehrere seiner Rachfolger wohnten in
Biterbo, in Assisi, bis sie sich endlich mehr als ein halbes Jahrhundert
in Avignon niederließen. In Rom aber zeigte es sich bald, daß die
Stadt der untergegangenen Cäsaren alles Gute, dessea sie sich als Mi't-
telpuuct der christlichen Einheit zu erfrcuen gehabt, nur den Päpsteu
verdankte.
Es war nach ihrem Abzuge weder die Stadt deS Friedens, noch der
Künste, noch der Wiffenschaft. lleberall war Hader und Krieg, Mord
und Raub in den durch so viele Denkwürdigkeiten und christliche Erin-
nerungen gefeierten Mauern; ja, selbst die geweihten Stellen wurden
nicht mehr vecschont. Die Kirchen wurden geplündert und ihre Schätze
als Gut der in den alten Gebäuden verschanzten vornehmen Familien
betrachket, die bald als Beschützer, bald als Dränger der Päpste, bald
als sogenaiinte Vertheidiger der Volks-Freiheiten die Oberhand bchielten.
I» dem Colisäum saßen die Fcangipani, in dem Lheater Les Marccllus
hatten sich die Coloiiiii, und an anderen Orten die Pierleoni, die Orstni
«nd sonstige vornehme Räuber verschanzt. Dazu kamen nun noch die
Wolksfreunde im Style eiues Arnold von Drescia, Cola di Rienzi. Sie
schmeichelten der Eitelkeit eines vermöge seiner Lraditionen so leicht be-
weglichen Bolkes. sprachen von republicanischen Tugenden, Titeln und
republicailischer Gcoße. und der ganze Erfolg der «ahnwitzigen Bestre-
bungen der angeblichen Patrioten und Befö'rderer römischen RuhmeS