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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1856 (Nr. 131-142)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1522#0051
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geführt habe. Selbst in Berlia, daS durch Schiakel lang« anS classische
Alterthum festgebannt worden, rege sich der Sinn fur die Romantik. Jn
der Geschichte der Malerei beginnt der Redner mit der Glabmalerei.
Sie knupfe sich unmittelbar an die Beschäftigung mit der mittelalterli-
chen Lrchitektor. Nach einer kurzen Geschichte der Erfindung der Glas-
malerei dedauert der Redner. Laß dieselbe schon jeHt viel von ihrem mo-
numentalen Eharakter, den sie ursprünglich gehabt habe und der ihr auch
eigen sei. verloren habe. Eioe andere Frucht Les tieseren Eiugehcus auf
das Mittelalter sei die sogenannte romantische Schule. Die Lufgabe
Overbeck's und seiner Lssistenten habe ja gerade darin bestanden, das
tiefere Gemuthsleben des Mittelalters mit Flciß und Jnnigkeit zu cr-
fassen, «m ihren Ardeiten cine mehr innerliche, mehr gewichtige Gestalt
zu verleihen. Wenn diese Richtung auch nicht immer über cinseitige Lei-
stungen hinausgckommen sei, so habe sie doch ihren wohlthätigsten Ein-
fluß ausgeübt, indem sie einerseits Lcm kälten Lntikisiren, andererseits
dem eiuseitigen Naturalisicen einige Schranken gesetzt habe. Auch indi-
rect sei sehr viel für die Wiederbelebung der mittclalterlichen Kunstwcise
geschehe». ,So wurde die Neigung für dieselbe gehobcn und geträgen
durch die romautische Richtung in der Literatur, verbreitet durch die vie-
len archälogischcn Bereine, die sich hauptsächlich mit dem Mittelalter be-
schäftige»; an di« Spitze der architektonischen Bewegung traten die Bi-
schöfe. Zn den Seminarien wurde mittclalterliche Kunstgeschichte vorge-
tragen. Bielfach erhobeu sich bischöfliche Museen: cin naheliegendes schönes
Bcispiel haben wir an dem erzbischöflichen Museum zu Köln, welcheS in
den nächsten Wochen wieder ervffnet werdeu wird."

Auf den neuesten Zustand der Kunst glaubt der Redner um so we-
niger eingehen zu dürfen, als sich hier cine große Zerfplitterung und
Adschli.ßung zcise, und der ferne Standpuuct, vo» wo aus sie mit Un-
bcfangenheit beurthcilt werden könne, noch oicht geboten sei- Einfach
gedenkt er hier der Wiederaufnahme des romanischen Styles, erinnert in
Bezug auf die Lnwendung der Antike und der Goihik auf neuere Ver-
hältnisse wieder an Schinkel, hebt die Berdienste Rauch's hervor. weis't
auf das Leben der Histerien- und Eabinets-Malerei in Frankreich und
Deutschland hin und zieht schließlich cine Parallele zwischen der münche-
ner Schule (Cornelius) und dcu Richiungen dec düffeldorfer Akavemie.
,So bestrebt fich unser Jahrhundert für die Architektur und die bilden-
Leu Künste einer tieferen und allseitigereu Auffassung, als das 17. und
18. es gethan hat, uud dieser Fleiß und diese Strenge sind es gewesen,
Lie auch im Allgemeinen einen größeren Kunstsinn angeregt und Bestre-
buugen, diesen zu wccken, hervorgerufen haden " Hier empfiehlt der
Redner dcn düffeldorfer Verein zur Berdreitung religiöser Bilder, deo
Kunst-Verein für Rheinland und Westfalen. Namentlich sei auch der
Bauthärigkeit für kleinere Kirchen und klernere Profanbauten ein höheres
Lebes eingehaucht worden. Endlich hade die Periobe vollständiger Styl-
lvsigkeit ihr Ende gefunde». „Jch glaube nicht, Commilitonen, daß erner
besvadere Lust zu erner Reise verspürt, welche den Zweck haben soll, die
in deu letzten Jahrzehende» entstandencn Landkirchen zu besuchen; denn
Jeder hegt wohl die gerechte Furcht, eine Art Rcitbahn oder Lanzhalle
zu finden, die ei» Lhurm, ähnlich einem Kamine, bewacht, oder im Falle.
daß irgend eine Zierde an svlcher moderneu Kirche angebracht ist, sie,
wie ich solches an dem katholischen Baycrn sah, im Schmucke einer Birne
oder einer blechernen Pfcfferdose anzutreffen. Es kann nicht gleichgültig
sein, ob die Stelle, wo ich mich heiligen Gefühlen hingsden soll, der
Art umschlossen ist, daß ich ganz kalt bleibe, ober od sie bie Umhüllung
trägt, welche mich schon von fern auf die heiligen Gedanken vorbereitet.
Gort sei Lank! es haben sich in den letzten Jahren wieder Kirchen er-
hoben, Lie sich in einer ihrein Zwecke würdigen Gestalt zcigen. Auch scheint
jetzt in Bezug auf kleiaere Profanbauten zur Lechnik wieder mehr zu
gehören, als eiu Lineal zu nehmen, eine» Strich auf die Erde zu zie-
hen, vier WLnde darauf zu setzen. Lhor und Thür, Luft- und Lichtlöcher
zu lassen, Len Winkel anzulegen und die Lragkraft eines auf zwei ein-
fache Wände gelegten Balkens zu berechnen."

Zum Schlusse bcdieut sich der Redner einer Allegorie, um die Ge-
fühle zu fixiren, welche die Betrachtung crweckt habe. Er läßt zwei Gebäude
eurstehen, eincs nach ben Zdeen deS 17. unv 18. Jahrhunderts, Las an-
dere nach dem mehr geläuterten Geschmacke unserer Zeit; er läßt den
Baumeister dcs letzteren auftretea und legt ihm einige Worte üder den
Dom und die Lufgabe in den Mund, Lie an Jedcn in Betreff der Kunst
gestellt ist: „Für jeden Gebildeten ist es eine heilige Pflicht, das, was
das 19. Jahrhunvert ihm schon gebotcn, mit aller Lufrichtigkeit zu er-
greifcn und, so viel Aeit und Kraft erlauben, in sich selbst und in Ande-
reu einen wahcen Kunstsinn anzuregen; denn die Kunstproducte eines
Volkes sind Las Lhermometer seiner geistigen Lemperalur."

Herr Pfarrer Lhissen bestieg dan» die Rednerbühne und sprach
seiue Freude darüber aus, daß er nach mehrjähriger Berhinderung wie-
der in der Lage sei, a» der Bersammluug des akademischen Dombau-
Ncreins Lheil »ehmen zu können- Er erachte es als eine Ehre, vor der
akademischen Jugend rcden zu dürfen. und mit Frcude sei cr Ler Ein-
ladung des Lorstandes nachgekommen, in der General-Versammlung als
Redner aufzutreten. Jedes große Werk, sagte er, wird durch die Krafr
ausgeführt, durch die es angefangen worden ist. Die Baterlandsliede.
die «unst und die Religion bauten deu Lom. Ein neues Feuer ergriff
»or «enig Jahren aufs Neue die so zerrisseneu Stämme Deutschlands
dci der Erinnerung an den kölner Dom. Allein der Baterlandsliebe biete»
sich zu viele Gegenstände dar, als daß durch sie allein Ler hehre Lempel
am Rheine aufgebaut werden solltc. Don dem großartigen Baue in der
alten Rheinstavr ist zwar ein neuer Lebensstrom für die Künste ausge-
gaugen, allcin die Kunst setzt nicht die Menge in Bewegung, uud so ist
ss auch unmöglich, daß durch viesen zweiten Factor dec kölner Dom zu
Stande komine. Dcr wahre Hebel für den Dombau ist die Religion. Die
Großartigkeit so herrlrcher Lempel verdanke» «ir alleia der Religion.
Die Ttelle.'wv das Allerheiligste aufbewahrt und angedetet wird, soll
sich auch durch ihr« Erhabeaheit und Pcacht vor allcn andercn Gebäu-
Len auszeichneu. Das ist Lie JLee, wclcher der kölnrr Dom besoaders
seine uuüdertrvffene Herrlichkcit verdankt. Wenn diese Jdee auch uns
lebcndig durchdrungen hat, so werden wir keine Opfer scheuen. Auch die
Baterlandsliebe «ud die Ksust feiern ihren Lriumph iu der Religiou.

Die Kanst hat ihren Ursprung in der Religion, das «eift LieGeschichte
nach. davon zeugen noch die heidnischen Lempel. Die Kuust soll das
Schöne darstellen, doch «er ist die absolute Echönheit, weuu uicht Gott!
Der Kunstler hat dahcr einen wahrhaft großartigen Beruf. Ler kölner
Dom kann ssmit nur durch die Religion erbaut uud volleudet werden.

Jnzwischen wär die Ergänzuugswahl des Borstandes vorgenommeu
worden; sie fiel auf die Herren Eompes, stnä. tbeol., Baum, »tack.
tllsol, Lntwerpeu, stuck. tbool., Reymans, stuä. tbsol, Fu ßh« l l« r,
stuck. tnsol.

Nachdem Prof. Floß das Ergebniß der Ergäuzungswahl verkun-
digt hatte, schloß der Ehrenpräses die Bersam ulung. Die Derhaadlung
war gegen 4 Uhr beendigt.

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Protoeoll

der

am 18. Juni 1856 abgehaltenen General-Versammlung

d « s

akadernischen Dombau-Bereins zu Breslau.

Heute wurde in der kleinen Aula der Univerfität eine General-
Bersammlung des hiesigen akademischen Dombau-Vereins abgehalte»,
unter Ankündigung solgender Lagesorbnung:

1) Rechenschasts-Bericht,

2) Woctrag über die nenesten Fortschritte des DombaueS,

3) Vorstandswahl.

Herr Domcapitnlar Professor v. Baltzer, welcher die Versamm-
lung eröffnete. sprach zunächst seine Freude aus, dsn Berein in uuge-
schwächter, ja, theilwcise erhöhter Lhätigkeit wiederzufindeu. Darauf
stellte er eine Bergleichung an über Lie christlichen Kunstbauteu verschie-
dener Länder. Der Redncr wies auf den Lempelbau in Jtalicn hin als
einen Basilikenbau, aus welchcm sich der romanische Styl mit seinen
Kuppeln entwickelt, die jedoch nur von außen ihre Bedeutung hahen-
Der gothische Styl dagegen stelle in tiefer Symbolik die Kirche dar alS
eine streitende und triuwphirende: Ungethüine dienen dazu, die Kirche zu
erhalten. Der mailänber Dom, zwar theilweise in diesem Style anfge«
fiihrt. stehe doch, wenn man von bem weißen Macmor als Baumaterial
absehe, in Rücksicht auf die Baukunst dem kölnerDom entschieden nach.
Eben so Lie an sich bewunderungswürdigen Lempel in Frankreich uud
Belgien. Schließlich fordert der Redner zu feroerem einmüthigem Wirkeu
freundlich auf.

Herr Profeffor 0. Friedlieb begrößte den ersten Ehren-Präsiden-
ten Herrn Canonicus Professor 0. Baltzer nach dessen Rückkehr a«S
Jtalien, sprach über die Lhätigkeit des Bereins im beiuahe abgelaufeney
Studienjahre und sagte dem abgehendcn Borstande für sein Wirken deu
wärmsten Dank.

Nach dem Rechenschafts-Bcrichte des zeitigen Cassirers, 6-uck. tlieol.
Herden, beträgt die Gesammt-Einnahme in diesemJahre circa l73Lhlr.
Der Bercin zählt 15S wirkliche und 143 Ehren-Mitglieder.

6»nck. tksol. Micke ging sodann auf die Geschichte Les Dombaues
eiu usd zeigte, wie der hohe Geist des Mittelalters in Wissenschaft und
Kunst die schönsten Monumente hervorgebracht, das großartigste im köl-
ner Dom, zu welchem 1248 der Grund gelegt wurde. Mißliche Verhält-
nisse verzögerten den Bau in den folgenden Jahrhuudcrten- Seit 1841
aber ist Ler alte christliche Geist wiedcr erwacht, und seitdem ist viel zum
Ansbau gethan worden. Ueber Len Fortschritt des Banes seit 1855 ver-
wieS der Redner auf den Aufsatz »on Herrn Baurath Zwirner in der
letzten Nummer des Domblattes. Eine herzliche Aufforderung, sich fer-
nerhin die Dombau-Gache angelegen sern zu lassen, schloß die Rede.

Darasf schritt man zur Vorstandswahl. Die Gewählten sind die
Stuck. tb. ostk. Micke, Marx, Hauüe, Peukert, Hawlitschka,
Adam, Latzel. Seccetär wurde Haucke, Cassirer Marx.

Schluß der Versammlung.

Breslau, den 16. Juni 1856-

Der Borstand

des akademischen Dombau-BereinS.

Jn der Berlags-, Buch- und Kunsthandlung von Franz Carl Eisen,
Domhof Nr. 13—, ist fo eben in Commisflon erschienen «nd dnrch alle
Buchhandlungen zu deziehen:

Die neuen Glasgemälde imDome zu Kölu,
ein Weihe-Veschenk

Sr. Majestät des Königs Ludwig I. von Baiern,

beschrieben von

o. Erust Weyden.

Es muß das Werk den Meister loben,
Doch dec Segeu kommt von Oben.

Schiller.

Zum Besten des Kölner Dombaues.

Dritte vermehrte Luflage.
gr. 12. 78 Seiten geh. Preis 10 Sgr.

Di'ese Schrift, welche bereits in zwci starken Auflagen verbreitet ist,
enthält auch die Beschreibung der alten GlaSgemälde des Kö'lner
Domes im hohen Chore unv im »vrdlichen Rebenfchisse deS LanghauseS,
ein« kurze Geschichte der Glasmalerkunst, so wi« eine gedrängte
Uebersicht dessen, was König Ludwig I. von Baiern für alle Zweige der
bildenden und zeichnenden Künste gethan hat, »ebst Augade der vorzüg-
lichsten Knustwerke, welche uuter seinem Dchutze iu Baier» geschaffea
«orden.
 
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