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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1857 (Nr. 143-153)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1523#0031
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mann, d-r allcrdingS bei manchen Fehlern, die unglücklicher Weise eine große
Begünstigung in einer verkehrten Zeitrichlung fanden, worin derselbe seine
Bildung genosten, die aber von ihm in manchcn anderen Dingen bei Weitem
überflügelt wurde, außer sonstigen Verdiensten um die katholische Kirche, die
größec sind, alg Viele fich denken, auch an dem Wicderaufbau deS kölner
Domes hat. Es liegen aber mehrere Jahrgänge jener Berichie, welche schon
in den Jahren 1838 und 1839 auf Kosten dcs RegierunaS- und Consistorial-
raths Brachr durch die düsseldorfer Regierung an die Pfarrer und sonstigen
Dombau-Fceunde vertheilt wurden, und zwac zunächst zuc Besörderung eines
reicheren Ertrages der jährlichen Kirchen- und Hauscollccten, die damalS
außer der durch dcn Erzbischof Ferdinand Äugust eingeführten Kathedral-
steuer und den Zuschüstcn auS Staatsmitteln die einzigcn FondS zur Hsrstel-
lung des an manchen Puncten dem Untergange nahenWerkcs lieferte. Wem
es beliebt, sich davon zu überzcugen, in wi'e fcrn wir die Wahrheit reden oder
unser Gedächtniß trügt, der kann sich davon in mehrercn Jahrgängen der in
Düsseldorf durch die Bemühungen des Herrn NegierungScaths Bracht hec-
ausgekommenen Hestchen über dcn kölner Dom handgreiflich überzeugen, so
wie auch, wie viel damals in Düstcldorf, dem Rhein-Athen, unv wie viel in
Köln, der rheinischen Metropole, sür dcn Dombau geschah, und während Köln
und sein ganzer Bczirk kaum Ivvll THIr. aufbrachte, lieferte der Regierungs-
bezirk Düsseldorf an 200V, größtentheils dic Frucht der persönlichen Wirk-
samkeit des genannten Manncs, und der zur Vertheilung an die Pfarrer und
Dombau-Freunde in den einzclnen Dckanatcn unentgeltlich gesandten IahreS-
bcrichte, mit einer kurzen Geschichte des kölncr Dombaues und seiner einzel-
nen Theile, Sntweder nach DeNoöl oder dem großen Boisseröe'schen Werke,
so wie beigefügten Zeichnunaen, um den kölner Dom wiederum populär zu
machen. Der Erfolg blieb aber auch nicht auS. Der RegierungSbezirk Düssel-
dorf brachte vielleicht so viel ein an Collectcngeldern, als di'e vier übrigen
zusammen. Jch habe schon erwähnt, daß man vamalS vorzüglich noch die
Restaurationen im Auge behaltcn konnte, die seit dem Johre 1825 ihren un-
gestörtcn Forlgang aehabt und erst mit dem Anfange der vierziger Jahre
vollendet wurden. Aber auch der Fortbau war bereits in Ausstcht gcnom-
men. ES war nicht bloß cine lebendige Jdee des gegenwärtigen KönigS Fried-
rich Wilhelm IV., schon in früher Jugend aufgefaßt; cs war nicht bloß ein
Mittel, die wegen dsr Wegführung des damaligcn Erzbischofs Clemens August
gereizte Stimmung der Katholiken wiederum auSz'usöhncn; jene war auch schori in
so fern Thatsache geworden, als nicht bloß schon damalS die Bildung eines zu je-
nem Zmeckc zusammengctretcnen VereinS gar ernstlich in Düsseldorf und andcr-
weitig zur Sprache gekommen, sondern auch der damalige Ober-Bauralh
Schinkel in Bcrlin dcm allgcmeinen Vernehmen nach schon wicklich die Pläne
zum Fortbau in Ausstcht gestellt hatte; glücklicher Weise ist danach nie ge-
baut worden. Dsnn zu einem Fortbaue des kölner Domes in seinem ursprüng-
lichen Style mit seinem ganzen Ltrebesystemc und seiner reichen Ausschmückung
wagte man stch damals in Berlin allerbings noch nicht zu erheben. Das
Höchste, was man damals dort zu hoffen 'wagte, war die Vollendung des
DomeS in eincm vereinfachten Systeme, etwa 'ohne Strebebogen und Strebe-
pfeiler, und dahin wäre es vicllcicht wirklich gckommen, hätte Schinkel länger
gelebt und die Regiecung allein gcbaut. Man hälte alsdann den kölner Dom
viclleicht mit der Zeit vollendst, und das wäre daS Höchste gewesen, was man
erreicht, wie Napoleon den mailänder Dom vollend'ete. Daß man aber an
der ursprünglichen reichen Jdee festhielt und den kölner Dom ganz in der
blühenden Pracht seines Systems auSzubauen beschloß, ist ein vorzügliches
Werk der Gründer des gcgennärtigen, mit ebcn so viel Glück als Gcschick
gelciteten Dombau-Vereins, die sich wie Ein Mann dafür aussprachen, wohin
aewiß auch die große Jdce dcs königlichen Protectors ging. Denn auch'Er
kann mit Recht als ciner der vorzüglichstcn Begründer dcs kölner Dombau-
Vereins betcachtet werden, der untcr seinem Motto: „Eintracht und Ausdauer",
nun bcreitS seit 15 Jahren unverrücki sein hohes Ziel versolgt und die edel-
sten Männer Kölns und der Nheinlande, man kann sagen: von ganz Deutsch-
land, zu einem Werke verbindet, dessen Vollendung wir noch zu erleben hoffen.
Vielleicht könnte aber auch die Stadt Coblenz, das stets gut geleitete ultra-
montane Hauptquartier, und namentlich auch der Appcllat'ionsrath Reichens-
perger in Köln vor AUem durch sein Schriftchen: „Der kölner Dom", keinen
geringen Anthcil an der BegründuNg eines Nercins für sich in Anspruch nch-
men, dcr sich gegenwärlig cines so gedeihlichen Wirkens erfreut nnd von so
großem Einfluß gewcsen, aber zur Zeit doch nicht so leichl zu Stande zu
bringen war.

Aber ich habe schon angedeutet, daß ich durchaus hiermit nicht WillenS
bin, wie auch nicht im stanve, alle Verdienste um den genannten Verein,
scine Gründung und Fortbildung nach Gerechtigkeit zu wücdigen. Jch wollte
nur etwas nachholen, waS biS dahin versäumt'murde und wozu nnch gewisser
Maßcn die Pietät gcgen einc Persönlichkeit vcrpflichtet, deren Theilnahme ich
zur Zeit etwas zu canken gchabt und der Dom nicht minder. NebrigenS mö-
gen Andece andere Belege zw Geschichte eineS Vereins bringen, der in seiner
Art einzig dasteht, und nicht bloß stets mit einem besonderen Geschick geleitet
worden, sondern auch seine Wirksamkeit weit über die Gegsnwart und die
Gcänzen deg Vaterlandes hinaus verbreitet hat.


Ein kölnischer Baumeister -es 13. Jahrhunderts.

Jn einem alten, im Jahre 1406 angefangenen Notizbuche über die in der
hieflgen Pfarrkirche zum heiligen Johann Baplist damals befindlichen ver-
rnietheten Kirchenitühle und Erbgräber finden sich am Schlusse von einer
Ipateren Hand folgende Bemerkungen beigeschrieben:

cktem «tio nurvs Ooutte sont ckobLas is gemaebt iucl up gL8Let rvui-
äeu ckll äem mertre ll»s 8«ll llerbertbs Oagv LllNO I-XXXIX.

cktem äer melstsr äer äi äoutto AemLobt ku«et bslöt meister ckobLN
VLQ lanAellbereb cknä is äer Lllrs beste meister äer up äesse rvvl ro
Cöllell rvont.

cktsm äessvr meistsr buet ouek äi ninvv kirebe inä tor« xemackt
tro äeu eruxbroeäsreu.

ätem oueb xemaebt äat gewuliks LO äen eleill seut mvrtteu.
cktem oueb Zemaebt vo äen mvnre broäereu äeu nuive gLuclr vur
>n äer bireben vur äem tors mvt «vnen elterell sAlläcen) ousn inä ulläeu.

ätem oucb gemaebt äen nuvven tore ssu iLurentius mit äer eapells
äa beusven mit äem gswultks vur äer gerbLemervll.

cktem oueb gemaebt äat tLbeillLebel vur äer tlsodmellgsr gatksl Ull-
äeu Leu äem It^ne mit äer gLtkeleu äie verdrallt was geveist.

Xnllo 1489.

Die oben erwähnte uuve äoutke in der St.-Johanns-Kirche war ohne
Zweifel eine im Jahre 1489 am unteren Ende des südlichen SeitenschiffeS
angebaute kleins Taufcapelle, welche aber um daS Jahr 1538 wiedec beseitigt
we'rben mußte, alS an der Südseite der genannten Kirche ein zweites Seiten-
schiff erbaut wurde. Daß der Taufbrunnen in dieser Kirche aucd vor ibrer
Erweiterung in der südwestlichen Ecke sich befunden habe, geht aus dec llr-
kunde, welcher die obigen Bemerkungen cntnommen sind, deutlich hervor.

St.

Zur Literatur des kölner Domes von Friedrich Blö-
mcr. Bcrlin, bci Reimcr, 1857.

Bekanntlich ift die Literatur deS kölncr Domes von schr neuem Datum;
unsere Altvorderen, dic so trefflich und so rüstig bauten, meißelten und mal-
len, scheinen wenig Gewicht auf das Schreiben gelegt zu haben; sie mochten
dcnken, daß die Schöpfungen, deren sie sich befleißigten, vollständiger und
beredter Zeugniß von ihrem Wollen und Können abtcgten, alS daS geschrie-
bene Wort solches zu thun im Stande scl Was die Älten solchergestalt ver-
säumt haben, ist die Neuzeit nachzuholen bemüht, und ganz insbesondere hat
unsere Kathedrale, seitdem fle wieder lebendig geworden, eine Menge von
Federn in Bewegung gesetzt. stumpfe und scharfe, gewandte und unbeholfene,
so daß man fast von einer Bibliothsk dcs kölner Domes reden kann. MchtS
desto weniger ist die Materie noch keineSwegs erschöpft; ein Werk wie dieser
Dom bielei der Erörterung so viele Seiten dar, es wurzelt so tief und gipfelt
so hoch, daß es dem Worte kaum möglich ist, alles zu crschöpfen, was es
dem betrachtenden Geiste darbietet. So stehk denn auch alles biSher über den
Dom Gedruckte dem unS vorliegenden. in ver Ueberschrift bezeichneten Buche
durchaus nicht im Wege; im Gegentheil findet daSselbe gerade vorzugSweise
in den bisherigen Erscheinungen seine Veranlassung und seine Rechtsertigung,
in so ftm bas Bestreben des Verfasserö unverkennbar darauf abziell, die
Höhepnncte derselben zu bezeichnen, gewisser Maßen die Genests deS Ge-
dankenS vor uns darzulegen, auS welchem die bedeutungsvollste und fol-
genreichste That auf dem Gebicte iin>erer Kunstübung hervorgegangen ist.
Man braucht in dem Jnhaltsverzeichniye nnc die auf einander folgenden Na-
men eines Georg Forstec, Friedrich Schlegel, Joseph Görres und Göthe zu
lesen, und man hat sofoct die geistige Arbeit vor Ängen, welche der materiel-
len vorherging und vorhergehen mußte, wenn diese Bestand gewinnen sollte.
Die Zeit respectirt nur, mas fie geschasfen hat; eine wahrhaflige Wicderge-
bnrt der christlichen Kunst konnte schlechterdingS nicht das Ergebniß einer
Zmprovisation scin. Jm Grunde wäre Gölhe vor Forster zu nennen gewe-
sen, da er bereits um mehr als ein Decennium früher als Forster durch
seine begeffierte Schildernng des straßburger MünsterS das Eis gebrochen
haite, und es unsercS Erachtens wenig verschlägt, ob dieser oder jener deut-
sche Dom den AusgangSpunct abgab, genug, daß die Baukunst deS Mittel-
alterS wiedsr zu ge'bührenden Ehren gebrakht ward; die wcitere Geltend»
machung und Ve'rmirklichung dcs wiedergewonnenen Princips ergab fich da-
mit von selbst. Der dem Alt'meister Gölhe gewidmete Theil der Blömer'schen
Schrift bietet einc.intcreffante Analyse seines VerhältnisscS zur christlich-ger-
manischen Kunst und zum Christenthum im Allgemeinen. ES wicd gezeigt,
wie der Dichter 'vcn Äbfall von jener glocreichen Kunst während der mittleren
Periode seines WirkenS im Verfolge wieder zu sühnen bemüht. war, und ge-
miß stimmt ein Jeder gern in den dem reichbegabtcn Manne gezollten Dank
cin, welches Uctheil ec auch inBetreff der Summe seinerEinwirkungen auf
unsere Nation fällen mag. Wie ganz andcrS stcüt sich jedensalls, seibst ab-
gesehen von der späteren Umkehr, Gölhe'g Abfall dar, im Vergleich zu dem-
icnigen, welcher in unscren Tagen bei einem Lamartine, VictorHugo, Michelet,
Quinet, u. s. w. stch begeben bal, bei denen der Geist deS HasseS, der Ver-
neinung, dec Revotuiion die Lriebfeder war!

Dec Name Schinkei'S, wetchec nunmehr folgt, gibt schon zu erkennen,
daß die durch das Werk BoisftrL-'s eingeleitete Periode des praktischeir
HandelnS cingetretcn ist, vaß die Erstarrung sich zu lösen im Begriffe
stöhl, daß die .Rieftn-Ruine' in neuverjüngtem BildungStriebe sich zu jenem
vollendeten OrqaniSmus gestalten will, der in der Seele deS ersten MeisterS
lebte. Jn der Lhat gab dec von Schinkel cnn 3. L-eptember 1816 erstattete
Bericht dcn AuSschlag; es stiegen um daS hohe Cdor die Gerüste auf, und
es ward am Fuße decselben die steinmetzenhütte begründet, auS melcher eine
neue Aera, nicht bloß sür den kölner Dvm, sondern für die deutsche Archi-
tektur übcrhaupt, hervorgehen sollte. — Allein die Klust zwischen Wollen und
Thun ist bei derartigen 'tliitcrnehmungen so leicht nicht auSgesüllt. Nachdem
man einige Jahre a'n der Wiedechecstellung des Chores geacbeitet hatte, er-
gab sich die schwierigkcit unv insbesondere die Kostspieligkeit des Unterneh-
mens alS so erheblich^ daß dnrch Cabinels-Ordre vom 15. März 1825 die
einstmeilige Einstellung der Arbeiten vcrfügt ward: „Die Hoffnungen für den
Dombau, welche bereilS so schön zu reisen angefangen Halten, schienen, wenn
nicht füc immer verloren, so doch aufs Neuc ins Ungewisse hinausgewiclen
sS, 89.) Da war cS vor Allen der Erzbischof Gcaf Spiegcl, welcher dcr dro-
henden Gefahr enlgeaenlrat, die ee denn auch durch sein enecgisches Vorgehen
und Ausharren glücklich bcseitigt hat, Jnmitten tiefgreiscndec Bewegungen
ging die Wiederherstellung deS ChoceS der Beendigung entgegcn, und man
stand nun unmittelbar vo'c der Frage deS FoctbaueS. Der Moment war
ein überaus kcitischer, ,Ein Ereigniß, daS wenig Jahre vorhec die Pietai >o
vicler, das RechtSgefühl fast aller Rheintänder schmerzlich beruhrt haite, ent-
behrte zu dieser Stunde noch des ActeS ausglcicheiidcr GerechtigkeN, der vald
darauf den Frieden zurückgab und die Versöhnung vollendete; und so geschak eS,
daß der ungeschlichiete Slreit plötzlich zu neuer Hestigkeit entbrennen konnte,
und daS mit so vieler Licbe und Sorge vorbereitcte Unternehmen, der Aus-
führung nahe, zu scheitern drohete." (S. 115.) VorstehendeS ist von Herrn
Blömer mit Beziehung aus die General-Versammlung dec kölner Dombau-
Freunde oom 13. April 1841 gesagt, in welcher daS Statut füc den zu grun-
 
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