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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1865 (Nr. 239-250)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1815#0028
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artigen Uanatar »ad Lrtravaza«» grhören, dle de« Wesea deS gsthischea
St-le« wlderstrebt uad derea ootyweadigr Fslge der Uatrrgaag verseldea
war. Wir betrachtea daS gaaze Zeug, trotz seiaer Lüasteleiea, uad die
gaaze Tapelle alS höchst geschmacklo» uad widerfiaaig, eiaeS so schönea
Baue«, wie dte Westmiusterktrche tst, durchau- uawürdig. DaS fiadtkuaststäcke
«ud 8:rtu»fitätea für dea verzogenen Geschmack. Sie widerstreben der edlea
Ratur und hohea Wärde, w.'durch fich die Westminsteckirche so auSzeichaet.
Dean fie gehört wirktich ia ihren bessereu Theilea za dem Tchönsten mit,
waS maa in der Srt seheu kann, uad e« ist eiae gaaz besoadere Lhre für
Laglaad, daß man dea gothischen Styl -ier so fräh, uad zwar iu seiuer
gaazea Reiahelt erfaßte uad ia eiaem so großartigea Maßstabe in Lnwen-
dang brachte. Maa sollte glaubea, wsna maa diefe großartigea Sauwerke,
die allerdiag« gegenwSrtig so gut wie leer stehea, weil die vom Staate
«tablirte («-l»bli-d«ä cdarod) Ltrche im Ganzen und Großeu keinen Eiaflttß
hat auf die Herzea des BalkeS, fieht, thre Gründer hättea schoa damalS eine
Ahaung voa der käaftigea Große ihre« BaterlandeS gehabt. Sie find we-
aigstea« die mächtigftea Zeazea füc die Großartigkeit de« britifchen Sinae«
ia seiaea Fehlera, wie ia seinea Tageadea. Sber man -raucht ste auch nur
za sehen, um zu der lleberzeuguag zu gelaagea, daß fie wie eiae wahre
Jronie dastehen, woraa dir eagltsche Gesch chte allerdtag« so reich ist, und
welch eiae tiefe Wuade untsr all dem dorttgea Lleister und all dm Perrückea
in Westminsterhrll verborgea ist. Fast alle diese Airchen, die tch in Loadon
uud Orfocd gesehea, find aicht nur leer, fie fiad auch iu einem Zustaade
de« Berfalle«. ES geschieht weaig oder gar uichtS fär ihre Restauratton, uad
währead Frankreich, Belgiea und Deutschland mit allem Lifer au der Restau
ratioa threr Kirchea arbeitea, maa hier überall hämmert uad klopft, daS
voa dem Zahae der Zett zerstörte mit Neuem ersetzt, oder wohl gar wie in
Söl», Wiea uad RegenSburg daS mit dem Echluffe de« MittelalterS Ua-
vollendete mit ueaem Eiser aufgreift uad kühn und vertrauea-vell mit allen
reichea Mittela der Zeit fortbaut, geschteht ta Eaglaad gcrade vsn der
Seite, wo daS Geld uad dte Macht tst, wir meiaeu »on Seiten der Hoch-
kirche — nicht«. Jch weiß wohl, da«, waS ich hier sage, maz Manchsm, der
«S »icht tn dem Stnne auffaßt, wortn tch eS sage, zu viel gesagt sein. Jn
Eagland wird allerdlngS viel an Kirchen gebaut, uad vielleicht ist auch -ier
gerade die richtige Aaffaffnag de« kirchlichea BaustpleS früher erwacht alS
soastwo, ich spreche aber von ganz anderen Leuten, nämlich von den Leu-
tea der Hochkirche uad thren Bauwerken in Loadoa und ia Orford. Jch
spreche nicht voa den Lirchen der lkatholiken, die überall in England nicht
wentger al« bei ua« am Rheine, etae Frtsche de« GemütheS und eine Oxser-
willigkeit verrathea, wle fie nicht aur de« Höchstea, sondera auch de« Besten
aller Zeiten wurdig und damit auch Zeugniß ablegeu für den, dem die Zu-
kuaft gehört. Zch spreche voa Westmlaster uad von Orford uad vsn dea Bau-
werkea, welche der reichen und vo« Staate etablirtea «kirche augehören, und
berufe mlch namentlich auf den kläglicheu Zustand dr« schöaen KreuzzangeS,
der fich ,, der südlichen Seite der Westminfterkirche befiadet uad eiue wahre
Raiae tst.

S« ift wahr, dieser tst rundum von gothischen Gebäuden uad Wohnungen
umgrben, die metst der neueren Zeit augehörea, theilweise sogar sehr
respectabel auSsehen, an denen auch ficher im Janerea noch wentger fehlt, wa-
der Sagläader comfsrtable nenut; aber der arme Kceuzgang, daS Claustrum,
«it seiaea vlelea Rarden, durch uud durch zerfresseu an seiaem Maßwerk,
durch deffen versallene Hallen an jedem Tags dke SLnger «nd Thorknsbea
tn Westmiasterkirche eintretea, wie steht der da? 3ch glaube, wir würdea
«uS schämen! Ich hoffe uicht, daß man mich hier mißverstehe oder wohl gar
der Unkenntaiß in der neuerea Sunstgeschichte beschuldige, oder der Uage-
rechtigkeit gegen daS allerding« mttunter etwaS stark frivole und baum-
wollcne Englaad, daS auch so seinen Charakter nicht stetS verläugnen kana
und dem Puck oft sehr lose Stre.che spielt. Zch weiß wohl, daß in den Ta«
geu, wo unier Friedrtch von Schlegel, »nd früher noch als soastwo in Europa,
Hcrder uad Goethe in ltchtvollea Augenblickea aus die Echöahett und Herr-
lichkeit dcr gothischen Bsuformen aufmerksam gemacht, England die Augen
aicht verschloffea hat gegea dea neuerwachendea, befferen Geist der Roman-
ttk, uad ntcht uathätig gewesen ist, ja, vielleicht durch desondere Umstäade be-
güastigt, tn diesen Dingea «ehr geleistet -at, alS dies sonstwo bei dem
Drange und der Roth höchst uaglücklicher Berhältniffe möglich gewesen; tch
weiß wohl, daß mau von dort au« bereit« mit dem Begiane deS Jahrhun-
dert« Zeichnungen veröffeatlichea konnte, wie die «ber daS Kloster Botalha
ia Portuzal, während unser Sulptz BoifferSe Mühe hatte, mit setaem großen
Werke über dea kölaer Dom zu Etaade zu kommea, aber auch zu gleicher
Zeit damalS leider die Plünderuagen begannen, womit daS arme, an Kunst-
werken eiaft so reiche Rhetaland im Zatereffe sogeuannter engltscher Kunst-
fceunde uad einheimtscher Schacherer heimgesucht wurde. Zch weiß wohl, waS
Praktiker und Throretiker in Snglaad, vor SllenPugin, für die kirchliche Baukunst
England« geleistet uad welche- Lerdienst der große Cardinal Wiseman um
alle diese viage hat; ich sage aber, daß Westminster und so viele andcre
Banwerke der vom Staate etablirten Kirche tn einem Zustaude der Ber-
«shrlosung fiad uad uach befferen Tagea schreien. Auch ist e- nicht schwer,
zu sagen, wer an allea diesen Dingeu schuld ist.

Nächst der Krthedrale voa Canterburp, wo ma« sn dem Grabe einc-
der größten Mäuner, die Eaglaad jc hervorgebracht, noch gegenwärtig die
auSgetretenen Spuren der zahlretchen Gläubtgen erbltckt, die einft hier ge-
betet und ihr bedrüngtcS Herz vor den Reliquien dieseS großen Heiligen
«rleichtert, gibt eS wohl für England keiabedeutendere« National-Hetligthum
alS da- Grab Eduard'S de« BekennerS und die Westminsterkirche. Lber be-
trachtea Sie einmal dte Tapelle Esuard'S, mit dem baufälligen, seiaer Zier-
rathen beraudten und von Raritätenkrämcra, ein Genre, woran Englaad
so reich tst, geplünderten Grabdeakmale und all dem Plunder rund umher,
wie ibn ficher die englische Frivolität nennt und von ihrem Gtandpuucte
au- kaum anders nennen kaun, weil ihr daS Verständniß dafür »erloren
gegangen ist! Alle diese Diage da, für Mengland einst so ehrwördig, nun
verkannt und »on dem gegenwärtigen Engländer weniger geschätzt, weil er
lieber nach anderen Reliquie» und Curiofitätea jagi, als aa dte Heiligen
seineS LandeS denkt, die thm ein Gräuel in setnen Augen, find wirkuch in
eiuem plundsrhaften Zustande, uad mit diesem auch die Capelle selbst, deun
die Pietät tst dafür erloschen. Man wtll nicht gern daran crinnert sein,
und hat auch nicht den Muth, wie es dereinst der Frevel mit de» Reliquien
de- heiligen ThomaS machte, fie tn die Luft zu streuen. Es find so etgea-

thümliche Aukläger, ja, jedec Hammerschlag, deu man au Westminster t«
Sinne und mit den Traditioaeu seineS BaueS thut, eriunert an Dinge, derea
Andenken mau gern vermetdea möchte. AnderS ist eS allerdiugS mit dea
Schlöffern der LandlordS uad der herrschenden Partet !n Englaad, dte kön-
nea fich uicht gut vou ihren mittelaltsrlichen Burgen trennen und fiad zu
gescheit, um den Ast herunterzusägen, auf dem fie fich so bequem niederge-
laffen habea. Zwar hat maa vere-.ts vor zweihuadect Zahrea an West-
minstsr restaurirt, namentlich auch an den beiden Thürme», welche, wie so
viele tn England «nd Frankreich, da« Westportal ohne Spitze flankiren, und
eben so am Rordportal, man uennt sogar dea berühmten Baumeister der
PaulSkirche !n London, Richard Wren, alS Restaurator; aber man kann nicht
sagea, daß diese Rsstauration weder an deu Thürmen, aoch «n dem ge-
nannten Portale besonderS glücklich gewesen, uad daß ihr Meister i« d,S
Berständniß der zwar etnfachen, aber nichtS dests «eniger erhabenen Bau«
weise vsu Wsstminster auch nur tm entferutesten etngegaugen, mau muß fich
vielmehr daS Geständniß geben, daß eS baarerZopf tst, «aS fis demschönen
Gebäude angehängt haben.

Aber trotz alledem und alledem und der elgeathümlicheu Wehmuth, dte
mtch stetS befalle», wsnn ich is Westminster weilte, dtn ich dvck imm°r mit
neuer Liebe zu dem hehreu Bauwerke zurückgekehrt, daS t» seinen schöaeu
architektoaischen Formen, in dem Glanze seiaer herrlichen GlaSfenster, ln deu
Rosen deS TcansepteS. d^e gerade um so vortreffüchsr wirken, weil die
Kirche keiaerlei Färbung hat an den Wäaden, und endlich in allen setnen
Ecinnerungea einen so gewalttgen Eiudcuck auf meiu Grmüth macht. WaS
hst aber Westmiaster seit dea Tagen seiner Gründung ntcht alle« durchge-
macht? Erst heiduischer Tempel unter dem Namen Thornep, daan Sitz deS
EczbischofS voa Loadon uad Ldtst, unter Heinrtch VIII. geplündert und zu
eiaer Decanet umgewandelt, dann wiederum an etnen sogenaanten Bischof
vecgebea, der dea Rest ihrer Gütec ia der leichtfinnigsten Weise ducchge-
bracht, uuter der Königin Maria wieder hergestellt alS Lbtei, unter Eluadeth
wieder eingezogen uad in etae StiftSkirchs verwandelt, mit einem Decan
und zwölf Präbenden uab einem Hause für Chorknaben, gegenwärttg ziem-
lich zwecklos zur Dotation von Güastlmgen und Sinecuren der hohen Aristokratie
dienend, die in Eagland mittelS etaer -Form regiert, dte aur von Weaigen
anf dem Continente verstanden wird und daher nicht selten der Aataß gar
arger Zrrungea gewesea.

Zum Besten des kölner Dombaues.

Borräthig im Secretariate deS Central-Dombau-BeretnS (RathhauS-
platz Nr. 8):

D i e

neuen Glasgemälde

im Domr zu Köl«,

eis Weihegeschenk Zr. Majestät -es Lönigs Ludwig I.
von Sayers,

beschriebeu von

Eruß Wehden.

3. Anflage, vermehrt durch eine kurze Geschichte der GlaSmslerkuost, so wie
durch Andeutungen über die alten Fenster deS kölner Domes im hohen Chore
uad im nördlichen Nebenschiffe des LanghauseS. Mtt Abbildungen.
PreiS 16 Sgr.

Drr Doui vou Kölv

und daS

ATünfter von Straßburg.

Von

I. v. Görres.

Regensburg, 1842. Prers 10 Sgr.

Die Legende

vou dm heiligell drci Kömgcll.

Nach einer alten Handschrift herausgegeben
von

Karl Simrock.

Preis 10 Sgr.

Berantwortlicher HerauSgeber: I. I. Relle« in Köln.
LowmisfioaS-Berla« und Druck von M. DuMonl-Schauberg in Köln.
(Erpeditton der Kölnischen Zeitung.)
 
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