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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1866 (Nr. 251-261)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1825#0047
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B o r t r a g,

gehalren

im kaffeler Architekten- und Jngenienr-Verein

vori H. v. D e h n - R o t f e l s e r,

Ober-Hosbaumeister in Kaffel.

(Forlsetzung, fiehe Nr. 26V d. Bl.)

Tie Weinherrjchaft der Wgnola'schen Säulenregeln in der Baukunst ist
Loch nun gänzlich beseitigt und macht immer mehr der künstlerischen Würdigung
Mionaler und örtlicher Eigenthümlichkeiten Platz. Man hat einsehen gelernt,
dast die Baukimst Höheres erreichen konnte und nneder erreichen muß, als die
Berzierung ihrer Maffcn mit fremdartigen Forinen, welche nicht organisch aus
dem gewählten Conflructionsprincip hervorgehen. Das tiefere Verständmtz der
Wonumente auS der Zeit höchster griechijcher Kunftblüthe und aus den besten
Zahrhunderten des Mittelalters hal zu der Erkenntniß geführt, daß die hohe
tzchönheit diescr Werks unzertrennlich mit der vollkommenen Wahrheit chrer Dar-
slellungsweise, der stets natnrgemäßen Behandlung der Baumaterialien, so wie
Ler Uebercinstimmuiig ihrer Formen mit dem Charakter der Umgebung, verbun-
de« ist, und diß die nur Sußerliche Ucbertragung der Formen eines Baustyles
aus Gcbüude, bei denen andere Constructions-Bedingnngeii obwalten, nie zu
wahren Kunstwerkcu führen känn. Die mzähligcn Gebäude der neuereu Zeit
Lei denen in mißvcrstaudencr Wcise die Fonnen des clasfischen Styles oder
«ttelalterlicher Architcktur nur alS todter, dem iiineren Organismus fremder
Lchmuck angewandt find, geben überall noch abschreckends Beispiele verwerflicher
Zchein-Architektur gcnug. Dagegcn finden fich aber auch an vielen Bauwerken
wiserer Zeit schon rccht erfreilliche Eraebniffe des neueii durch die kunstgeschicht-
lichm Studicn erweckten Sinnes, welche den Bcweis lieferii, daß ernstliches Fort-
ssteben auf der eingeschlageiien Bahn mit vcrständiger Beniitzung der so sehr
rervollkonimneteii und unigcstaltetcn technischeu Hülssmittel der beste Weg ist, um
die Baukunst imnicr mehr aus dem traurigen charaklerlosen Zustand, in den fie
Jahrhunderte lang versnnken war, empor zu heben und ihr endlich wieder deii
m den Zciten hoher Kunstblllthe siets bchaupteten Platz als erste der drei
Zchwestenünste zu erringen, deffen fie zum großen Nachtheil der gesammten Kunst
zänzlich vrrlustig geworden war.

Mögen die Anfichten der heulizen ^küustler darüber, welche der uns durch
die Kunstgeschichte bekannt gcwordenen Stylenen am geeignetsten zur Anwendung
in unserer Zeit ist, noch sehr aus einander gehen, so wiro doch Niemand im
Ernste wünschen können, daß man fich durch ausschließliche Beschränkung mis
mien dieser Style der maniiichfachen Vorlheile und Lehren, welche uns die Kennt-
iiiß der Dionumente der andercn Style gewührk, gauz entschlage, oder daß man
dic Hülfsmittel unserer erstaunlich fertgßchrittsnen Technik verschmähen sollte, um
sich desto treuer dem gewählten Styl aiiichließen zu können. Solche Einseitigkeit
ist selbst bei der Restauration alter Mouumente nicht iinmsr zu rechtsertigen.
Ne Baukunst unserer Zeit kann nur durch lebendiges Erfassen des Geistes, der
auZ den Dioiiumenten blühender Kiinstperioden so vornehmlich zu uns spricht,
imd durch neues freics Schaffen in diesem Geiste, nicht aber durch sclavische Nach-
bildung der Werke früherer Zeiten aesördert wcrden.

Werden in diesem Siune anch serner noch die verschiedenartigstsn Stylarten
iniutzt und auf unsere neuern Bauwerke angewandt, so kann bei reger Thätigkeit
nii Fortschritt nicht ansbleibcn. Und wenn auch die einzelncn Knnstrichtungen
iioch lange in völligem Gegensatz zu einander bleiben, so wird gerade der in er-
snulichcr Weise ernmchte Wcttstreit der Vertreter dicser Richtungen weit günstigere
Ergebnisse liefern als dis Bestrebungen derjensgen, wslche daraus ausgchen, durch
»schnislziing der Formen vcrschiedene Style und gewaltsames Haschen nach
iiruen originellen Formen niid Combinationen möglichst schnell einen neuen, der
rielgerühmten Aufklärrnia unserer Zeit entsprechendev Baustyl zn erfinden.

Gewissenhasles Bcobachlen imd treues Bewahren alicr nationalcn Bau-
sarmen und des Charakters, welcher fich so mannichfaltig in den durch Kunstwenh
Msgezeichneten Gebänden vei-schiedenee Orte ausgeprägt hat, so wie sorafältigcs
Lermeiden jedcs grellsn Widerspruches gegen die besonderen Eigenthümlichkeiteii
änes Ortes wird hierbei jedem mit feinem Gefühl begabtsu Künstler ost der
beste Leiter sür die Wahl des bei seinen Werken zu beobachtendcn Styles sein
» die ficherste Gewähr leisten gegen jene miisterkarteiiartige Buiitscheckigkeit,
«xlche von Vielen, die anf alleinige Fortbildung eines einzigen Baustyles dringcn,
e!s Folge des längern Fortarbeitens in verschiedenen Stylen befürchtet wird.
Vas sollte z. B. aus Nürnberg, oder um ein uus noch näher liegeudes Beispiel
S ivählen, aus Marburg werden, wenn in Zukunft mir clasfisch-antiker Styl,
»as aus Augsburg, wenn nur der romanische Nundbogcnstyl ans ncue Gebäude
Mewandt werdcn dürfte, was aus Berlin, wenn der golhische Styl zu alleiniger
Veltuiig käme?

Treue Pflsge und Erhaltung der örtlichen Eigenthümlichkeiten gewährt zu-
Atich den besten Schutz gegen die durch deu iiinner niehr sabrikmäßig wcrdenden
«irieb manchcr Baugewerke entstehende Gefahr einer jchablonenniäßig laugwci-
l>W Einsörmigkeit bei vielen wescntlichen Bestaudtheilen unjcrcr Gebüude.

Zum Glück bieten fich von selbst für die Vertreter der verjchiedciien Kunst-
nchtungen meist auch die aeeigneten Aufgabcn, und es liegt in der Nalur dsr
öachs, daß die Hauptkunftschillen der rerschiedenen Richtungen — ivomit hier
mcht die Akadcniien gemeint sciu sollen — sich an solchcn Orten bildcn, wo ihre
bestrebimgeii sich an Vorhandenes von Bedcuiung anlchnen können. Auch zeigt
"seErsahruug aenugsam, dak eine unharmonische Buntscheckigkeit weit östsr durch
j>e Leistungen oerjenigen Architekten, welche den einmal ausschließlich ccwählleii
2tyl unter allen Umständen durchsühren wollen, oder durch gewallsauiss Trachleu
Mch eincni ncuen Baustyt entsteht, als durch verständige Benutzung der verschie-
Men Stylarten bei verschiedcnen Aufgaben und an verschicdeneu Orten.

Der gejchichtliche Sinn unseresJahrhundcrts hat daher ganz bcjouders aiuh
sadurch segcusreichc Ersolge gehabt, daß er überall Anregunq zu grüudlicher
Lurchsorschung, Feststellung nnd Erhnltnng dcr heimatlichen Eigenthünilichkeilen
lab. Auch die Künstler haben cndlich wieder crkanut, wie viel fie sast überall

den alten B-mwerken ibres Heimallandcs lernen können und wie schr es Roth
>hat, die dem Volksbewußtseiii entsremdete Stelluiig, wclche die Kunst eiiiuahin,
»ufzugeben.

Damit muß sich aber bei dem wahren Künstler ein lebendiges Verständniß
des ganzen EntwicklungsgangeS der Kunst und genauc Krnntniß ver Werke aus
allen Zeiten ihrer Blüche vsreimgen.

Jnsbesondere wird wohl kein deutscher Künstler dem unschätzbaren Werih«
seine Anerkmnung versaaen wollen, dm die tiesere Erkemllniß der hellcnischen
Kunst und die gmialen Schöpfungen im Geiste dieser Kunst, welche nach Schinkel's
Vorgang der berliner Schule vornehmlich zu dankm nnd, sür die Ausbiidung
deS künstlerischen Geschmackes habcn. Zur umnittelbaren Benutzung sür die
Baukunst unserer Zeit gewähren dagegen die Monumcnte unseres Vaterlandes
und unserer Vorsahren aus dem Mittelalter die reichste Fundgrube für muster»
gülltge Beispiele einer durchaus naturgemäßen und unseren nationalen Eigm-
thümlichkeiten sowohl, wie unseren klimatischen Verhältniffm vollkommen mt-
sprechenden künstlerischen Behandlung der einheimischen Bmimaterialim. Es brichi
fich immer mächtiger die Einsicht Bahn. daß fleißige Durchforschung dieser Mo-
numente, an denen sich fast überall noch die Spuren ciner bis auf die geringsten
Einzelnheitm durchgeführten kunstreichen Ausbildung vorfinden, die sruchtbarsten
Folgen für die Künst unserer Zeit bereits gehabt hat und serner noch haben
wird.

(Fortsetzung folgt.)

Zweite Dombaii-
Prämiell-Colleüe.

Die Ziehung der zur Beschaffung
reichlicherer Mittel für den Ausbau der
.Kölner Domthürme mittelst Allerhöchster
Cabinets-Ordre vom 30. December v.

I. Allergnädigst bewilligten Prämien-
Collecte ist, uubeschadet der dem Vorstande in Z. 4 Absatz 2
des Planes ertheilten Befugniß, auf

Mitttvoch -eu S. Iannar
künftigen Jahres

festgesetzt, und wird an diefem Tage und an den fol-
aenden Tage», in den Vor- und Nachmittags-
stunden von » biS L« und von S bis 8 Uhr, im
kteinen Gürzenich-Saale zu Köln, — unter genauer
Beobachtung der Vorschriften des Planes (Z. 4.) — Statt
finden.

Köln, den 1. December 1866.

Der Derivaltungs-Ausfchuß
des Centtal - Dombau - Bereins.

rooooooooocxxxxrsoo«

An auswnrlilje Vereins-Mitglieder.

Unsere auswärtigen Bereins-Mitglieder und Dombau-
Freunde, welche ihre Jahres - Beiträge zum Fortbau des
Kölner Domes unmittelbar an die Vereins-Casse einzahlen
und dieselben pro 1866 bisher noch nicht entrichtet haben,
ersuchen wir hiermit ergebenst die Einsendung baldgefälligst
bewirken zu wollen, damit diese Beträge noch in die Rech-
nung von 1866 aufgenomnien werden können.

Köln, den 31. December 1866.

Der Verwaltungs-Ausschnß
des Central - Domban - Vereins.

Extra-Abonnement

aus das

Kölner Domblatt.

Die Bestellungen auf das Eptra-Abonnement ftir den
Jahrgang 1867, welchc auswärtS bei allen königl. Preuß.
Post-Anstalten entgegengeuommen werden, wolle man baldigst
machen. — Der PränumerationspreiS, dessen Brntto-
Errrag in die Dombcm-Vereins-Casse sließt, beträgt hier
wie auöwärts 10 Sgr. für den Jahrgang.
 
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