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Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0026
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— 22 —

(Wahrheit), Din (Gerechtigkeit) und Scholaum (Frieden).
Da aber leider in unserer Gemeinde keine dieser drei
Tugenden geübt wird, war es mir unbegreiflich, wie Szat-
mar bestehen kann. Nach langem Nachdenken habe ich
aber die Lösung gefunden. Gerechtigkeit und Frieden
sind hier natürlich fremde Begriffe, auch Wahrheit im
allgemeinen Sinne ist unbekannt, aber eine besondere Art
von Wahrheit ist es, die hier geübt wird und die unserer
Stadt den Bestand sichert; all das nämlich, was die
beiden Parteien sich gegenseitig vorwerfen, all die Feh-
ler und Untugenden, die sie sich nachsagen, die sind
— leider — wahr.“
♦ ♦ ♦
*) Der erste „Daatsch“ (Deutsche, so nennt man in
Polen die Gebildeten) in Lemberg war ein gewisser Cohn,
der fromm und em tüchtiger Sprachkenner war. Zu ihm
schickte man die Kinder Sabbats zum Verhör. Im Ab-
schnitt Schemini übersetzte ein Kind Scholoch (Pelikan)
mit: „Der mesc.huggene Fisch.“ Cohn liess den Me-
lammed (Lehrer) rufen, und es entspann sich folgender
Dialog: „Warum ist Scholoch der meschuggene Fisch?“
Melammed: „Der Targum (die Uebersetzung des Onke-
los) macht (übersetzt) Schalenuna = nuna ist Fisch,
schalai ist (auf polnisch) meschugge.“ Cohn: „Wenn er
is a Fisch, wie kommt er herein zwischen die unreinen
Vogelarten?“ Melammed: Ueber dem, weil es is take
meschugge.“
# » ♦
Ein anderer Melammed übersetzt seinen Kindern den
Vers: Wehojo taamau kezapichis bidwasch (Und sein —
des Mannas — Geschmack war, wie Kuchen mit Honig)
Und sein Geschmack war wie Zapichis bidwasch. „Rebbe“
(die übliche Anrede der Kinder an den Melammed),
fragt ein Schüler, „was ist das?“ „Ich will es dir er-
*) Die mit einem * bezeichneten Stücke sind dem
Buche: „Der Chassidismus“ von Verus wörtlich entnom-
men.
 
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