Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0027
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 23 —

klären“, sagt dieser. „Du weisst doch, mein Kind, dass
Gott die Kinder Israel nicht auf direktem Wege nach
dem heiligen Lande führte, dass sie vielmehr einen Um-
weg durch die Wüste machen mussten. In dieser schreck-
lichen Wüste gabs nichts zu essen, noch zu trinken und
sie wären elend umgekommen, wenn nicht Gott auf wun-
derbare Weise für sie gesorgt hätte. Wasser liess er
ihnen aus dem Felsen hervorsprudeln und Brot vom
Himmel herunterfallen. Dieses Brot hiess Man, und von
diesem Man ist hier die Rede, und die Thora erzählt
uns nun, dass sein Geschmack war: Kezapichis bidwasch
wie Zapichis bidwasch. Verstehst du nun?“ „Nein,
Rebbe; ich weiss noch immer nicht, was das heisst.“
„Ich sehe schon, du bist ein wissbegieriger Kopf, und
ich muss noch weiter ausholen. Pass also auf. Wie

du weisst, waren die Kinder Israel mit unserem Erz-
vater Jakob nach Egypten gekommen. Anfangs ging es
ihnen dort sehr gut; sie waren angesehen und beliebt.
Als aber Josef und seine Brüder gestorben waren, und
in Egypten ein neuer König aufstand, da änderte sich
alles. Die Egypter peinigten und unterdrückten die
Kinder Israel und wollten sie vernichten. In ihrer Not
schrieen sie zu ihrem Gotte, der sich ihrer erbarmte.
Er schickte Moses und liess durch ihn die Egypter mit
zehn Plagen heimsuchen, bis sie endlich die Israeliten
aus dem Lande jagten. Dann führte er diese auf trok-
kenem Wege durchs Meer, in welchem die ihnen nach-
folgenden Egypter ertranken. Sie zogen dann durch die
Wüste und hatten nichts zu essen, und als sie murrten,
da gab ihnen Gott das Man. Von diesem aber heisst
es hier wehojo taamau und sein Geschmack war keza-
pichis bidwasch wie Zapichis bidwasch. Nun wirst du
es doch endlich verstehen?“ „Leider nicht, Rebbe.“ „Du
hältst mich zwar sehr auf, aber ich will es
dir doch noch ausführlicher erklären“, sagte der Me-
lammed. „Bei allen Menschen war die Kenntnis eines
einzigen, einigen Gottes vollständig geschwunden. Nichts
als Götzendienst herrschte in der Welt. Da war es ein
einziger Mann, der ganz von selbst, durch Nachdenken
und Prüfen, die ganze Nichtigkeit dieser Götter, die nicht
sehen, nicht hören und nicht fühlen, erkannte und zur
 
Annotationen