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Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0043
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— 39 —

Da nehmen sie Maimonides’Werk „More newuchim“ her-
vor, der, in dialektischer Methode, Frage auf Frage Häuft,
um sie nachher zu beantworten, und lesen darin. Da
sie aber von der Tagesarbeit übermüdet sind, schlafen
sie ein, ohne an die Antworten zu kommen. So bleiben
in ihnen die Zweifel haften, die durch diese Fragen her-
vorgerufen werden und diese machen sie zu Apikorssim.“

Auf einer Inspektionsreise seines Kreises merkte Rab-
bi J. Salanter, dass ein Dorf-Schochet, trotzdem er nicht
ganz nüchtern war, seine Amtstätigkeit ausübte. Dieses
gesetzwidrige Vorgehen schien ihm Grund genug zu
sein, den Schochet seines Amtes zu entsetzen. Als man
sich bei ihm für den Abgesetzten verwendete und fragte,
ob denn Trunkenheit wirklich die Absetzung eines Scho-
chet rechtfertige, gab er folgende launige Antwort: „In
der Hagada, im Liede Chad-gadja, heisst es zum Schlüsse:
Und es kam der Todesengel und schlachtete den Scho-
chet. Was hat denn der arme Schochet verbrochen, dass
er getötet wird? Die Antwort lautet: Er hat geschlach-
tet, nachdem er arba kossot (vier Becher Wein, die laut
Vorschrift am Sederabend getrunken werden müssen) ge-
trunken hat.“

Zum Prager Rabbiner, R. Jecheskel Landau, kam ein
Bachur und bat, ihm eine Gemara (Talmudfoliant) zu lei-
hen. Der Rabbi willfahrte seiner Bitte, verbot ihm aber
das bei den Bachurim beliebte Beschreiben der Blätter.
Selbst nur den Namen oder eine ihm angebracht erschei-
nende Korrektur anzubringen, sollte er unterlassen. An
einer Stelle, wo der Ausdruck: chamor-gamal (heisst
wörtlich: Esel-Kamel und bedeutet eine zweifelhafte Sa-
che) vorkam, glaubte der Bachur, der diese Verbindung
für einen Nonsens hielt, einen Druckfehler entdeckt zu
haben und korrigierte für gamal (Kamel) gomur (echt),
so dass aus dem „Esel-Kamel“ ein „echter Esel“ wurde.
Als er das Buch zurückbrachte, sagte der Rabbi, die
 
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