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Krausse, Dirk
Eisenzeitlicher Kulturwandel und Romanisierung im Mosel-Eifel-Raum: die keltisch-römische Siedlung von Wallendorf und ihr archäologisches Umfeld — Römisch-Germanische Forschungen, Band 63: Mainz am Rhein: von Zabern, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.50015#0087
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RELATIVCHRONOLOGISCHE GLIEDERUNG DER WESTLICHEN HUNSRÜCK-EIFEL-KULTUR

71

Die Belegung der archäologisch untersuchten Gräberfelder
der Westeifel bricht mit diesem Zeithorizont ab. Auch in den
übrigen Regionalgruppen ist ein deutlicher Bruch mit der
Aufgabe zahlreicher Bestattungsplätze in HEK IIB festzu-
stellen, so daß das von Haffner379 und Joachim380 vertretene
Modell eines Endes der Hunsrück-Eifel-Kultur in HEK IIB
nach wie vor berechtigt erscheint. Der Frage, ob die kultu-
relle Entwicklung von der HEK zur nachfolgenden Mittel-
latenezeit tatsächlich so diskontinuierlich verlief, wie dies
die archäologischen Quellen vermuten lassen, wird unten (S.
311 ff.) ausführlich nachzugehen sein.
Aufbauend auf den Ergebnissen Haffners hat Parzinger381
eine etwas detailliertere relativchronologische Untergliede-
rung der westlichen HEK, die er unter dem Begriff „Hoch-
wald-Nahe-Gruppe“ {= HN) zusammenfaßt, in 9 Zeitstufen
vorgeschlagen {Abb. 25-26)382. Dieser Versuch wird in der
Forschung kontrovers diskutiert, wobei sich insbesondere H.
Nortmann ablehnend äußerte383. Haffner hat darauf hingewie-
sen, daß eine Unterteilung der Stufe HEK IIA in mehr als drei
Phasen kaum sinnvoll erscheint, weil, wie etwa die Grabhü-
gel-Stratigraphie von Breugenborn-Baumholder zeige, selbst
stratigraphisch gesicherte chronologische Abfolgen mangels
erkennbaren Formenwandels von Gefäßkeramik und Metall-
formen typochronologisch nicht nachvollziehbar sind384.
Prunkgräber
Es wurde oben bereits angedeutet, daß die zahlreichen
Prunkgräber der Hunsrück-Eifel-Kultur nur ausnahmswei-
se chronologisch ansprechbare Gefäßkeramik enthalten und
auch hinsichtlich der Metallformen und Grabformen/Bestat-
tungssitten nur selten mit den einfachen Bestattungen syn-
chronisierbar sind. Haffner385, Echt386 und Parzinger387 haben
deshalb versucht, eigenständige relative Chronologien der
reichen Bestattungen zu erarbeiten {Abb. 27).
An den Anfang der regionalen Prunkgrabentwicklung da-
tierte Haffner vergleichsweise einfach ausgestattete Wagen-
gräber der Gruppe „Hundheim-Bell“, die im wesentlichen
nur im Mittelrheingebiet und im östlichen Hunsrück nachge-
wiesen sind und noch am Ende der älteren HEK stehen. Für
die westliche Hunsrück-Eifel-Kultur ließen sich nur Hund-
heim und Wallerfangen anführen. Am Anfang der Stufe HEK
IIA seien dann mehr oder weniger reich ausgestattete „Adels-
gräber“, wie Theley, Hillesheim, Kärlich Wagengrab 3 oder
Gransdorf gefolgt, also Männergräber mit Wagenbeigabe.
Etwa gleicher Zeitstellung sei das Frauengrab von Worms-
Herrnsheim. Extrem reich ausgestattete „Fürstengräber“,
wie Schwarzenbach 1 und 2, Weiskirchen II, Bad Dürkheim,
Rodenbach oder Reinheim wies Haffner dagegen durchweg
einer fortgeschrittenen Phase von HEK IIA bzw. von Lt A zu
{Abb. 27).
Zu ähnlichen Resultaten gelangte Parzinger {Abb. 27). Et-
wasjünger als die HEK I-zeitlichen Wagengräber der Gruppe

Hundheim-Bell seien die bereits in einer Übergangsphase zur
jüngeren HEK angelegten Bestattungen von Wallerfangen,
Kärlich 3, Hillesheim und eventuell Theley {Abb. 27). Wie-
derumjünger sollen das Frauengrab von Worms-Herrnsheim
sowie die ebenfalls mit etruskischen Schnabelkannen aus-
gestatteten Gräber von Thomm und Rascheid DX sein. Die
Gruppe der extrem reich ausgestatteten Gräber datiert auch
Parzinger durchweg in eine fortgeschrittene Stufe von HN
IIA bzw. Lt A.
In seiner umfassenden Analyse und Katalogisierung sämt-
licher Prunkbestattungen der Frühlatenekultur von Böhmen
und Ungarn im Osten, bis nach Zentralfrankreich im Wes-
ten, hat Echt kürzlich eine detailliertere Gruppenbildung als
Haffner und Parzinger vorgenommen {Abb. 27). „Fürstliche
Gräber“ der Stufe 1 wären demnach, abgesehen von einem
Ausreißer im nördlichen Elsaß, einerseits auf die HEK, an-
dererseits auf die Champagne beschränkt. Zu dieser quan-
titativ kleinen Gruppe zählt er im Mittelrhein- bzw. HEK-
West-Gebiet die Gräber von Dörth, Horhausen, Hillesheim,
Theley „Fuchshübel“, Besseringen und Worms-Herrnsheim.
Größere Zahl und Verbreitung besitzen nach Echt die Prunk-
gräber der Zeitstufen 2 und 3. Zur Zeitgruppe 2 zählt er u. a.
die exzeptionell reichen Bestattungen von Rodenbach, Bad
Dürkheim, Weiskirchen Hügel 2 und Glauberg Grab 1. Der
Stufe 3 sollen - neben zahlreichen anderen Bestattungen - die
nicht minder reichen Gräber von Schwarzenbach und Rein-
heim angehören. Zeitstufe 4 wird in der HEK nur durch das
Frauengrab von Waldalgesheim repräsentiert.

379 Haffner 1976, 156 ff.
380 Joachim 1968, 152.
381 Parzinger 1989, 76-83.
382 Ebd.: HN IA1 ist mit Haffners HEK IA1 vorn Stufeninhalt identisch.
Für den verbleibenden Zeitraum der älteren HEK glaubt Parzinger dagegen
drei Horizonte unterscheiden zu können. Im wesentlichen resultiert dies aus
einer Unterteilung der Haffnerschen Stufe HEK 1B in eine ältere (= HN
IA3) und eine jüngere Phase (= HN IB). Bereits frühlatenezeitlich ist Par-
zingers Stufe HN II Al, die er exakt mit Haffners HEK IIA1 synchronisiert.
Dagegen glaubt er eine feinere Trennung des Fundmaterials der Haffner-
schen Stufen HEK IIA2 und A3 in drei neu definierte Stufen (HN IIA2a,
HN IIA2b und HN IIA3) vertreten zu können. Identisch sind schließlich
wieder die Stufen HEK IIB und HN IIB, so daß die Gliederung Parzingers
für die großen Zäsuren, also den Beginn der HEK, den Übergang von äl-
terer zu jüngerer HEK und für das Ende dieser Kultur keine Veränderung
gegenüber Haffners Chronologie darstellt. Größere Unterschiede ergeben
sich lediglich in der chronologischen Feindatierung: Zum Beispiel ist nach
Haffners (1976, 62) Chronologie mit einer „im großen und ganzen“ konti-
nuierlichen Belegung des Gräberfeldes von Beilingen (Fdst. 283) von HEK
I B (spät) bis HEK II A3 zu rechnen. Dagegen postuliert Parzinger (1989,
81 f.) einen Hiatus während HN II A2a+b.
383 Nortmann 1991; Parzinger 1992.
384 Haffner 1991, 15. - Zu Breugenborn-Baumholder: ders. 1975.
385 Ders. 1976, 93.
386 Echt 1999, 257 ff.
387Parzinger 1989, 89 ff.
 
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