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ARCHÄOLOGISCHE CHRONOLOGIE: SPÄTHALLSTATT- UND FRÜHLATENEZEIT

SPÄTHALLSTATT- UND FRÜHLATENEZEIT (6.-3. JAHRHUNDERT V. CHR.)368

Relativchronologische Gliederung der
WESTLICHEN HUNSRÜCK-ElFEL-KuLTUR
Seit den Arbeiten Schumachers369 und Dehns370 werden die
ältereisenzeitlichen Quellen des Untersuchungsgebiets der
sog. Hunsrück-Eifel-Kultur (im folgenden auch „HEK“) zu-
geordnet. Für den jüngeren Abschnitt der HEK unterschied
Dehn die „Mittelrhein-Mosel-Gruppe“, mit Schwerpunkt am
Mittelrhein und Ausläufern bis in den östlichen Hunsrück
und in die Westeifel, und die im westlichen Hunsrück und
im Nahebergland verbreitete „Hochwald-Nahe-Gruppe“. Die
grundlegende Bearbeitung der Mittelrhein-Mosel-Gruppe er-
folgte 1968 durch H.-E. Joachim. Er beschränkte seine Arbeit
allerdings auf die damaligen Regierungsbezirke Montabaur
und Koblenz, wodurch die Westeifel ausgeklammert wurde.
Erst Haffner veröffentlichte dieses Material 1976 zusammen
mit dem der Hochwald-Nahe-Gruppe. Fortan wurde der von
ihm untersuchte Bereich als westliche HEK, der von Joachim
untersuchte als östliche HEK bezeichnet, obwohl eine Ab-
grenzung beider „Kulturen“ insbesondere in der Eifel, also in
unserem Untersuchungsgebiet, problematisch ist371.
Haffners Chronologiesystem (Abb. 24-25;28), das bis heute
in seinen wesentlichen Zügen Gültigkeit besitzt, baut nahezu
ausschließlich auf den einfach ausgestatteten Gräbern, insbe-
sondere auf der Grabkeramik, auf. Da die reichen Prunkbe-
stattungen nur selten Keramik enthalten, ist ihre Einordnung
und Datierung problematisch und muß gesondert betrachtet
werden.
Chronologie der „einfachen Gräber“
Bei der zeitlichen Gliederung der HEK ging Haffner induktiv
vor, indem er innerhalb seines Untersuchungsgebiets Regio-
nalgruppen unterschied und in einem ersten Schritt für die
„einfachen Gräber“372 jeweils getrennte relative Chronolo-
gien erarbeitete. Für die Westeifel standen ihm im wesentli-
chen die Gräberfelder von Laufeld (Fdst. 162) Beilingen (Fdst.
283) und Peffingen (Fdst. 799) zur Verfügung. Aufgrund von
stratigraphischen und fundplatzchorologischen Beobachtun-
gen zum Verhältnis der verschiedenen Grabformen und der
jeweiligen Typen der Gefäßkeramik, konnten dabei fünf Zeit-
abschnitte der Westeifel-Gruppe unterschieden werden, wo-
bei Haffner373 dem Zeitabschnitt 1 solche Gräber voranstellte,
die er der „Vorgängerkultur“ der Hunsrück-Eifel-Kultur, der
sog. Laufelder Gruppe374, zuordnete.
In einem zweiten Schritt synchronisierte Haffner die je-
weiligen relativchronologischen „Zeitabschnitte“ der Regi-
onalgruppen und definierte insgesamt sieben übergreifende
„Zeithorizonte“ für sein Untersuchungsgebiet (Abb. 24-25;
28): Dem älteren Abschnitt (= HEK I) gehören drei, dem jün-

geren (= HEK II) vier dieser Zeithorizonte zu. Der Hunsrück-
Eifel-Kultur im engeren Sinn geht der Zeithorizont HEK IA1
voraus, der durch Gräber der jüngeren Laufelder Gruppe
repräsentiert wird375. Der nachfolgende älteste Horizont der
eigentlichen Hunsrück-Eifel-Kultur, HEK IA2, ist im gesam-
ten Trierer Land vertreten und läßt sich formenkundlich hin-
reichend scharf vom jüngeren Material des Horizonts HEK
IB trennen. Bei der Gliederung der jüngeren Hunsrück-Eifel-
Kultur in die Stufen HEK IIA und HEK IIB folgte Haffner,
„um einer Begriffsverwirrung vorzubeugen“376, den von Joa-
chim für das Mittelrheingebiet entwickelten Vorstellungen,
obwohl diese Unterteilung für das Trierer Land nur bedingt
zutreffe377. Am feinsten konnte das quantitativ und qualitativ
ergiebige Material der Stufe HEK IIA in die Horizonte Al,
A2 und A3 untergliedert werden. Für die Westeifel gelang es
jedoch nicht - im Unterschied zu den Regionalgruppen süd-
lich der Mosel - , die Horizonte HEK IIA1 und HEK IIA2
eindeutig zu trennen (Abb. 26)™. Sehr deutlich ließ sich in der
Westeifel jedoch der Zeithorizont HEK IIA3 nachweisen, für
den Wintersdorfer Fußschalen und stilistisch-morphologisch
verwandte Gefäße des Zeitabschnitts Westeifel 4 kennzeich-
nend sind. Obwohl er im gesamten Trierer Land sehr schwach
vertreten ist, läßt sich der jüngste Horizont, HEK IIB, zuver-
lässig mit dem Zeitabschnitt Westeifel 5 synchronisieren.

368 Zur überregionalen relativchronologischen Gliederung der Eisen-
zeit im südlichen Mitteleuropa und im kontinentalen Westeuropa bedient
sich die Forschung inzwischen einer sehr komplexen Terminologie, die
für den Außenstehenden nur noch schwer nachvollziehbar ist. Im Rahmen
der vorliegenden Arbeit werden im wesentlichen folgende Terminologien
miteinander kombiniert. 1. Die auf H. Hildebrand zurückgehende Eintei-
lung zwischen Hallstattzeit für den älteren, und Latenezeit für den jünge-
ren Abschnitt der Eisenzeit. 2. Die von O. Tischler anhand der Fibeln und
Schwertscheiden vorgenommene Untergliederung der Latenezeit in Früh-,
Mittel- und Spätlatene. 3. Das inzwischen auch in Westeuropa dominie-
rende Chronologiesystem P. Reineckes mit den ältereisenzeitlichen Stufen
Ha(llstatt) C und Ha D und den jüngereisenzeitlichen Stufen L(a)t(ene) A,
Lt B, Lt C und Lt D.
369 K. Schumacher, Germania 2, 1918, 97 ff.
370 Dehn 1941, 84 ff.
371Joachim 1968, 12 Anm. 32 u. 33.
372 Haffner 1976, 52 ff.
373 Ebd. 84 ff.
374 Krause 1991; Nortmann 1993, 200ff. (mit älterer Lit.).
375 Ein neuralgischer Punkt in Haffners Chronologie ist, daß Gräber der
Stufe HEK IA1 hauptsächlich nördlich, gelegentlich auch dicht südlich der
Mosel vorkommen, an der oberen Nahe sowie in den Regionen um Losheim
und Zerf dagegen fehlen. - Vgl. Haffner 1976, 84 ff. Abb. 16; 154 Abb. 23;
Krause 1991, 49 f. Abb. 3.
376 Haffner 1976, 87.
377 Ebd.
378 Haffner faßte deshalb den Zeitabschnitt Westeifel 3 zu einer Stufe
(HEK IIA 1/2) zusammen.
 
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