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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 2 (Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0152
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stalten für Meyer und Schulze verständlich zu machen, indem sie ihre Art aus?
Komplexen erklärten, die nun wieder so allgemein waren wie Natron zur Be-
hebung von Verstopfung, Rheumatismus und Wahnsinn,
Demgegenüber bringt Gertrud von le Fort eine Dichtung, Sie erzählt diese
großartige, unheimliche und welterschütternde Geschichte derart, daß man
meint, in einem verdämmernden Dom ein Mosaik zu sehen, dessen Funkeln und
Farben, dessen großartige Gesten und Inhalte doch in einer besonderen Weise
von uns abgerückt für sich wesen. Um diese Abgerücktheit zu betonen, fingiert
die Dichterin Chroniken, sie läßt die Chroniken der Juden und der Bürger von
Rom sprechen in kleinen Abschnitten, die wie die feinen Fugen zwischen den
Steinchen der Mosaiken wirken. Von ihnen wird Bild wie Erzählung nicht
zerrissen, sondern bewegt und überrieselt wie von einer metallenen Haut, Als
Gegenstück aus neuerer Zeit wüßte ich nur Penzoldts vollendet schöne Novelle
der „portugalesischen Schlacht“ zu nennen. Von den mächtig und doch un-
auffällig sich einfügenden Bildern seien hervorgehoben der Einsatz und Auftakt
mit dem Papst und dem sich unter dessen Mantel flüchtenden Juden, die
biblisch gewaltige und trauerschöne Darstellung der Mutter Anaclets, die un-
heimliche Geisterstimmung des römischen Forums mit seinen antiken Ruinen
und seinen mittelalterlichen Wehrtürmen, der tragische Verzicht des Papstes
Paschalis im Kampf mit dem furchtbaren Sohn des vierten Heinrich, des Kaisers
Heinrich V,
Die verklärende Schönheit aber verwandelt das wilde, kampfzerrissene Zeit-
alter in ein funkelndes Gedicht, und der Grund zu dieser Schönheit ist die
menschliche Güte, die versteht und sich erbarmt und an Stelle des blinden
Hasses die Weisheit der Liebe setzt. So wird das Werk ein Gleichnis für jede
Zeit. Welche wirkliche Dichtung ist nicht ein Gleichnis? n ’ a b f f

Emil Strauß: Der Schleier,
Geschichten. G, Müller Verlag, Mün-
chen.
Schlicht und anspruchslos nennt
Emil Strauß seine novellistischen
Meisterwerke Geschichten, Die vor-
nehme Tradition C. F, Meyers und
G. Kellers vereinigt sich hier mit einer
gereiften, einmaligen Lebensfülle. Die
Sprachgebung dieser stets aus dem
Wesentlichen erzählten Schicksale und
Begebenheiten wird bestimmt von
einer eigenen, männlich beherrschten
Glut. Den Preis möchte ich der No-
velle „Der Skorpion“ zuerkennen: eine
Dichtung voll dionysischer Tragik, ge-
bannt in eine dämonische Anschau-
lichkeit der Dinge und Gebärden, ein
Penthesilea-Schicksal jäh ausbrechend
aus geruhiger, durchhellter Atmo-
sphäre. R. I,

Hamburger Ausstellungen
im Februar: Kunsthalle (Kupfer-
stichkabinett) Englische Gra-
phik des XIX. Jahrhunderts,

(Neubau) Ernst Barlach, Zeich-
nungen und Drucke / Kunstverein
(Neue Rabenstr. 25-26) Gedächt-
nisausstellung Dorothea
Maetzel-Johann sen, Ölge-
mälde und Aquarelle — Friedrich
W i e 1 d , Plastiken — Frauen von
Frauen gemalt (Gemeinschaft der
Künstlerinnen und Kunstfreundinnen)
— Alfred Ehrhardt, Ölgemälde
— O s t a s i a t i s c h e Keramik,
Richard Haizmann, Keramik /
Museum für Hamburgische Geschichte
Die Neuerwerbungen des
Denkmalarchivs 1930 / Museum
für Völkerkunde Kopien von
Felsbildern aus Südafrika
gesammelt von Leo Frobe-
n i u s / Zoologisches Museum Das
deutsche Voge1paradies
Norderoog, nach Natururkunden
von P. F. Weckmann-Wittenburg / Al-
tonaer Museum Clauss-Rasch-
Schreiber, Garten und Wohnung /
Galerie Commeter Erich Heckel,
Gemälde, Aquarelle, Graphik, Dietz
Edzard, Gemälde, Graphik,

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