Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

DOI Heft:
Nr. 4 (April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0298
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Phonogramme
Gigli und Lauri-Volpi, beide zur Sonderklasse unter den italie-
nischen Tenor-Koryphäen gezählt, erweisen sich auf Electrola DB 1454 und
1438 doch als Sänger höchst unterschiedlichen Ranges, Gigli erscheint mit
zwei italienischen Stimmungsliedern, die immerhin auch ihn zu schluchzigen
Drückern und einem gewissen Paradieren verleiten, Aber wie weich löst sich
sein Ton, wie gefühlsstark faßt er sich zusammen, wie raumtief schwingt er
aus, Lauri-Volpi kann dagegen in Arien von Bellini und Gomez die Unkultur
seines Singens nicht verbergen, das voll Schlacken und Abruptheiten ist und
nur durch sein Material besticht.
Das Bruinier- Quartett hat auf Ultraphon E. 824 für das nachdenk-
liche, den Ernst der Selbsteinkehr spiegelnde Andante cantabile aus Mozarts
C,-Moll-Streichquartett einen sanften, tiefschichtigen Ton, Auf Ultraphon E, 822
bis 823 bewährt es sich in reinem, pulsendem, nie auf der Empfindung herum-
reitendem Spiel nicht minder an dem langsamen Satz aus Schuberts D-Moll-
Streichquartett, der die Melodie „Der Tod und das Mädchen" variiert, ebenso
an dem frohgemuten Scherzo,
Eva Liebenberg verfügt über eine starke, breit und ruhevoll ver-
strömende Altstimme von fast männlichem Gepräge, die auf Ultraphon E, 807
in Händel-Arien besonders schön zur Geltung kommt. Neben dem bekannten
Arioso „Dank sei Dir Herr" ein sanftes, getragenes, melodisch ausgeglichenes
Stück aus dem „Julius Cäsar",
Bachs Brandenburgisches Konzert Nr, 3 in G-Dur, zwei
Allegrosätze von beglückender Festigkeit und Permanenz des metrischen Ab-
laufes, führt auf Grammophon 95417—95418 Wilhelm Furtwängler mit den
Berliner Philharmonikern auf. Eine wunderbar klar und ohne Stocken hin-
schreitende, dynamisch bereicherte, aber nie belastete Nachgestaltung, Schu-
berts Zwischenaktsmusik Nr, 2 zu „Rosamunde" rundet das Plattenpaar ab,
Duette aus Lehars „Schön ist die Wei t", unverdrossen schmei-
chelndes Konversieren im Marschtempo, schlankes Geschmetter nebst Kopfton-
Tirili, Die Galabesetzung Tauber-Gitta Alpar auf Odeon 0, 4980 setzt viel
Verve und Geschmack daran.
Ola Lilith und Wl. Godik vom jüdischen Revuetheater in Warschau
sind in einer Spezialserie der Homocord mit komischen Charakterduetten und
Brettl-Couplets aufgenommen, deren pittoresker Schmiß, deren urwüchsige
Vergnügtheit entzückt. Nur da und dort springt aus dem jiddischen Idiom ein
verständliches Wort heraus, alles übrige bleibt Farbe, Reiz der Fremdartigkeit,
Abglanz volkstümlichen Humors, Besonders zu empfehlen J, 105 und J, 111,
Elisabeth Rethberg erscheint auf Grammophon 95 401 mit dem Ave
Maria aus Verdis „Othello“, dessen Devotion sie mit flehender Leidenschaft-
lichkeit durchdringt, mit Agathes Gebet aus dem „Freischütz", an dessen
mildem Linienbilde sich die edle Gehaltenheit ihres Tones vollends offenbart.
Im sogenannten Nilduett des III. „Aida"-Aktes, zu dem sie Electro DB 1455
mit dem zornglühenden, schmerzlich erregten Bariton de Luca vereint, er-
hitzt der dramatische Zusammenprall ihre Stimme zu Aufschrei entsetzter
Weigerung, dem klagendes Halbverstummen folgt. Die Szene ist gewiß nicht
oft so gesungen worden,
Ravels „Boler o“, rasch als Glanznummer der großen Stabmatadore in
Aufnahme gekommen, wird nun auf Columbia LX 48—49 von Mengelberg den
von der frenetischen Gleichförmigkeit des sonderbaren Werkes hypnotisierten
Hörern wahrhaft eingehämmert. Die wie von monotonen Negertrommeln
durchzuckte, von einer zur andern Instrumentengruppe hinüberwechselnde
Tanzfigur wächst in ständiger Wiederholung allmählich in einen konvulsivi-
schen Stoßrhythmus, in ungeheuer aufgellende Beschwörung hinein.
Wolf radt

254
 
Annotationen