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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 12 (Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0750
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ken) durchaus absprechend geschrieben: von einer Musik, der „alle
Idealität und Reinheit fehle“, von ihrer „materiellen grobsinnlichen
Natur“, ihrer „geistigen Armut“, von der „trivialen und lang-
weiligen“ Siegmund-Lyrik, vom Tristan „ohne einen einzigen
kräftigen Gedanken und ohne zusammenhängende Entwicklung
der Form“,
Bei diesem hamburgischen Wagner-Anlasse hatten die beiden
Dirigenten des altonaischen 31, Regiments und des hanseatischen
Nr, 76 eine Morgenmusik gebracht: zweimal drei Stücke, von jeder
Kapelle einzeln vorgetragen, drei Schlußstücke, die beide Orchester
gemeinschaftlich ausführten. Nach seiner Rückkehr nach Bayreuth
schickte Wagner beiden Dirigenten seinen Dank auf einem großen
Blatt, Noten und Buchstaben fein säuberlich geschrieben. Diese
Nummer des „Kreis“ bringt zum überhaupt ersten Male ein (etwas
verkleinertes) Faksimile des fesselnden Bogens, der aber in Hamburg
nur von wenigen eingesehen worden ist. Links: das Hauptthema der
Rienzi-Ouvertüre (ohne den „Mordent“!), das erste Tannhäuser-
Final (das Wagner indes einen Ton höher notierte), und den Beginn
des zweiten Rienzi-Akts (Wagners Konzept notiert noch E-Dur —
wie in der Oper, in der Reinschrift Es-Dur, eine Tonart, die mit
Rücksicht auf die Bläser bevorzugt worden), Laube dirigierte den
Kaisermarsch, die Freischütz-Ouvertüre und das erste Lohengrin-
Final, Beide Kapellen spielten vereint dann den Wartburg-Einzug
(in B-, also mit Bedacht auf die Bläser, und nicht in H-Dur!), Die
Vorzeichen für den Kaisermarsch (B-Dur) hat Wagner in der Eile
vergessen! Nach Beethovens Egmont-Ouvertüre kam dann die
rauschende Hochzeitsmusik aus dem Lohengrin,
Im Konzept hat Wagner noch zu Anfang: „Dem Musikdirektor
G.“, ebenso bei L, Die Reinschrift macht „Herrn“ daraus. Das
Konzept hat auch die zugehörigen Vorzeichen des Kaisermarsches,
Aber da steht links von den unteren Systemen „Richard“, ganz
rechts „Wagner“, Auch das „Hamburg-Bayreuth“ fehlt im Kon-
zept, Das Doppelblatt dieses Dankesgrußes ist von den Emp-
fängern treulich und fast argwöhnisch gehütet worden, jenen
beiden, die Wagner so angedichtet hat;

Ein Ganzer
Nicht halb ist
Doch wenn Thüringer
Symphonisch
Dann zeigt sich noch
Und Ganzer mit

ist der Laube,
Ganzers Glaube,
und Hanseaten
sich begatten,
ganzer das Ganze
Laube im Glanze,

Der Brief Wagners umfaßt vier engbeschriebene Seiten kleinen
Formats, die sichtlich in großer Hast und starker Erregung ge-
schrieben und teils schwer entzifferbar sind. Der Brief, auf sehr
mürbem Papier, ist in hamburgischem Privatbesitz, Der Meister
hatte in jenen Zeiten wenig über die Ereignisse in München zu

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