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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 12 (Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0800
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Korb aus Stroh zum Verwechseln ähnlich sieht. Ja, richtig, der Korb hat
einen Deckel, und ich öffne ihn. Aber da fährt mir wütend ein langer Hals
mit einem schmalen Vogelkopf entgegen, und unter dem Hals ganz zart liegt
flaumig und piepsend ein Junges,

Selbstbeschwichtigung.
Diamanten waren gestohlen. Man suchte den Dieb, Und ich suchte mit.
Plötzlich sah ich erschrocken, daß an meinem Mantel bunte Splitter und
Stäubchen hingen, und in der Hand hielt ich einen großen indigoblauen Kristall.
Ein Glück, dachte ich, daß es kein Diamant ist!
Das himmlische Finanzamt,
Ich träume — und es ist irgendwo in China, Blau strömt der Himmel und
die Sonne flammt, Rings Täler und Berge moosüberwachsen grün, und einer in
einem Meer von Blüten, das auch die andern leise überschäumt, ragt über sie
alle leuchtend empor. Hier und da durch das Blattgewirr und Blumengeschling
schimmert der Fels hindurch uralt und verwittert in Kurven phantastischen
Malachits, die die Vorstellung eines ungeheuren Kruges in mir erwecken. Ich
blicke hinauf, und wirklich, der Berg hat die Form eines Kruges, und auf
einmal werde ich gewahr, wie die Berge und Täler von Menschen wimmeln,
wie tausend und hunderttausend Männer, Frauen und Kinder, ja das ganze
Volk mit bronzebraunen, kupfergrünen und messinggelben Stirnen und in alle
sieben Farben des Regenbogens gekleidet, Knospen und Blüten in den schwin-
genden Händen, den Berg mit Gesang hinanfluten. Und wie in einem unend-
lichen Strom reißt es mich mit auf die Kuppe des Berges empor, und oben
angelangt, sehe ich vor dem endlos blauen Himmel die gigantische Gestalt
eines Menschen sitzen, das lächelnde Haupt in der Sonne — und es scheint
mir ein irdischer Kaiser und himmlischer Buddha zugleich, Und während ich
die Menschen ihre Knospen und Blüten wie einen endlos grünen Segen in den
Krater des Berges streuen sehe, zuckt es mir plötzlich durchs Hirn: es sind
Teeblüten, tauige Knospen und Blüten, Erstlinge der Ernte da unten im Tal —
und es ist dieser brausende Tag der heiligste Tag des Jahres, denn es ist
heute das alle durchflammende Fest der Abgabe und erschauernd sinke auch
ich in die Knie und beuge mich über den Rand des Kraters und atme den
süßen Duft der Myriaden von Blüten in dem geheimnisvoll dunklen Krug des
Berges wie eine kühle blaue Wolke tief in mich ein und weiß nicht, was ich
denken soll, daß dies fremde asiatische Volk seine weltlichen und kirchlichen
Abgaben dem Gott des Himmels und dem Herrscher der Erde also festlich
in einem entrichtet!


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