Der Apenninübergang. 1. Der Weg.
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die Möglichkeit, an den mittleren Arno]auf zu denken und zu
fragen, ob hier topographische Verhältnisse vorhanden sind, die zu
unseren Nachrichten über Hannibals Marsch besser passen.
Auch von diesem Teile, unter dem ich das sog. Val d'Arno Superiore
von Arezzo an abwärts und die Ebene von Florenz bis zur Golfolina
oberhalb Empoli verstehe, fällt der ganze östliche Teil fort, da hier
in dem Sievetal ebensowenig wie im Arnotal selber oberhalb Florenz
Verbindung' dieser Gegenden mit Carrara. — Zu demselben S. Pellegrino führt auch
die Straße westlich vom Dragonetal hinauf. Ihr höchster Punkt liegt sogar über 1600
Meter. So scheint es, daß der Paß von Radici früher überhaupt noch nicht erschlossen
war und der Übergang noch fast 100 Meter höher als heutzutage gelegen hat.
3. Paß von Cerreto. Diesen Paß habe ich nicht selber gesehen, weil ich
durch einen Sturz mit dem Wagen an seinem Besuche gehindert war. Nach Aus-
weis der italienischen Spezialkarten beginnen die Schwierigkeiten bei Cervarezza
(900 Meter) 7 Kilometer südwestlich von Castelnuovo nei monti, da von hier an eine
Straße beginnt, die mit der via Giardini große Ähnlichkeit hat und auf halber Höhe
mit vielen Windungen hinläuft, da anscheinend im Tale selbst, wie bei der Scoltenna
keine Möglichkeit war, den Weg zu führen und der Höhenrücken hier auch viel zu
uneben ist. Der Aufstieg zur Paßhöhe selber von Cerreto del Alpe an scheint da-
gegen auch nicht schwieriger als am Abetone zu sein. Dann geht es sehr steil
(935 Meter auf 10 Kilometer Luftlinie) nach Fivizzano hinunter, ein Weg, der nach
dem Kartenbilde mit dem Abstieg von dem Paß von Radici große Ähnlichkeit hat.
Was dann aber diesen Paß für ein Heer, das nach Lucca wollte, besonders ungeeignet
machte, ist der Umstand, daß mau von Fivizzano mit nur 326 Meter Höhe noch ein-
mal wiederum 550 Meter über den Colle di Argenia bei Giuncugnano (Paßhöhe circa
876 Meter) hinauf muß, um über die Wasserscheide in die Garfagnana zu gelangen.
Ob dieser Paß dem Altertum überhaupt bekannt gewesen ist, ist sehr zweifelhaft. Die
einzige Angabe, welche auf ihn bezogen werden könnte, ist Itin. Ant. 284: a Parma
Lucam mpin C. ohne alle Zwischenstationen. So fassen die Notiz wenigstens Kiepert
formae orbis Bl. XXIII und Cuntz Jahreshefte des öst. arch. Inst. VII (1904, S. 53).
Ich stimme aber Nissen Landeskunde II 287 bei, daß mit diesem Wege die Cisa ge-
meint ist, und zwar aus dem Grunde, weil der Cerreto gar nicht auf dem Wege von
Lucca nach Parma liegt, sondern auf dem vou Lucca nach ßeggio. Um nach Parma
zu kommen, muß man transversal über den Bergrücken zwischen Secchia und
Enza und zwischen Enza und Parmafluß hinweg. Aber solche Transversalwege haben
im nördlichen Apennin ihre sehr großen Schwierigkeiten, wie ich aus eigenen recht
unangenehmen Erfahrungen weiß. Man vgl. auch Morawetz, S. 31 f. Uber das Mit-
telalter schreibt mir Schütte ..Ungebräuchlicher'"' (als die im Mittelalter sehr viel be-
nutzte Cisa, über die man Schüttes S. 120 zitierte Arbeit vergleichen möge) „und wohl
auch schwieriger ist die Straße von Reggio über Castelnuovo nei monti an der Bis-
mantova vorbei (das ist eben die Cerretostraße). Sie tritt in den großen Zügen nicht
hervor, wird mehr von lokaler Bedeutung sein." Die erste Benutzung dieser Straße
durch eine Truppe finde ich um die Mitte des 16. Jahrb., wo Vettori (Nr. 3 p. 14) schreibt:
„io stimo . . che (Annibale) facesse una di queste due strade ö 1. per la Garfagnana,
che fece a questi anni passati il signor P. Strozzi, quaudo egli condusse in Toscana
Griglioni levatigli da Parma. 2. . . quella della Luuigiana (= La Cisa).
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die Möglichkeit, an den mittleren Arno]auf zu denken und zu
fragen, ob hier topographische Verhältnisse vorhanden sind, die zu
unseren Nachrichten über Hannibals Marsch besser passen.
Auch von diesem Teile, unter dem ich das sog. Val d'Arno Superiore
von Arezzo an abwärts und die Ebene von Florenz bis zur Golfolina
oberhalb Empoli verstehe, fällt der ganze östliche Teil fort, da hier
in dem Sievetal ebensowenig wie im Arnotal selber oberhalb Florenz
Verbindung' dieser Gegenden mit Carrara. — Zu demselben S. Pellegrino führt auch
die Straße westlich vom Dragonetal hinauf. Ihr höchster Punkt liegt sogar über 1600
Meter. So scheint es, daß der Paß von Radici früher überhaupt noch nicht erschlossen
war und der Übergang noch fast 100 Meter höher als heutzutage gelegen hat.
3. Paß von Cerreto. Diesen Paß habe ich nicht selber gesehen, weil ich
durch einen Sturz mit dem Wagen an seinem Besuche gehindert war. Nach Aus-
weis der italienischen Spezialkarten beginnen die Schwierigkeiten bei Cervarezza
(900 Meter) 7 Kilometer südwestlich von Castelnuovo nei monti, da von hier an eine
Straße beginnt, die mit der via Giardini große Ähnlichkeit hat und auf halber Höhe
mit vielen Windungen hinläuft, da anscheinend im Tale selbst, wie bei der Scoltenna
keine Möglichkeit war, den Weg zu führen und der Höhenrücken hier auch viel zu
uneben ist. Der Aufstieg zur Paßhöhe selber von Cerreto del Alpe an scheint da-
gegen auch nicht schwieriger als am Abetone zu sein. Dann geht es sehr steil
(935 Meter auf 10 Kilometer Luftlinie) nach Fivizzano hinunter, ein Weg, der nach
dem Kartenbilde mit dem Abstieg von dem Paß von Radici große Ähnlichkeit hat.
Was dann aber diesen Paß für ein Heer, das nach Lucca wollte, besonders ungeeignet
machte, ist der Umstand, daß mau von Fivizzano mit nur 326 Meter Höhe noch ein-
mal wiederum 550 Meter über den Colle di Argenia bei Giuncugnano (Paßhöhe circa
876 Meter) hinauf muß, um über die Wasserscheide in die Garfagnana zu gelangen.
Ob dieser Paß dem Altertum überhaupt bekannt gewesen ist, ist sehr zweifelhaft. Die
einzige Angabe, welche auf ihn bezogen werden könnte, ist Itin. Ant. 284: a Parma
Lucam mpin C. ohne alle Zwischenstationen. So fassen die Notiz wenigstens Kiepert
formae orbis Bl. XXIII und Cuntz Jahreshefte des öst. arch. Inst. VII (1904, S. 53).
Ich stimme aber Nissen Landeskunde II 287 bei, daß mit diesem Wege die Cisa ge-
meint ist, und zwar aus dem Grunde, weil der Cerreto gar nicht auf dem Wege von
Lucca nach Parma liegt, sondern auf dem vou Lucca nach ßeggio. Um nach Parma
zu kommen, muß man transversal über den Bergrücken zwischen Secchia und
Enza und zwischen Enza und Parmafluß hinweg. Aber solche Transversalwege haben
im nördlichen Apennin ihre sehr großen Schwierigkeiten, wie ich aus eigenen recht
unangenehmen Erfahrungen weiß. Man vgl. auch Morawetz, S. 31 f. Uber das Mit-
telalter schreibt mir Schütte ..Ungebräuchlicher'"' (als die im Mittelalter sehr viel be-
nutzte Cisa, über die man Schüttes S. 120 zitierte Arbeit vergleichen möge) „und wohl
auch schwieriger ist die Straße von Reggio über Castelnuovo nei monti an der Bis-
mantova vorbei (das ist eben die Cerretostraße). Sie tritt in den großen Zügen nicht
hervor, wird mehr von lokaler Bedeutung sein." Die erste Benutzung dieser Straße
durch eine Truppe finde ich um die Mitte des 16. Jahrb., wo Vettori (Nr. 3 p. 14) schreibt:
„io stimo . . che (Annibale) facesse una di queste due strade ö 1. per la Garfagnana,
che fece a questi anni passati il signor P. Strozzi, quaudo egli condusse in Toscana
Griglioni levatigli da Parma. 2. . . quella della Luuigiana (= La Cisa).