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Eigentum hat, die Handel treibt, die sorglos und frei, lebt und die in stetem
Expansionsdrang die Grenzen des Landes weiter verschiebt.
Das Symbiotische, der festsässige gemein wirtschaftliche Agrarzustand ist da-
mit zerbrochen, eine scharfe Gliederung herrscht, ein Ständewesen mit ausge-
sprochener Despotie, die wohl alte gemeinwirtschaftliche Formen noch mit-
schleppen kann, die aber längst das symbiotische Prinzip des freien Rechtes und
der Gleichwertigkeit aller Mitglieder zerstört hat. Auch hier also, ebenso wie
in Kreta, in Mexiko und Benin, ein Eroberervolk, ohne Ruhe, nicht im genossen-
schaftlichen, sondern im herrschaftlichen Zustand mit fester staatlicher Bindung,
mit Klassenschichtung und absolutistischer Herrschaft. In allen diesen Kulturen
ist das Staatsgebilde, wie es die symbiotische Kultur nicht kennt, festgefugt und
festgegliedert. Die beherrschte Schicht setzt jedesmal den Ackerbau fort, die
herrschende Klasse aber führt Kriege, lebt in Tatendrang und Kampfeslust, in
Machtfreude, Stolz und Ehrgeiz, ihr Ausdehnungstrieb schafft Freiheit, Be-
wegung und Leben im Gesamtkomplex des Daseins, ein Denken, das notwendig
die lebensvollere Kunst erstehen läl?t.
Der Herrscher bei den Inkas war die auf Erden wandelnde Gottheit, alles,
was er berührte, wurde heilig. Seine Macht war uneingeschränkt und unbe-
grenzt. AVer sich dem Herrscher nahte, zog seine Schuhe aus. Die Hofhaltung
war von ungeheurer Pracht, alle Geräte bestanden aus Gold und Silber, die
Gewänder des Herrschers wurden von den Priesterinnen aus feinster Wolle
gewebt.
Als bevorrechtete Kaste standen über dem Volk die Mitglieder des Inka-
stammes, aus dem allein der Herrscher hervorging. Sie trugen kurzgeschorene
Haare, mächtige Ohrpflöcke und gefranste Stirnbinden.
Die große Mehrheit der beherrschten Schicht aber waren Ackerbauer. Un-
geheure Wasserleitungen an der Küste, Terrassenbauten an den Hängen der
Gebirge, die oft noch jetzt benutzt werden, waren angelegt worden, um die
Ertragfähigkeit der Äcker zu steigern. Das Land ist nicht sehr fruchtbar und
nur durch die endlose Arbeit vieler Geschlechter gelang es, dem Gebirgsboden
Früchte abzuringen. Dabei wurde keine Schwierigkeit gescheut. Man durch-
bohrte Berge, hieb Wasserbetten in steil abfallende Felswände ein, überbrückte
Täler und Flüsse und legte Moräste und Sümpfe trocken. Oftmals mußten Fluß-
betten durch trockene Gegenden geführt werden, dann wurden riesige Quader-
bauten an beiden Seiten errichtet, hohe Böschungen entstanden, die man außen
mit Rasen bepflanzte. Nach Brehm hatte ein so geleiteter Fluß die Länge von
sechshundert Kilometern und die Tiefe von zehn bis zwölf Fuß.

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