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2. Die Legende von den Jakobspilgern in der bildenden Kunst des Mittelalters. 25

2. Die Pilger werden auf ihrer Weiterreise angehalten und
trotz ihres Protestes durchsucht:

Der aldt das geschür unwissendt trug,
Doch sucht der falsch würth glimpf und fug,
Eilt ihme nach und halt den bilger an,
Nimbt den kopff und thut ihm schand an.

3. Die Pilger werden vor den Richter geführt und angeklagt:

Den alten stiefä an gross Unglück,
Er ward veruhrteilt zu dem strick;
Der söhn der sach den vatter an.
Pur ihn woldt er das laben Jahn.

4. Der Sohn wird an den Galgen gehängt:

Der söhn darauff wird griffen an,
Mit Unschuld musst er das läben lan,
Ward öffentlich an den galgen gehenkt,
Den vatter solches hoch bekrenkt.

5. Der Vater betet vor dem Bilde des hl. Jakobus in Com-
postela:

Bei sankt Jakob er seine fahrt verriebt
Und klagt Gott die jamerliche geschieht,
Fallt auf die kneii und rafft Gott an,
Er wolle seine Unschuld sehen lahn.

6. Der hl. Jakobus stützt den jungen Pilger am Galgen,

während der Vater am Fuße des Galgens betet:

Sanct Jacob, durch göttlichen gewaldt,
Den jungling bey dem leben behaldt,
Welches der vatter innen wardt,
Als er wahr auff der heimmat fahrt.

7. Die Szene zeigt die Gasthofsküche, wo der alte Pilger,
der Wirt und sein Koch Zeugen sind von dem Vorgang der
wieder lebendig gewordenen Hühner, die vom Bratspieß weg
in die Höhe fliegen:

Als bald zeigt er es dem wirth an ;

Der wirth wollt daran kein glauben han,

So dan dein söhn thuet noch leben,

Gewiss so fliegen hinweg die huener von dem spieß.

8. Der schlechte Wirt erhält seine Strafe:

Der würth hat mann gleich gefangen gnohn,
Ihme ward gegeben sein rechter lohn,
Durch sein falschheit und böse tück
Ist er erworgen an dem strick l.

Trotz der späten Entstehungszeit dieses Zyklus liegt ihm die Legende
doch noch in einer frühen Form vor, was ich besonders daraus schließen
möchte, daß die Mutter darin noch nicht auftritt. Der Maler von Tavel hatte
sich offenbar ein älteres Vorbild zum Muster genommen, das er vielleicht
nur übermalte.

1 Vgl. den Aufsatz von Max de Dies- auf diese Publikation durch Herrn Konservator
back in „Fribourg artistique a travers les Dr Schweitzer, früher in Freiburg i. Br., jetzt
äges, avril 1902". Aufmerksam wurde ich in Aachen.
 
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