2. Die Legende von den Jakobspilgern in der bildenden Kunst des Mittelalters. 27
de Compostela in Spanien . . . wohin die Stifter vermutlich gepilgert waren.
Zum Zeichen ihrer Tugenden schmückt sie der hl. Apostel mit der Krone des
ewigen Lebens. Belebt wird das Bild durch zwei weitere Szenen: Man sieht
in der Vorhalle der Kirche einen Tisch mit Geld — anscheinend die von den
Pilgern gespendeten Almosen — und im Freien einen Verkaufsstand mit Pilger-
zeichen, Jakobsmuscheln u. dgl., welche die Pilger mitzunehmen pflegten."
Ähnlich beschreibt auch Marmon das Glasgemälde 1.
Ich habe mich schon oft über die Anmaßung des frommen Jakob Villinger
und seiner Gemahlin Ursula gewundert, die sich nicht, wie es sonst regel-
mäßig geschieht, damit begnügten, als demütig bittende Donatoren unter dem
Bild ihres Patrons zu erscheinen, sondern sich für eine verhältnismäßig geringe
Leistung die Krone des ewigen Lebens reichen ließen. Ist das so ? Man
könnte zu dieser Auffassung kommen, wenn erst eine dankbare Nachwelt,
um den Stifter zu ehren, das Glasgemälde hätte anfertigen lassen. Aber es
stammt von Jakob Villinger selbst, und es ist ein ganz unmittelalterlicher
Zug, daß er sich im Status des Gekröntwerdens hätte darstellen lassen. Die
beiden Personen, die, wie in Überlingen, vor dem Thron des hl. Jakobus er-
scheinen, sind nicht Jakob Villinger und seine Gemahlin, sondern es sind die
beiden Jakobspilger, Vater und Mutter des unschuldig Ge-
hängten. Jakobus krönt sie, um damit anzudeuten, daß er ihr Gebet für
den Sohn erhört habe. Sollte jemand an der Richtigkeit dieser Deutung noch
zweifeln, so möge er sich an die Darstellung der Jakobslegende in Woll-
matingen erinnern, wo St Jakob Vater und Sohn krönt2.
1 Unserer Lieben Frauen Münster zu Freiburg i. Br., Freiburg 1878, 139.
2 Vgl. S. 16.
de Compostela in Spanien . . . wohin die Stifter vermutlich gepilgert waren.
Zum Zeichen ihrer Tugenden schmückt sie der hl. Apostel mit der Krone des
ewigen Lebens. Belebt wird das Bild durch zwei weitere Szenen: Man sieht
in der Vorhalle der Kirche einen Tisch mit Geld — anscheinend die von den
Pilgern gespendeten Almosen — und im Freien einen Verkaufsstand mit Pilger-
zeichen, Jakobsmuscheln u. dgl., welche die Pilger mitzunehmen pflegten."
Ähnlich beschreibt auch Marmon das Glasgemälde 1.
Ich habe mich schon oft über die Anmaßung des frommen Jakob Villinger
und seiner Gemahlin Ursula gewundert, die sich nicht, wie es sonst regel-
mäßig geschieht, damit begnügten, als demütig bittende Donatoren unter dem
Bild ihres Patrons zu erscheinen, sondern sich für eine verhältnismäßig geringe
Leistung die Krone des ewigen Lebens reichen ließen. Ist das so ? Man
könnte zu dieser Auffassung kommen, wenn erst eine dankbare Nachwelt,
um den Stifter zu ehren, das Glasgemälde hätte anfertigen lassen. Aber es
stammt von Jakob Villinger selbst, und es ist ein ganz unmittelalterlicher
Zug, daß er sich im Status des Gekröntwerdens hätte darstellen lassen. Die
beiden Personen, die, wie in Überlingen, vor dem Thron des hl. Jakobus er-
scheinen, sind nicht Jakob Villinger und seine Gemahlin, sondern es sind die
beiden Jakobspilger, Vater und Mutter des unschuldig Ge-
hängten. Jakobus krönt sie, um damit anzudeuten, daß er ihr Gebet für
den Sohn erhört habe. Sollte jemand an der Richtigkeit dieser Deutung noch
zweifeln, so möge er sich an die Darstellung der Jakobslegende in Woll-
matingen erinnern, wo St Jakob Vater und Sohn krönt2.
1 Unserer Lieben Frauen Münster zu Freiburg i. Br., Freiburg 1878, 139.
2 Vgl. S. 16.