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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Roessler, Arthur: Moderne Münchener Exlibris-Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0052
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Moderne Münchener Exlibris-Zeichner.

49. Hans volkert.

Por allem mag da gesagt sein, daß die wunder-
lichsten, beziehungsreichsten Münchener Exlibris, die
voll vieler Geschehnisse sind, wohl der Phantasie und
dem Griffel Albert Weltis entstammen (Tafel 3 und
5. 33). Ich habe Welti einmal einen „wunderlichen
Zaubermeister" genannt, was er mir in einem drolligen
Mißverstehen übel nahm, und in einem kauzigen
Brief, den er mir schrieb, dahin richtig stellen zu
müssen wähnte, daß er ein schlichter Arbeiter und
abhold jedem faulen Zauber sei. So hatte ich es
auch nicht gemeint. Ich wollte damit das Imaginäre
seiner radierten Blätter bezeichnen, und bin noch
heute der Meinung, daß Welti ein Zauberkünstler ist,
dem es gefällt, große und kleine Stahl- und Kupfer-
platten der Kreuz und der Auer mit krausen Ritzern
zu überfahren und dann mit rauchenden Atzslüssig-
keiten zu überschütten, wonach sich auf den blanken
Metallspiegeln sogleich die allerkuriosesten Erschei-
nungen zeigen. Behaglich schmunzelnd beschaut sich
der Zaubermeister sein Bannwerk, und wenn er dann
da und dort noch ein ksexlcin oder ein Tcnfelchen,
oder ein wunderlich Menschlein verborgen wähnt,
überfährt er den magischen Metallspiegel mit seinen

spitzigen Zaubernadeln und beschwört solcherart die
widerspenstigen Geister. Sie alle folgen seinem Mink.
Es gibt kein Sträuben, wenn er ruft; und so unlieb
es ihnen auch fein mag, daß ihr seltsames Tun und
Treiben offenbar wird und den Menschen gewiesen,
können sie eben doch nicht anders und müssen er-
scheinen. Sobald Welti sie aus die metallene platte
gebannt hat, die Wunderlichen, tut er die Platte in
eine mächtige presse und druckt mit dieser das Kupfer
oder den Stahl gegen altes, rauh gekraustes hollän-
disches oder seidenglattes japanisches Papier, auf
daß dieses all das fondersame Geschehen in den
Lüften, in den krummen Winkeln und buckelstein-
gepflasterten und engen Stadtgassen, schrecklichen
Schluchten, weiten Wieswegen und lieblichen Gärten
zeige, daß der simple Alensch und Bürger manchmal
zwar rumoren hört und vorbeisausen fühlt, ohne es
jedoch schauen zu können. Was Welti alles sieht,
läßt sich hier gar nicht sagen; was er sah und sieht,
ist vieles, abervieles und tausendfach Unterschied-
liches; denn nichts, was man sieht, und besonders

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