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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Roessler, Arthur: Moderne Münchener Exlibris-Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0053

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Moderne Münchener Exlibris-Zeichner.

EX

LiBRiS

MARGARETE SCHILDE

H

5;. ffans Dolfert.

was man nicht sieht, entgeht ihm und feinen
Zauberspiegeln; ihm, diesem eigenartigen Meister
Albert Welti, der ein großer Fabulist ist vor Gott, den
Geistern und den Menschen. Vor seinen Blättern
vergißt man den heftigen Streit, ob ein Ginfall der
Phantasie oder eine dichterische Idee malerisch dar-
gestellt werden dürfe; man fühlt nur: Welti darf
darstellen, was er will, weil er darstellen kann, was
er will. In feinen Stoffen ist Welti immer sein
Eigener, und er ist, wie Avenarius, fein deutscher
Entdecker, von ihm sagte, ein Rünstler, „der deutsch
ist vom Ropf bis zur Zehe, nicht etwa absichtlich
„nationalistisch", sondern deutsch einfach vom Blute
her, diesem besonderen Saft, der allem Sehen, Denken
und Empfinden die Farbe des Lebens gibt. Die
poselose Ehrlichkeit, der Respekt vor der Natur, der
sich im Verschmähen alles „Verschönerns" äußert,
die Überfülle von jedes Plätzchen in Beschlag nehmen-
den Einzelheiten, der Mangel an „Stil" in jenem
gewissen Sinne im Einzelwerk, wie in der ganzen
Romposition, das gemütvoll-lustige Pereinziehen von
hundert kleinen Bezüglichkeiten, die Freude an der
Gotteswelt — wirklich, man muß weit herumsuchen,
bis man wen findet, der sein inneres Deutschtum so
vergnüglich-unbefangen „gehen läßt". —

Weltis Exlibris gehören darum auch zu den
von Sammlern und selbst Rünstlern gesuchtesten

Blättern. Es erfreut eben alle, seine in den zier-
lichen Zeichnungen köstlich zum Ausdruck gelangende
Fabulistenart. Reiner stößt sich daran, daß Weltis
Exlibris keine eigentlichen Bucheignerzeichen, daß sie
keine dekorativ wirkenden Marken sind. Die wun-
derlichen Geschehnisse auf den Blättern und die
launige Art ihrer Darstellung, heimelt jeden an, und
nimmt den Sinn gefangen mit ihrem zart zwingen-
den Zauber. Denn er ist eben doch ein Zauberer,
und vermag selbst aus einem Exlibris ein Zauber-
kunststückchen zu machen. Weltis eigenes Bibliothek-
zeichen ist sein einfachstes Blatt (Abb. ^6). Es zeigt fein
Pünschen auf der pöhe des Isarufers bei Pullach,
ihn selbst an der Staffelei emsig wirkend, seine Frau
in der Rüche ihres appetitlichen Amtes waltend, und
beider Rind auf der Schwelle spielend. Das Isartal
mit der ragenden Burg Grünwald führt in die Ferne,
wo man das Gebirge erblickt. Beziehungsreicher ist
schon das nächste kleine Blatt von Welti (^7) für den
als Runstkenner und Mäcen rühmlich bekannten
Fideikommißbesitzer und Majoratsherrn Franz Rose
aus Doehlau. Darauf sieht man, symbolisiert, den
Zeitgeist über die Felder schreiten, die der Mensch
beackert und bestellt, und den Geistessamen neuer
Zeit, in Form von Flugblättern, in die gepflügten,
aufnahmebereiten Bodenfurchen streuen. Ganz voller
Anspielungen, pinweise und Sinnbildlichkeit ist das
große Blatt, das Welti für seinen Gönner radierte.
Es will den Runstmäcen darstellen, der von den
Musen in selige Gefilde geleitet wird zu ewigen
Schönheiten und feinstem Genießen, während im
Gegensatz dazu der Prasser bei schwelgerischem
Male den Neid der Menge erweckt und sich doch
nur den Magen verdirbt.

Dem materiellen Genuß wird
der geistige entgegengehalten.

Man muß sich die vielen
kleinen Figürchen auf ihre
Eharakteristik hin ansehen, die
ganz meisterlich ist und eine
bewunderungswürdige Typen-
vielseitigkeit aufweist. Das
schönste Exlibris von Welti
ist jedoch das, dem Bruder
seines Gönners gewidmete
Blatt: ein „redendes" Exlibris,
d. h. ein, eine Anspielung auf
den Namen des Eigners ent-
haltendes. In einer Rosen-
laube befinden sich zwei Män-
ner, und während der eine
tiefaufmerksam in einem Buche
liest, biegt sich der andere 52. Ejatts Dolfert.

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