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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 69.1918-1919

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Stois, Max: Kunstgewerbe und Luxussteuer
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https://doi.org/10.11588/diglit.10301#0012
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Die finanzielle Bedrängnis des Reiches zeigt sich
aber gerade in dem neuen Warenumsatzsteuer
gesetz in besonders grellem Lichte. In ihm wurde
nämlich ein Gedanke verwirklicht, der, schon vor
dem Krieg von den Finanzpolitikern wieder-
holt erwogen, aus Rücksicht auf bie kulturellen
Bestrebungen unseres Volkes immer wieder ab-
gelehnt wurde: die Besteuerung der Run st.
Zwar ist sich der Gesetzgeber, wie die Begründung
des Gesetzes erkennen läßt, der Tragweite seines
Vorgehens wohl bewußt und weist selbst auf den
zweifellos berechtigten Einwand hin, der hiegegen
erhoben werden kann, daß nämlich eine Gleich-
stellung der Kunst mit sonstigen: Aufwand nicht
dem ideellen Werte, der gerade künstlerischer Be-
tätigung innewohnt, entspricht. Auch glaubt er
einen Rückschlag der Steuer auf den Umsatz der
Künstler selbst im Interesse „ihrer für die Kultur
des Volkes so überaus wichtigen Leistungen", falls
jener wirklich eintrete, sehr bedauern zu müssen.
Allein der Gesetzgeber beruhigt sich mit dem Ge-
danken, daß das Kunstwerk, sobald es in den Pandel
kommt, nun einmal wie jede andere Ware Gegen-
stand der Preisbildung und der Gewinnerzielung
wird und überdies im allgemeinen Kunstwerke
doch nur von „bemittelten Ständen" erworben
werden. Dem Gesetzgeber gilt somit die Kunst,
darüber besteht trotz der gegenteiligen 'Versiche-
rungen kein Zweifel, als „Luxus". Gewiß ist sie,
um ein bekanntes Wort zu gebrauchen, nicht das
Brot, wohl aber der Wein des Lebens und jeder
Mensch, der nur einigermaßen sich seelisch über das
Alltägliche erheben will, hat das Bedürfnis, an
der Kunst sich zu erfreuen und seine Umgebung,
wenn auch noch so bescheiden, mit ihren Werken
zu schmücken. Gerade die Befriedigung dieser
Bedürfnisse aber wird ihm durch die Luxussteuer
nicht unwesentlich erschwert. Denn es handelt sich,
wenn in dem Gesetz von Werken der Kunst die Rede
ist, nicht etwa nur um solche der sog. hohen oder
reinen Kunst, sondern vor allem auch um Werke der
angewandten Kunst, also des Kunstgewerbes.
Die Luxusgegenstände, deren Steuer sich im Ge-
gensatz zur gewöhnlichen Umsatzsteuer auf Zehn
vom hundert beläuft, sind im Gesetz namentlich
aufgeführt. Die Aufzählung ist, und dessen war
sich der Gesetzgeber bei dem Erlaß des Gesetzes
selbst voll bewußt, sehr willkürlich, doch ließ sich
dieser Mangel, wenn anders die gerade von den
breiten Massen des Volkes oft geforderte Luxus-
besteuerung nicht an den Schwierigkeiten der Er-
hebung und Kontrolle scheitern sollte, nicht ver-
meiden.

Im einzelnen beschränkt sich die Luxussteuer auf
jene Gruppen von Gegenständen, die, nach Art
und Stoff leicht erkennbar, in wenigen den Steuer-
stellen und dem Publikum leicht kenntlicher: Ge-
schäften veräußert zu werden pflegen, -von den
. einschlägigen Bestimmungen kommt, soweit sie
für das Kunstgewerbe von Belang sind, zunächst
§ 8 Ziff. t des Gesetzes in Frage, demzufolge
Edelinetalle, perlen, Edelsteine, synthe-
tische Edelsteine, Halbedelsteine und Gegenstände
ans oder in Verbindung mit diesen ein-
schließlich der init Edelmetall dublierten und plat-
tierten sowie der unechten platinierten, vergoldeten
oder versilberten Gegenstände der Luxussteuer
unterliegen. Man denkt bei dieser Bestimmung
zunächst an den Betrieb der Goldschmiede,
doch bezieht sich die erhöhte Steuerpflicht nicht
etwa nur auf Schmucksachen, sondern überhaupt
auf alle Gegenstände, die aus den oben genannten
Stoffen hcrgestellt sind. Unter dieser Voraussetzung
erscheinen auch Gebrauchsgegenstände wie etwa
Teeservices, Eßbestecke, Rauchutensilien, ja selbst
Gold- und Silberstickereien erhöht steuerpflichtig.
Bei unechten Gegenständen ist es gleichgültig,
aus welcher Masse der Gegenstand hauptsächlich
besteht und wie dünn die verwendeten Edelmetalle
sind, so daß auch Gegenstände aus Reusilber,
Alpakka, Messing, Bronze oder Eisen, die plati-
niert, vergoldet oder versilbert sind, erhöht steuer-
pflichtig werden.

pänfig bestehen die kunstgewerblichen Gegenstände
nicht lediglich aus den in § 8 Ziff. \ des Gesetzes
genannten Metallen oder Steinen, sondern sind
noch mit anderen Stoffen zusammengesetzt.
In diesem Falle entscheidet sich die Frage, ob Zehn
vom pundert oder Fünf vom Tausend als Steuer
zu entrichten sind, nach dem wertvolleren Be-
standteil. Ein Stock mit silbernem Knopf oder eine
Glasperlenkette mit silbernem Schlößchen ist daher
von der Luxussteuer nur dann befreit, wenn das
polz des Stockes oder die perlen der Kette den
aus Silber gefertigten Teil des Gegenstandes an
wert übertreffen. So mag allerdings mancher
Gegenstand, der nach der allgemeinen Verkehrs-
auffassung als Luxusgegenstand gilt, der erhöhten
Besteuerung entgehen, zumal bei den: erwähnten
Vergleich nicht npr der Material- sondern auch der
Verarbeitungswert mitzuberücksichtigen ist.

Von wesentlicher Bedeutung für das Knnftgcwerbe
ist ferner § 8 Ziff. 3 des Gesetzes, pienach erhöht
sich die Steuer von 5 v. T. auf ^ov.p. auch bei der
Lieferung von „Werken der Plastik, Malerei und
Graphik sowie von Kopien und Vervielfältigungen

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