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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 6
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Jessen, Jarno: Berliner Kunstsalons
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Kunstchronik
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Nr. 6

Die Aunst-Halle

89

Töne schlägt Pollmann aus Karlsruhe an. Er liebt
es unter riesigen Zedern, hinter deren dunklem Laub lichte
Wolken glänzen, antike Menschen zu zeigen. Böcklin hat
bei ihm Pathe gestanden; aber Pollmanns Romantik ist
seicht, wird jedoch durch koloristische Reize und sorgsame
Ausführung schmackhaft gemacht. Steinhaufens leise,
streichelnde Art des Naturnachschaffens erfreut seine Lieb-
haber auf zwei Landschaftsbildern. Auch von Max Fritz
gewähren drei lichte, zierliche Aquarelle Freude. R. Guhr
hat den Muth, seine harte Methode, die doch so großen
Fleiß und entschiedene geistige Eigenart verräth, in einer
neuen Malerei auf polz fortzusetzen. Er erweckt aufs
Neue Interesse an seiner Weiterentwicklung Lin Genuß
ist die kleine, erlesene Schwarzweiß-Ausstellung Felsingscher
Kupfer-Aetznngen nach Leibls Werken. Sie bringen in
ihren weichen Tönen, die mit der Radirnadel etwas über-
gangen sind, die Originale zu schöner Wirkung. Ebenso
gewähren die Radirungen des Züricher p. Gattiker
durch technische Feinheiten und poetischen Stimmungsgehalt
große Freude. Gurschner aus Wien ist in seinen Bronze-
Kleinplastiken bestrebt, Vallgren nachzueifern. —
ponrath L Van Baerle bieten neue Schmuckstücke
für elegante Salons. In diesen heiligen fallen kennt
man keine starke Kunst, hier gilt es stets, ob mit ob ohne
Bedeutung, nur gefällig fein. Von Tirat elli, einem
neuitalienischen Menzel, ist das bunte Jahrmarktstreiben
eines römischen Volksfestes mit feinen Händlern und
Musikanten, seinen Eseltreibern, Eontadinas und Bambinis
voll Farbenlust und subtilster Wiedergabe festgehalten.
Einige Gestalten und Gruppen des Bildes enthüllen dem
Betrachter eine Fülle malerischer Feinheiten. Der zer-
klüftete Felskoloß Lapris mit seinem tiefblaustrahlenden
Wassergürtel ist von Nerly in großer Feinheit gemalt.
Enrique Serra zeigt ein Stückchen römischer Maremmen
mit zierlichem Schilf und Wasserrispengewirr in grauen
und grünen Tönen, während die venetianer bei Schulte ihre
schöne peimathstadt in leicht- oder schwerverhüllender
Atmosphäre lieben, zeigt Munoz und Sen et die lange
Häuserzeile des Vanals Oranäs in hellstem Licht, das jede
feine Linie der Architekturen klar heraushebt. Pradillas
Folger Barbazan zeigt eine Prozession kleiner, weiß-
gekleideter Mädchen in zierlichster Wiedergabe. Gallegos,
Salinas, March beweisen ihre genugsam bekannte
Eigenart in spanischen und italienischen Volksszenen.
Pampa, Spieler, wopfner, Ehierici haben Bilder
ausgestellt, deren Besitz dauernde Freude bereiten muß.
Einige ältere A. Achenbachs und der letzte Vautier
sind historisch interessant, von deutschen Meistern erfreut
sonst noch Linde rums „Klosterküche", und Oskar
Frenzel beweist in einem älteren Thierstück, daß vielen
Vertretern unserer modernen Richtung eine umgekehrte
Evolution zu wünschen gewesen wäre. Lin Stillleben
Vogtländers fällt durch Originalität und distinguirte
Farbenstellung auf. Jarno Jessen.
T
Aunstchromk.

* Berlin. Aus dem Reichshaushaltsetat für
lMV Für die bildnerische und malerische Ausschmückung
des Reichstagsgebäudes kommen fernere (ooooo Mk. in

Frage. Die Jahresrate für das Kaiser Friedrich-Denkmal
beträgt (5OOOO Mk. Das Präsidialgebäude für den Reichs-
tag wird t 27^000 Mk. erfordern. — Bei der Ausmalung
der Dom kuppel nach den bereits genehmigten Entwürfen
A. von Werners, welche die acht Seligsprechungen der
Bergpredigt zum Gegenstand haben, kommen q.8 (Quadrat-
meter Fläche für jedes der acht Felder der Kuppel in Be-
tracht. Die Ausführung soll nach den Kartons, die zunächst
in Angriff genommen werden, in Mosaik erfolgen. — Der
Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen veranstaltet,
wie alle Jahre, zwischen dem 2 und 23. Dezember in den
Räumen Eichhornstr. ( eine kunstgewerbliche Weihnachts-
messe. Der Eintrittspreis beträgt so Pf.
* Magdeburg. Städtisches Museum. Aus der
G- Kühl-Ausstellung, die kürzlich in dem Ausstellungssaal
des Kunstvereins stattfand, hat das städtische Museum das
meisterliche Gemälde „Schlachthaus in Lübeck" erworben.
* Leipzig. In der Kunsthalle von Beyer 8c Sohn
in Leipzig erregte, nach dem „B. L.-A." die Sonderausstellung
des Berliner Malers und Illustrators E. M. Lilien be-
rechtigtes Aufsehen. Sie enthält über fünfzig Nummern,
(Heils selbstständige, geistvolle Kompositionen, theils Buch-
illustrationen vornehmster Art. Vor: den ersteren nennen
wir „lox peinze", das Sinnbild der Prüderie, welche dem
Genius die Flügel beschneidet, ferner „Engel und Teufel
Schach spielend", eine sinnreiche Verkörperung des Kampfes
der guten und der bösen Gewalten. Unter den Buch-
illustrationen ragen die Arbeiten für eine von Lattmanns
Verlag angekündigte Gedichtsammlung B. v. Münchhausens
hervor. Das ganze Werk ist von Lilien einheitlich aus-
gestattet. Die Textumrahmungen, die ganzseitigen Illustra-
tionen der Dichtungen, die Vignetten, das Vorsatzpapier,
der Titel und Umschlag sind in denselben Zierformen, dem-
selben zeichnerischen Stil gehalten. Besonders schön sind
die Umrahmungen, deren Motive stilisierte Pflanzen,
Dornengeflecht, Weinranken, Disteln, Mohn in kräftiger
Zeichnung sind.
* Leipzig. Man schreibt uns: Das Versandgeschäft
Mey 6c Edlich in Leipzig-Plaqwitz, Kgl. Sächs. und Kgl.
Rumänische Poflieferanten, eine bekannte Großfirma,
welche für den persönlichen und Pausbedarf allerhand
Artikel versendet, bietet auch Wandbilder in polzrahmen,
„ Pa ndma lerei", 8 Stück, das Stück von 6P4 bis (6 Mk.
Diese Bilder sind offenbar für die „gute Stube" „gut-
bürgerlicher" Kreise bestimmt — ob sie wirklich gekauft
werden? Und wer malt solche Sachen? welche Fabrik
— offenbar Rahmenfabrik — giebt ihre Massenfabrikation
in Auftrag? Und was bekommt der „Künstler" für diese
„pandarbeit"? Welchen Nutzen stiften solche „Geschmacks-
bilder" ? Kauft man in einem solchen Falle nicht Rahmen
sogar mit Bildern? Drückt sich nicht mit solchem Bilder-
kauf der Bürgersmann um den Kauf eines Kunstwerks,
das doch in die gute Stube gehört, herum? Fördert nicht
obendrein solche Marktwaare die Eitelkeit des Käufers,
der sich durch einen solchen „Wandschmuck" im Besitz eines
„Oelbildes" weiß? Nun frage man einen jungen begabten
Sezessionisten, der den „ganzen Mann" in eine Studie
warf und dessen Bilder vom Kunstpöbel als Schmierereien
verhöhnt werden, mit welchen Gefühlen er von einem
solchen Kunsthandel hören mag! Rob. Wirth.
* Dresden. Prof, per mann Prell hat den Auf-
trag erhalten, die von ihm für zwei Nischen im Treppen-
hause des Albertinums, für das die malerischen Entwürfe
gleichfalls schon von dem Künstler vollendet sind, geschaffenen
kolossalen Figuren der Aphrodite und des Prometheus in
vielfarbigem Marmor auszuführen — Die Thoma-Aus-
stellung im Dresdner Kunstsalon (Viktoriahaus) ist ebenso
wie die Stöving-Kollektion noch um einige Stücke ver-
mehrt worden. So sind neuerdings von dem Berliner
Maler einige kunstgewerbliche Arbeiten ausgestellt, während
in die Thoma-Kollektion die berühmte „Engelswolke" und
ein apartes Blumenstück ausgenommen worden sind. —
Die Ausstellung von Werken Dresdner Künstler in
Emil Richters Kunstsalon (Pragerstraße) fand dauerndes
Interesse. Beiheiligt waren mit einer größeren Reihe von
Arbeiten die Künstler Bantzer, Müller-Breslau, pexino,
pöxxelmann und Ritter.
 
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