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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 3
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Berlinder Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0054
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Format. Velſon hat namentlich der in Proftl geſtellten
Figur einer jungen Geigerin Frau C. St, aber auch mit
der einer etwas angejahrten Dame, deren durchgeiſtigte
Züge ſympathiſch wirkten, Eindruck gemacht. Halmi weiß
ſich entſchieden friſcher und pikanter zu geben, ſeine ge-
ſchickte Mache wird ihn ſchnell in Mode bringen. Arthur
Ratzka, Berlin, bot eine Sammlung von Köpfen in Blei
und Aquarell, von Zeitgenoſſen, die theilweiſe recht
charakteriſtiſch aufgefaßt waren.

Daß unſere heimiſchen Pinſelführer als Pfleger des
idealen Darſtellungsgebietes heutzutage minder ehrgeizig
ſind, überraſcht immerhin. Müller-Schönefelds Liebes-
paar „Unter Boſen“ iſt auch durch die gute Zeichnung der
Aktfiguren bemerkenswerth. W. Weimars grüngetöntes
Waldidyll mit dem Bitter, der einen Nixentanz belauſcht,
war mir als Malerei weniger erfreulich. Weiter enthielten
die beiden letzten Schulte-Ausſtellungen Landſchaften von
Karl Holzapfel, die, wie ein „Mondaufgang im Sauer-
lande“, „ein Begentag im Juli“, kräftige maleriſche Beize
beſaßen, dann Potsdamer Anſichten u. a. märkiſche Natur-
ſchönheiten von Fritz Rumpf, Potsdam, zehn ganz famoſe
helltönige Aquarelle „Aus Sylt“ von Hans Bohrdt, ältere
farbenfriſche Thier- und Landſchaftsbilder von W. Zügel,
illuſtrative Arbeiten in Aquarell und Zeichnung von Bené
Reinicke, die durch ſeine früheren Schilderungen der
Jeunesse dorée freilich noch überboten ſind, Genreſtücke von
Georg Schöbel, Landſchaften ꝛc. von Fritz Gverbeck, L.
Sandrock, Agathe Hermann und Plaſtiken von Joh. Boeſe
und R. Pfreßjſchner. —

2
Runſtchronik.

Berlin. Der Bau der neuen akademiſchen
Hochſchulen geht ſeinem Ende entgegen. Auch diejenigen,
welche an die Ausführung des mit ſo großen Mitteln er-
richteten Akademiegebäudes an der Hardenbergſtraße in
Charlottenburg durch die Firma Kayſer & von Großheim
nicht gerade beträchtliche Erwartungen geknüpft haben,
werden noch enttäuſcht ſein über das überaus mäßige
baukünſtleriſche Reſultat. Ja, es werden unpartheiiſche
kunſtrichter den Spruch fällen müſſen, daß ſelbſt das alte
nüchterne „Stallgebäude“ Unter den Linden vom Stand-
punkte der künſtleriſchen Repräſentation der neuen, in un-
zählige verſchiedene Theile zerriſſenen Bauanlage noch bei
Weitem vorzuziehen ſei, wenn auch natürlich der Geſichts-
punkt der Nützlichkeit und Bequemlichkeit, dank eben den
opulenteſten Mitteln, die der Staat gewährt, in dem neuen
Gebäude beſſer hat betont werden können. Selbſt die
Hauptfront der neuen Akademie in ihrer wenig originellen
Spätrenaiffance macht gar keinen nennenswerthen Eindruck,
und ſicherlich wird die nüchterne Art des Bildhauers
L. Manzel, der den Löwenantheil bei der Dergebung der
plaſtiſchen Ausſchmückung erhielt, ſchwerlich den Reiz dieſer
Architektur heben können. Es wäre wohl zu wünſchen,
daß eine phantaſievollere und eigenartigere Kraft zu den
wichtigſten plaſtiſchen Arbeiten der Bauſchöpfung herange-
zogen werden möchte.

* Berlin. Die Geſellſchaft Deutſcher Aquarelliſten,
der Künſtler-Weſt-Hlub, die Vereinigung „Freie Kunſt!,
der Märkiſche Künſtler-Sund und der Klub Berliner Land-
ſchafter haben ſich zu einer gemeinſchaftlichen Veranſtaltung
zuſammengethan. Die Ausſtellung ſoll im Künſtlerhauſe
{tattfinden. Hoffentlich gelingt es den vereinten An-
ſtrengungen, Leben in die bereinſamten Räume zu hringue.

* Hannover. Ein Kunftfalon wurde hier in
einem Bauſe an der Georgſtraße kürzlich eröffnet. Er iſt.
auch von auswärtigen Malern gut beſchickt worden.

Braunſchweig. Im Kunſtſalon Dörbandt
wurden zwei Werke Arnold Böcklins ausgeſtellt: „Pieté“,
gemalt 1822, und eine kleine „Landſchaft“ von 1845, eine
der früheſten Arbeiten des verſtorbenen Künſtlers.

*Leipzig. Bei ittentzwey-Windſch ſtehen
dieſes Mal außer dem Böcklin-Nachahmer Bertinelli, der
ein einheimiſcher Künſtler iſt, Mar Thedy, Weimar, mit
ſeiner Schilderung des „Perlorenen Sohnes“ und Johannſen,
Tondern, im Mittelpunkte der Sammlung.

*Dresden. Bei Emil Richter haben Niitglieder
der Pariſer Société moderne des beaux arts mit neuen
Werken die Herbſtausſtellung dieſes Salons eröffnet. Es
ſind vertreten: Bourget, v. Pronol, Francis Auburtin,
Milcendeau, Détroy, Monod, Allan Gſterlind. Eine große
Auswahl franzöſiſcher Goldſchmiedearbeiten 2c. von Victor
Prouvé, einige Gläſer von Gallé vermehren noch die Fülle
deſſen, was der Salon jetzt bietet.

»*koburg. Der Kunſtverein hat ſeine neue
Kunſtausſtellung am 20. Okt. eröffnet. Eine erfreu-
liche Theilnahme der gebildeten Kreiſe gab ſich von vorn-
herein kund. Die ausgeſtellte Zammlung bietet namentlich
in Landſchaften tüchtige Leiſtungen. Mehrere Weimarer
Künſtler, an der Spitze Th. Hagen, ſind erſchienen; auch
München und Berlin ſind vertreten. Unter den ein-
heimiſchen Kräften fällt am meiſten W. Knoll mit einer
Anzahl wirkungsvoller Kaukaſuslandſchaften in Gel und
Aquarell auf.

*Breslau. Bei Lichtenberg (Kunſtverein) kamen
unlängſt zahlreiche Studien aus dem Nachlaß von Otto
von Kamecke zur Ausſtellung.

»Hambürg. Im Muſeum für Kunſt und Ge-
werbe: Ausſtellung japaniſcher Farbenholzſchnitte, die einen
Ueberblick über die hiſtoriſche Entwicklung dieſer volks-
thümlichen Kunſt Japans gewährten. — Bei Commeter:
Sammlung von über 30 Gemälden der „Glasgow Boys“.
— Bei Stettenheim: Werke von Prof. Weichberger,
E. von Benazzi-München, M. Hoenow, Ad. Eberle u. a.

* Kiel. Die Ausſtellung der Schleswig Hol-
ſteiniſchen Runſtgenoſſenſchaft in der Kunfthalle
wurde von ca. 45 Künſtlern mit etwa 150 Uunſtwerken
beſchickt; ein größerer Saal und vier Kabinette ſind ihnen
eingeräumt. Die Genoſſenſchaft iſt ſeit der Zeit ihres
ſiebenjährigen Beſtehens von 34 auf 108 Nitglieder ange-
wachſen und hat vier größere Jahresausſtellungen und
zwei kleinere Ausſtellungen von Aquarellen, Paſtellen 2C.
beranſtaltet. In nächſten Jahre wird ſie ſich Forporativ
an der deutſch-nationalen Ausſtellung in Düſſeldorf be-
theiligen.

* Krefeld. Im Muſeum find neu ausgeſtellt:
Landſchaften des Büſſeldorfers W. Hieronimus, Werke
von W. Beckmann und H. Schmiechen, Berlin, Chr. Rohlfs,
Weimar, A. Lutteroth, Hamburg. 2

»Frankfurt a. M Im Kunſtperein, dominirt
die aus 24 Nummern beſtehende Porträtausſtellung von
Kud Bereny. Da iſt das Bildniß des Kapellmeifters
Dr. Rottenberg, das uns den Dargeſtellten in voller Figur,
bequem im Lehnſtuhl ſitzend, vorführt. Mit ſeltenem
Feingefühl iſt das maleriſche Milieu der Dämmerftimmung
mit in die Barſtellung verwoben. Das Bildniß des Herrn
H. iſt ein köſtliches Virtuoſenſtück in Bezug auf, maleriſche
Lichtvertheilung. Das Porträt Hans Thomas, die Bildniſſe
Kammerfänger Pichlers, Prof. Heermanns und das ſeelen-
volle Bildniß der Frau Tilla Schwerdt zählen mit zum
Beſten was Berenys diſtinguirte Porträtkunſt bisher ge-
fchaͤffen. von den Paſtellen nenne ich das liebreizende
madchenbildniß und ein paar Studienköpfe. Lediglich auf
maleriſche Tönwirkung gearbeitet iſt ein anſpruchzlos
arrangirtes „Stillleben', wie denn auch die genxeaxtigen
Sujets: „Im Dorzimmer”, , Adagio' und „Andacht
(durch die Keproduktion in der „Kunft-Halle“ bekannt ge-
worden) zumal durch maleriſche Feinheiten, beſtechen.

* München. Aus der Ludwigskixche. Ueber den
ſchlechten Zuſtand der Fresken von Cornelius wird
öffentlich Klage geführt. An den Deckengemälden richtet
der Mauerfräß ungehindert ſeine fortſchreitenden Zer-
ſtörungen an. In den Ecken der Wandflächen hahen ſich
maͤchtige Spinnengewebe ſeßhaft gemacht, ebenlo in den
Arkaͤden, die die Anlage des die Kirche umziehenden Kreuz-
 
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