Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Pudor, Heinrich: Die bildende Kunst in Finland, [4]
DOI Artikel:
Ruhemann, Alfred: Von belgischer Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0064
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

2

Nikolaiplatz in Obo 1888 errichtete Bronze-Statue
Peter Brahes genannt werden. Auch hier haben
wir es mit einem ganz vorzüglichen Werk zu thun.
Der Künftler hat den großen Statthalter im Koſtüm
ſeiner Zeit, mit Schlapphut, Degen, Wamms, Pump-
hoſen und Stulpenſtiefeln dargeſtellt, wie er, den


die rechte mit der Geſetzesrolle auf die Bruſt gelegt,
den rechten Fuß etwas vor- den linken zurückgeſetzt,
die Worte ſpricht: „Ich war mit dem Lande und
das Land war mit mir zufrieden.“ Vichts Kon-
ventionelles, nichts Geſpreiztes oder Modellartiges
findet man in dieſer Geſtalt, Alles iſt friſch und ur-
ſprünglich empfunden und die Technik iſt meiſterhaft.
Uebrigens mag erwähnt werden, daß den urſprüng-
lichen Auftrag für das Kaiſer Alexander-Denkmal
auf dem Senatsplatz nicht Runeberg. ſondern Ta-
kanen erhalten hatte. Erſt als Takanen, bevor er
an die Ausführung des Auftrags gehen konnte, ſtarb,
wurde Buneberg mit demſelben betraut. Buneberg
ſtand urſprünglich noch viel mehr in dem Banne der
klaſſiziſtiſchen Schule, als Takanen; das erhellt aus
ſeiner Gruppe Apollo und Marſyas aus dem Jahre
1872, jetzt im Muſeum zu Helſingfors — ein ganz
konventionelles, hohles, theatraliſch wirkendes Werk.
Aber Buneberg entwickelte ſich aufs Günſtigſte mehr
und mehr nach der realiſtiſchen Seite hin: man kann,
um dieſe Entwicklung zu kennzeichnen, der genannten
Gruppe die im Stockholmer Nationalmuſeum befind-
liche Porträtbüſte A. Foyxells gegenüberſtellen, ein
Werk, das durch die Charakteriſtik und Bealiſtik be-
merkenswerth iſt.

Neben ABuneberg verdient Bobert Stigell
(geb. 1852) genannt zu werden, der auf der letzten
Pariſer Weltausſtellung die goldene Medaille erhielt.
Er war, im Gegenſatz zu Buneberg, von Anfang an
Bealiſt. Von ihm rührt die ausgezeichnete plaſtiſche
Gruppe „Der Schiffbruch“ her, die man in den An-
lagen des GObſervatoriums von Helſingfors ſieht.
Sie ſtellt eine Familie auf dem Wrack eines unter-
gegangenen Schiffes dar. Das Weib iſt ſchon nieder-
gefunken, der Mann, der auf dem linken Arm ein
Kind trägt, ſteht noch aufwärts, die Bechte hoch er-
hoben, und ſchreit nach Aettung. Der ganze Trotz
und Starrſinn des Finen im Kampfe mit den Vatur-
gewalten iſt hier zum Ausdruck gebracht, der Auf-
bau der ganzen Gruppe in Pyramidenform vorzüg-
lich gelungen und die Technik modern und über-
raſchend. Bemerkenswerth iſt die Art, wie die Leiber
der ſchon Viedergeſunkenen aus den Trümmern des
Schiffes und aus dem Metalle hervorwachſen, in der
Art, wie es Bodin liebt. Vergegenwärtigt man ſich
nun die Aufſtellung dieſes Monumentes auf einem
ſteilen Hügel hoch über dem Meere, ſo wird man
die Wirkung, die es ausübt, begreifen. Von den
anderen Werken Stigells ſeien die vorzügliche Stein-
büſte „Ein Arbeiter“ und die Reliefs „Wäiömöinen“

und „Hmarinen“ an der Faſſade des Studentenhauſes
in Helſingfors genannt.

Eines der bedeutendſten Talente der jungfiniſchen
Plaſtik iſt ferner der Bildhauer Vallgren (geb.
1855). Dille Vallgren iſt in der ganzen Welt be-
kannt durch ſeine wie ätheriſche Weſen anmuthenden
Bronzefiguren. Er lebt ſeit Langem in Paris und
hat ſich techniſch etwas nach Bodin gebildet, Wer
kennt nicht ſeine Elfengeſtalten, die aus Blumen-
kelchen hervorſteigen und alles Leiden und alle Weh-
muth des menſchlichen Lebens ausſprechen, oder ſeine
Göttinnen in keuſcher Nacktheit, die Hände an die
Bruſt gepreßt, wie um die ausbrechenden Seelen-
ſchmerzen zurückzupreſſen. Sicherlich iſt er ein ebenſo
großer Dichter wie Bildhauer, denn alle ſeine Werke
athmen echte Poeſie. Aber ebenſo gewiß iſt, daß er
im Kunſtgewerbe größer iſt, als in der hohen
Plaſtik. Ferner ſeien von Vallgrens Werken genannt:
Aino, Korsfäſt, das Echo, die Heldengeſtalt Torkel
(in Wiborg) und Mariatta. Bei letzterer — Ma-
riatta iſt die finiſche Verkörperung der Jungfrau
Maria — iſt der Körper beſonders ſchön und trefflich
modellirt; der Geſichtsausdruck entfernt ſich etwas
vom Naiven und nähert ſich dem Einfältigen.

Ein ſtarkes Talent iſt Emil Vikſtröm (geb. 1864).
Auch er hat ſein Atelier in Paris. Gegenwärtig
legt er letzte Hand an das vom finiſchen Staate für
Helſingfors beſtellte Denkmal Kaiſer Alexanders. Am
bekannteſten iſt ſein genialer, echt finiſch-realiſtiſcher
„Stockflötare“ aus dem Jahre 1891. Ferner ſei ſein
kKullervo als Hirtenknabe erwähnt. Eine große
Kompoſition iſt ſein Belief am Helſingforſer Stände-
haus aus dem Jahre 1893. Von jüngeren Bild-
hauern ſeien genannt: G. Winter, bekannt durch
ſeine Mädchenſtatuette „Koketterie“, E. Halonen,
welcher für das Lönnrot-⸗Denkmal den 2. Preis er-
hielt, während B. Stigell den dritten und Vikſtröm
den erſten erhielt, weiter V. Malmberg, welcher
etwas an Vallgren erinnert, ferner Fräulein Löppönen,
Hilda Flodin, Sigrid af Forſelles 2C.

(Schluß folgt.)

S
Von belsischer Kunst.

Don Alfred Auhemann, Brüſſel.

ch habe es mir oft ſchon gewünſcht, etwas

Neues, Ueberraſchendes, ſo recht Epochales
von der heutigen belgiſchen Kunft melden zu können,
werde aber wohl diefe Hoffnung nächſtens begrahen
müſſen. Ich glaube, es giebt keine Kunft in allen -
Canden, welche ſich ſelbſt ſo treu bliebe, als die
belgiſche, beſſer noch vlämiſche, ſo treu ſelbſt, daß
die wenigen, und gewiß nicht untalentirten Luminiſten,
wie Emile Claus und das Ehepaar Wytsman, nur
durch ihr Talent ſich behaupten können, daß der
einzige Pointilliſt, Van Ryſſelberghe, gezwungen war,
 
Annotationen