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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Wirth, Robert: Ueber künstlerische Nachahmung
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Rücklin, R.: Karlsruhe: Dekoratives von der Jubiläums-Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0015
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Nr. s

Die Kunst-Halle.

7

wäre eine iinitatio maMstri eine Hemmung, Verringe-
rung, ja Aufhebung des Fortschritts, keine Verinner-
lichung wie dort, sondern eine Veräußerlichung.
Die künstlerische Nachahmung ist die Erwägung:
Wie hat es das Vorbild gemacht? Sie ist der ver-
such, äußerlich, technisch, bewußt Kunst vorzutäuschen,
sie ist eine Berechnung, ein Elaborat, ihr Wesen ist
Geschicklichkeit, die Formel, die Grimasse, wollten
wir doch endlich einmal aus dem Gebiete des Kunst-
schaffens, wie die Alten, unterscheiden das LnZ'sneraäum
und slLborLtuin oder wollten wir die Beziehungen
zwischen beiden Grundwesenheiten gründlicher zu er-
kennen versuchen!
Je kleiner der „Künstler", desto größer ist in ihm
der Nachahmer, ja mancher Künstler fühlt sich über-
haupt nur dann zum Schaffen geneigt, wenn er An-
regung durch ein Vorbild spürt. Nur zu häufig kommt
es ja vor, daß der eine Künstler einen Drang in sich
erwachen fühlt, es dem anderen nicht nur gleich zu
thun, sondern ihn zu übertreffen und ihn mit dessen
eigenen Vorzügen zu schlagen; daß ferner der Ligen-
trieb durch eine bereits sichtbare objektive Kunstgestal-
tung, durch einen ausgesprochenen Erfolg des Mit-
künstlers sogar im höheren Grade angeregt wird, als
durch die allgemeine Natur, die erst zur menschlichen
Kunstgestaltung verarbeitet werden muß — aber welcher
Art sind doch solche Künstler? von welchen Gefühlen
lassen sie sich im Grunde leiten? welche inneren Be-
gleiterscheinungen ergeben sich bei der Anregung, nach
einem menschlichen Vorbilde, welche dagegen bei dem
Drange, nach der Mutter Natur selbst zu schaffen?
Vor dem Werke des Kunstgenossen beginnt für den
anderen der Wettstreit, und zwar beginnt er mit un-
edlen Gefühlen, mit der Ranküne.
Schon vom großen Leonardo rührt die Mahnung
her: „Ich sage jedem Maler, daß er niemals die
Manier eines Anderen nachahmen dürfe." Dem scheint
freilich das Wort desselben Künstlers zu widersprechen:
„Lin Mann von Talent kann nichts Verdienstvolleres
thun, als dieses Talent anderen mitzutheilen." Der
Widerspruch löst sich durch folgende, allein mögliche
Erklärung: Talent heißt ursprünglich Geldsumme,
Kapital, was erworben werden kann; in unserer Stelle
bedeutet das Wort offenbar Erfahrungssumme, die
Summe von Wissen und Geschicklichkeit, die sich dem
einzelnen Künstler mit der Zeit bei Ausübung seiner
Thätigkeit ergeben hat. wir alle haben als schönsten
Beruf die Pflicht, unsere errungenen Kenntnisse und
Fertigkeiten anderen als fertigen Unterbau zur eigenen
Thätigkeit mitzutheilen und damit die Kultur fördern
zu helfen. Talent dagegen im Sinne von Begabung
können beim besten willen nur Aeltere oder Ahnen
überliefern; diese Bedeutung des Wortes talonto
kann unmöglich Leonardo im Sinne gehabt haben,
sonst wäre noch heute jeder Schulmeister gescheidter als
ein Leonardo, denn jeder Schulmeister weiß, daß im
Grunde jede Meisterschaft angeboren, nicht aber nach-
träglich überliefert worden ist.


Aarkrulie:
Dekorrtive; von Ser
Miällmr-Xunrtsuntelllmg.
von R. Rücklin, Pforzheim.

w^jH^as die als selbstständige Ausstellungsobjekte
vorhandenen Werke der angewandten Kunst
' betrifft, so waren es verhältnißmäßig wenig.
Aber das Vorhandene bekundete eine strenge und ver-
ständnißvolle Auswahl. Zimmereinrichtungen sind zwei
zu notiren, eine von Prof. Max Läuger, der als Kera-
miker bekannt geworden ist, und eine von dem Karls-
ruher Architekten Prof. Billing. Der Läuger'sche
Raum macht einen sehr vornehmen und wohnlichen
Eindruck. Das Holz der Möbel ist olivbraun getönt,
die wand unten mattgrün, oben elfenbeinweiß be-
spannt. An der Seite steht ein sehr traulich wirkender
Gfenaufbau, mehr breit als hoch, mit mattblauen und
mattgrünen Kacheln. Dabei ist das Schwarzwälder-
Motiv der den Heizkörper umziehenden Ofenbank in
sehr geschickter weise verwerthet. Möbelformen und
Beschläge sind alle von höchster Einfachheit und Dis-
kretion, einige feingestimmte Bilder an der wand
schließen die feine Farbenstimmung des Raumes zu-
sammen. wuchtiger und reicher als Läuger ist Billing
in seinem modernen Wohnraum. Er ist mit einem be-
sonderen, in den Nebenraum hinaustretenden Thür-
einbau versehen, der durch seine mächtigen, strengen
Formen auffällt. Er ist mit Goldbronze gestrichen, auf
der mit grauschwarzer Farbe ein Mosaikmuster aufge-
tragen ist, — eine Dekoration von ernstem Reichtum.
Die mächtig und ernst komponirten Möbel sind in
violett-braunem Holzton gehalten, ebenso die Wand-
vertäfelung. Dazu stehen vorzüglich die gelben Metall-
beschläge und ein tief-goldgelber Thürvorhang. An die
Rückwand lehnt sich ein in grauweißem Marmor aus-
geführter Kaminaufbau, der von zwei höchst originell
entworfenen Stehlampen, etwa von Mannshöhe, aus
Messing mit blauen Lmaileinlagen, flankirt wird. Die
Deckenwölbung ist weiß, und, wie bei dem Läuger'schen
Raum, ohne jede ornamentale Verzierung. Es be-
stätigt sich also hier die auch anderswo zu Tage tretende
Tendenz unserer modernen Innendekoration, die orna-
mentale Dekorationsmalerei in den Hintergrund zu
drängen, dagegen aber eine durchgeführte farbige
Tönung des gesummten Interieurs zu begünstigen.
Außer dieser Zimmereinrichtung hat Läuger noch
einen sehr reizvollen Wandbrunnen ausgeführt, in
Marmor und Keramik; letztere ist in tiefblauen, grün-
grauen und olivgrünen Tönen gehalten und zeigt einen
sehr originell erfundenen, schalenförmigen Ausguß.
Auch einige große Läugervasen sind ausgestellt, die be-
sonders durch entzückend leicht behandeltes, blühendes
Astwerk auffallen. Zwei weitere keramische Wand-
brunnen sind noch zu erwähnen. Der von w. Süs,
Karlsruhe, ist in der Großh. Majolikamanufaktur aus-
geführt; für seine eigentümliche Renaissanceorna-
mentik vermag ich mich nicht zu erwärmen; die Farb-
gebung ist gut und lebhaft. Dann ein kleines, zier-
liches Werk von Prof. Kornhas, Karlsruhe. Er ist
sehr warm und goldtönig in den Farben und zeigt als
Wasserauslauf einen vorzüglich behandelten Pfau. Von
sonstigen keramischen Arbeiten erscheinen mir noch die-
jenigen von Elise Schmied-Pecht von Konstanz er-
 
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