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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Rücklin, R.: Karlsruhe: Dekoratives von der Jubiläums-Kunstausstellung, [2]
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Heilmeyer, Alexander: Die Münchener Kunstausstellungen 1902 [5] Schluss
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0016

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Die Kunst-Halle.

8

Nr. f

wähnenswerth, die in ihrer graugrünen Harmonie, dem
schlichten Umriß und der strengen Ornamentik wesent-
lich persönlicher wirken, als die bisherigen Bauern-
töpfereien der Künstlerin, die Steinzeuggefäße von
w. Magnufsen-München und der Gesellschaft „Amphora"
in Thurn - Texlitz. — Mit nicht sehr zahlreichen, aber
vorzüglichen Leistungen ist die Zierplastik vertreten:
Vallgren aus Paris bringt seine Bronzen, darunter
einen „Blumentanz" von mächtigem Schwung der
Linie, eine Aschenurne, die in ihrer Form eine müde,
schlichte Trauer trefflich versinnbildlicht, und eine „Blume
des Schlafs", die leider in der Stellung allzu gekünstelt
und gewaltsam erscheint. Tine vorzügliche Leistung ist
wieder sein Zteiliger Lampenfuß mit den mächtigen
Blumenformen und den zierlichen Frauenfigürchen. Aus
Paris ist noch Laporte-Blairsy erschienen mit einer „Fee
mit dem Kistchen", die als Klavierlamxe gedacht ist.
Das Kistchen, das die Fee — übrigens eine vorzügliche,
ernst wirkende Figur — auf den Händen trägt, hat
nämlich durchbrochene, verglaste wände, die das Licht
ausstrahlen sollen. Das Motiv hat zunächst etwas Be-
strickendes, ist aber auf die Dauer für ein so ernsthaft-
künstlerisches Werk doch wohl zu niedlich. — Von
deutschen Arbeiten dieser Art wäre Hentschel-Meißen
mit seinen streng und schlicht aufgefaßten Leuchter-
figuren aus Zinn besonders hervorzuheben. — Von
Medaillen und Plaketten waren einige vorzügliche
Kollektionen zu sehen: Charpentier mit seinen, so unbe-
fangen realistisch gesehenen und so prachtvoll wieder-
gegebenen Aktfiguren, Kowarzik, unter dessen Arbeiten
besonders das Goetheplakett hervorragte. Prof.
R. Mayer-Karlsruhe hat einige seiner bekannten Arbeiten
ausgestellt, darunter die kraftvolleIubiläumsplakette; von
Prof, wolber-pforzheim war eine interessante „Neckerei"
da, ein Bronzerelief in tiefgrünem Holzrahmen.
Tine erfreuliche Ueberraschung bieten die zwei
S chmuckausstellungen, von denen die eine ans
München, die andere aus Pforzheim kommt, und die
beide durchaus künstlerische Leistungen enthalten. Die
Münchener Schmuckstücke sind von der Firma Schopflich
zur Ausstellung gegeben; es sind fast Alles Arbeiten
des schon in weiteren Kreisen bekannten Goldschmiedes
und Modelleurs N.THallmayr, und zeichnen sich aus durch
die innige, frische und ernste Naturanschanuug, die sich
in ihnen ausspricht. Die Art, wie hier Ahornblätter
und -Früchte, oder die gleichen Motive von der Kastanie
ornamental verwerthet sind, ist wirklich ausgezeichnet.
Die farbige Tönung durch verschiedenartige Vergoldung
ist nicht durchweg gleichmäßig gelungen. — Ausfallen
muß die wenig günstige Ausstellung dieser kleinen und
zierlichen Kunstwerke; sie liegen horizontal auf einer zu
starken Falten zusammengeschobenen Sammetdecke; so
geht einem doch manche Tinzelheit verloren. — Aus-
gezeichnet präsentiren sich dagegen die Pforzheimer
Arbeiten auf ihrem geschickt entworfenen, mit weißem
Sammet überzogenen Aufbau. Diese Schmuckausstel-
lung ist eine gemeinsame Veranstaltung von mehreren
Lehrern der Pforzheimer Kunstgewerbeschule und ver-
schiedenen Fabrikationsfirmen dortselbst. Die ent-
werfenden Künstler find die Professoren Kleemann,
Wölber und Schmidt, sowie die Lehrer Müller-Salem
und Sautter, als ausführende Firmen sind I. F. Glebe,
Lauer und Wiedmann, Th. Fahrner und H. Söllner
genannt, sämmtlich in Pforzheim. Dieses Zusammen-
arbeiten von Kunstgewerbelehrern und Industriellen in
einer verhältnißmäßig kleinen Stadt wie Pforzheim ist
gewiß ein hochbedeutsames und erfreuliches Zeichen.
Ich muß es mir versagen, näher auf diese Aus-
stellung von Pforzheimer Künstlerschmuck einzugehen.

Nur einige Einzelheiten von besonderem künstlerischen
und technischen Interesse seien anzuführen gestattet. Lin
plakett in zierlichem Stehrähmchen ist nicht in Metall,
sondern ganz vorzüglich in Marmor geschnitten (Ent-
wurf Bildhauer Sautter. Tiu silberner Anhänger (Ent-
wurf Maler Müller-Salem) ist durch eine originell er-
fundene, gegliederte Zusammenfügung beweglich und
fähig gemacht, sich der Körxerform anzuschmiegen. Von
dem gleichen Künstler ist eine Dose da, deren Darstel-
lung in der uralten und so lange vernachlässigten
Technik des Grubenemails gegeben ist. Der erreichte
Effekt ist vorzüglich. Auch sonst ist Email in verschie-
dener Anwendung und zu eigenartigen Effekten ver-
werthet. Jedenfalls haben wir hier einen ganz be-
sonders schlagenden Beweis von der Nothwendigkeit
und dem Nutzen künstlerischer Fachschulen in Industrie-
zentren.
„Den Genuß echter Kunst zu vermitteln und das
Verständnis und den Sinn dasür zu fördern: Das ist
die eigentlichste und vornehmste Aufgabe aller Kunst-
ausstellungen." So schließt das Vorwort des Kata-
logs der Karlsruher Jubiläums-Ausstellung. Ich
glaube, so weit es unter den heutigen Verhältnissen
möglich ist, haben ihre Veranstalter diese Aufgabe er-
faßt und nach Kräften zu ihrer Erfüllung beigetragen.

Die Mncliener Üun5tsu§5tellungen 1902.
Von Alexander Heilmeyer.

V. (Schluß.)
ei der Besprechung der Ausstellungen hatten wir
immer das Gesammtbild mit den darin auf-
ragenden Erscheinungen im Auge. Obwohl der
Glaspalast räumlich in lauter Parzellen getheilt ist, so
glaubten wir doch von einer Aufzählung nach Gruppen
und Genossenschaften absehen zu können, da dieselben
nur in einzelnen Fällen einen eigenartigen künstlerischen
Charakter tragen. Zwar hat man, als sich zur Pflege
originaler Kunst allenthalben jüngere Kräfte zusammen-
thaten, an manche dieser Gruppen besondere Er-
wartungen geknüpft; jedoch, wie der Verlauf der Ent-
wicklung zeigte, mit keinem anderen Erfolge, als daß
statt der erhofften blauen Blume, der Individualismus
üppig ins Kraut schoß. Der Boden der Münchener
Kunst hat sich für die individualistischen Bestrebungen
äußerst fruchtbar erwiesen. Der Baum der Künste
zeigt gegenwärtig eine reiche Verästelung, die jedoch
nicht dem Stamme selbst entsproß; vielmehr gleicht das
Ganze einem Obstbaume mit vielen aufgepelzten Arten,
die zu verschiedenen Zeiten blühen und Früchte tragen.
Bei der Betrachtung der Werke des Auslandes
empfiehlt sich eine Aufzählung nach Gruppen, denn
hier trägt die künstlerische Produktion deutlich hervor-
tretende nationale Charakterzüge und manche Erschei-
nung läßt sich nur durch diese erklären. Von den
französischen Meistern haben wir außer Besnard noch
Gandaras Erwähnung zu thun. Sein großes Herren-
bildniß läßt uns in der Sphäre malerischen Geschmackes
den Einfluß der pariser Kultur stark empfinden. Auch
sein pastellbildniß, eine schlafende junge Frau dar-
stellend, ist von echt französischem Esprit beseelt. Figür-
chen von so zierlichem, graziösem Baue und so natür-
lich eleganter Haltung hat schon Boucher gemalt. Ian
Veber sucht in einem humoristischen Bilde mittels der
 
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