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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Münchner Brief
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Berliner Kunstschau
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Die Kunst-Halle.

Nr. (2

mißt man doch zu sehr das Temperament in dieser
ruhigen Objektivität. In einem Porträt, wo er die
Reflexe der Abendsonne zur malerischen Belebung der
Gesichtszüge verwendet, ist ein viel lebensvollerer Ein-
druck erzielt. Als feinsinniger Kolorist wirkt auch Otto
Tragy in seinem Damenbildniß. Seine disferenzirte
Farbenempfindung zeigt sich auch in einem Stillleben,
während seinen allegorischen Schöpfungen das Zwin-
gende, Lebenskräftige fehlt. Hans Best bringt ein
Damen- und ein Herrenporträt von flotter, breiter
Malweise. Seine Landschaften zeigen mehr technische
Vorzüge als Eigenart der Auffassung; recht gut sind
seine Thierstücke. Blos bringt uns einige prächtig
modellirte Porträtköpfe, welche charakteristisch und
lebensecht wirken. L. Scheve-Aosboth's Damen-
xorträt erinnert in nicht gerade günstigem Sinne an
gewisse Lenbachs, dagegen weiß sie in einigen Zeich-
nungen das für die betreffenden Persönlichkeiten
Charakteristische mit wenigen Strichen zu geben. Flotte
Bildnißstudien zeigt auch der Karlsruher Hetzet.
Sein künstlerischer Schwerpunkt ruht indeß im Land-
schaftlichen, wo er für feine Luftvaleurs ein scharfes
Auge in der Art Schönleber's und Dill's (in früherer
Schaffensxeriode) besitzt. Ein sensitiver Impressionismus
spricht aus den Taunuslandschaften von Carl von
Bertrab-Tronberg. Er liebt es, die anmuthigen
Thäler in regenschwerer Melancholie zu malen, und
findet besonders für ungewisses, zitterndes Licht über-
zeugenden Ausdruck. Ernst Thallmaier ist ein kräftig
zugreifender Kolorist, dessen Motive aus den ober-
bayerischen Vorbergen von schlichter, bodenständiger
Heimathskunst sind. Die gigantischen Formen der Hoch-
alpen meistert, L. T. Tomxton theils in Oelbildern,
theils in Aquarell in immer großzügiger Anschauung.
Fritz Baer's derbe, aber stimmungsvolle Natur-
schilderung ist bekannt. Von Paul Hey sehen wir
eine große Anzahl Gellandschaften, Aquarelle, Farben-
stiftzeichnungen und Bleistiftsstudien, sowie einige
Originallithographien. Hey ist der Meister stiller,
beschaulicher Winkel, die er mit einem liebenswürdigen
Humor sieht und mit trotz ihrer Kleinheit sich gar nicht
staffagemäßig dreinschauenden Menschen bevölkert.
So sehr auch Alles bis ins Kleinste ausgeführt ist, so
wirkt doch nichts puppenhaft oder kleinlich. Von
Willroider's feinsinnigen Zeichnungen durften wir
jüngst sprechen. Die neue Serie schließt sich der vorigen
gleichwerthig an. Es sind auch einige farbige Blätter
darunter, welche ebenfalls das reiche Naturgefühl
des Künstlers mit erstaunlicher Sicherheit des Könnens
zeigen.
Turt Ullrich's Kollektion, die bei Krause und
Finckh zu sehen ist, zeigt eine in Koloristik, wie Beob-
achtung reiche Begabung, insbesondere dürfen seine
Bauernbilder Anerkennung finden.
Leopold Gustav.


Zerliner Xunrtrclisu.

er letzte Bilderwechsel bei Ed. Schulte steht bereits im
Zeichen des Saisonschlusses; aber er brachte noch
immer Manches, um das man ihn anderwärts beneiden
könnte. Der junge Ernst Heilemann, dessen Talent auch
nach der koloristischen Seite hin sich von Fall zu Fall kräftig


entwickelt, ist zwar noch lange kein Sargent oder Boldini,
denen er sichtlich nacheifert. Aber es freut uns, daß wir
Hoffnung haben, hier wieder einmal einen temperamentvollen
Berliner Porträtkünstler zu gewinnen, der uns z. Zt. noch
fehlt. Aus diesem Gemisch von verschiedenartigen, jungen,
sogar japanischen Anregungen, die ihm vorzüglich zur Schilde-
rung der eleganten, modernen Frau verhalfen, hat sich vor-
läufig noch kein klarer wein abgesetzt. Vor Allem spielt der
Hintergrund, ein Interieur oder eine lebhafte Musterung, noch
zu ausdringlich in die mit breiten Strichen hingesetzte Dar-
stellung hinein. Immerhin sind z. B. die Dame im Hellen
Ballkleide und schwarzen Federhut auf gelbem Fond und eine
sä ka.66 gestellte Brünette in Dunkelgrau auf dunkler Gobelin-
wand frappant lebendige Schilderungen des mondainen Weibes.
Auch ein weißgekleidetes, nacktbeiniges kleines Mädchen mit
rother Puppe in seiner Rinderstube ist eine respektable Leistung.
Nicht minder interessirt dieses Mal Paul Schroeter,
Worpswede, der in einer Anzahl größerer, zum Theil sonniger
Interieurs mit Figuren des Alltags oder des Märchens eine
sympathische Vorliebe für satte Farbenflächen in blau, gelb,
braun u. s. w. verräth, die kräftige Farbenkontraste geben.
Ls ist eine gesunde, behagliche Kunst. Dagegen fehlt, den auf
einen grauen Ton gestimmten Interieurs von Lugen Wolff
die behagliche Stimmung; noch weniger schmeicheln sich die
impressionistischen Landschaftenwolff's, denen gewisse koloristische
Reize dabei nicht sehlen, den Sinnen des Beschauers ein.
Max Fritz brillirt mit einer neuen Sammlung höchst flott
gemalter Landschaften in Wasserfarben, auch köstlicher Ansichten
alter, giebelreicher Städtchen und freundlicher Dörfer, die ihm
sämmtlich Gelegenheit geben, bald lebhaft frische, bald zarte
Farben- und Beleuchtungseffekte zum Ausdruck zu bringen.
Von den Bildnißmalern erregt zumal der jetzt iu Berlin lebende
John Philipp mit einer Serie gezeichneter Lharakterköpfe
Theilnahme. Aber vor Allem muß hier unser Ludwig Knaus
begrüßt werden mit den im kleinen Maßstabe sehr sauber ge-
malten, helltönigen Figuren eines Knaben und eines Mädchens;
die beiden Kinder sind in der treuherzig lieblichen weise des
Altmeisters übereinstimmend ganz frontal aufgefaßt, inmitten
eines Meeresstrandes stehend, der als freundlich umrahmende
Kulisse hinter den scharf gezeichneten Figuren sich ausbreitet.
I. Lasper's Kunstsalon in der Behrenstraße hat erst
neulich seine II. Winterausstellung eröffnet und eine gemischte
Reihe deutscher, auch einige englische Pinselführer ins Treffen
geschickt. Die alten Meister fehlen dieses Mal ausnahmsweise.
Statt ihrer ist die Zahl der guten Arbeiten von namhaften
lebenden Künstlern sichtlich erhöht. So ist Lenbach mit dem
rothhaarigen, scharfgeschnittenen profilkoxf einer Lady Gray
charakteristisch vertreten. Stuck erfreut mit einem in Pastell
ausgeführten anmuthigen Mädchenbildniß, Uhde zeigt eine
seiner biblischen Idylle, welche die „Flucht nach Aegypten" zum
Gegenstand haben und dem Beschauer ein reizvoll beleuchtetes
Waldinterieur darbieten. Natürlich sind Studienblätter von
M. Liebermann, zumeist Strandstudien, reichlich vorhanden;
ihre künstlerische Qualität ist recht ungleich. Früher machte
man solche Studien wohl nur als Vorarbeiten für sich selbst.
Liebermann gebührt das Verdienst, sie als Selbstzweck on muss«
zu sertigen und auf deu wegen des Kunsthandels zu emittiren,
damit der Name des Autors auf keiner Bilderliste fehle. So
ist die Studie, die den Künstler zwar zu keiner Sorgfalt ver-
pflichtet, aber als seine Griginalarbeit dennoch begehrenswerth
erscheint, ein gangbarer Handelsartikel geworden. Als inter-
 
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