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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Dworaczek, Wilhelm: Die Entwicklung des Impressionismus [1]
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Hood, Fred: Stuckdecken
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0195

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Nr. ss

Die Aunst-^alle.

s67

die Linie eine Bewegung in eminenter weise zu be-
wältigen vermag, so daß sie nicht etwa wie ein
momentaner Zustand von Ruhe gleichsam, wie ein
plötzliches Erstarren zum Bilde, sondern wie ein als
Glied aus der Rette der Bewegungen gerissener Moment
erscheint, dasür legt sein Porträt des perrn Lhocquet
Zeugniß ab. pissaro und der lebhafte starkempfindende
Sisley reihen sich an Monet an, mit dem sie im Verein
das Beste geschaffen, was die moderne Landschaft in
Frankreich an neuen Lichtproblemen und an realistischer
Auffassung des Wesentlichen in der Natur zu bieten
vermochte. Und nun schiebt sich in die Beweiskette unter
dem Titel „Monumentale Malerei, beeinflußt durch den
Impressionismus" puvis de Lhavannes ein, der
große, reine Erfinder des Stils, der hier indeß eher zu
verwirren, als zu klären vermag.
(Ein Schlußartikel folgt.)
AuckSecken.
Von Fred pood.
(Nachdruck verboten.)
chon die Baukünstler des klassischen Alterthums ver-
standen es, wände und Decken mit Stuck-Reliefs zu
schmücken, die zugleich in reicher Weise mit Gold und
Farben belebt wurden. Wie so manche alte Kunst ging auch
die künstlerische Stuckirung später verloren. Erst im ^.Jahr-
hundert geschah ihre Wiedererweckung in Italien, wo sie
während d'er Renaissance zu hoher Vollkommenheit entwickelt,
und auch nach Deutschland und Frankreich verpflanzt wurde.
Die umfassendste Anwendung fand das bildsame Material aber
in den Epochen des Barocks und Rokokos, wo die freie Laune
zur mächtigen Herrscherin in der Kunst erhoben wurde. Der
bizarren Natur jener Stile, welche oft den konstruktiven Ge-
danken der Dekoration unterordneten, entsprach dieses Material
vollkommen, da es sich ganz gefügig allen Wölbungen,
Windungen und Verkröpfungen anschmiegte. In dieser Zeit
war die Kunst der Stuckarbeit etwas ganz Ursprüngliches. Das
Relief ging unmittelbar aus der pand seines Schöpfers her-
vor, es wurde von diesem direkt auf die zu schmückenden
Flächen modellirt und so den besonderen Raumverhältnissen,
der Beleuchtung, dem Standpunkt des Beschauers angexaßt.
Auch in Deutschland, namentlich aber in Frankreich, lernte man
diese Kunst beherrschen.
Mit der Verbreitung des Wohlstandes drang der Stuck aus
den päusern der Vornehmen in die bürgerlichen Wohnungen
und schließlich selbst in jedes Mietshaus untergeordneten
Ranges. Das Streben, die Kunst allen Schichten des Volkes
zugänglich zu machen, hat auch hier zur massenhaften Er-
zeugung billiger geringwerthiger Reproduktionen geführt. Man
begann die Einzeltheile der Stuckdecken nach Modellen zu
gießen und die Stücke zu einem Ganzen zusammenzufügen.
Das Gelingen des Werkes hing nun nicht mehr allein von
dem schaffenden Künstler ab; es mußten untergeordnete Kräfte
mit dem Gießen und Zusammenflicken betraut werden, um
dem massenhaften Bedarf zu entsprechen. Diese fabrikmäßige
Herstellung konnte natürlich auf die Form der Reliesdekorationen
picht ohne Einfluß bleiben. Wohlfeile Decken wußten z. B> so

modellirt werden, daß sie mit unwesentlichen Aenderungen für
eine möglichst große Zahl von Räumen ausgeführt werden
konnten. So ist man zu den fortlaufenden Friesen, Gesimsen,
Vouten gelangt, welche in Stücken von bestimmter Länge auf
Vorrath gearbeitet werden. In den weitaus meisten Fällen
verläßt sich der Baumeister heut schon auf den Katalog des
Stuckateurs. Man wählt eine Stuckdecke, wie man eine Tapete
wählt. Und man fährt nicht einmal schlecht dabei, wenn nur
die Stuckateur-Werkstatt von einem tüchtigen Künstler geleitet
wird. Ohne Flickarbeit geht es natürlich nicht ab; hier wird
ein Stückchen weggeschnitten, dort ein Stückchen angesetzt. So
werden auch Eckstücke und Verkröpfungen auf Vorrath ge-
arbeitet, vor allen Dingen aber die unvermeidlichen Rosetten,
welche in der Regel die Mitte des Zimmers betonen.
Diese Art der Dekoration hängt ohne Zweifel von der
fabrikmäßigen Herstellung des Trockenstuckes ab. Dieselbe läßt
der Phantasie des Modelleurs nicht freien Spielraum; alles
läuft darauf hinaus, kompakte, möglichst in sich geschlossene
Stücke zu schaffen, zumal dieselben auf weiten Strecken ohne
Schaden transportirt werden sollen. Das Ornament sitzt in
einem festen Rahmen oder auf einer festen Grundplatte; man
will solide sein und gestattet den Formen nicht, sich loszulösen
von diesen Fesseln. Darunter leidet die ganze Kunst. Der
Stuckateur meint, daß er schon Großes erreicht habe, wenn der
Stuck die Feinheiten der Form getreu wiedergiebt. Er begreift
nicht, daß ihm die Form selbst zur Fessel geworden. Daß es
nicht so sein muß, daß es andere Wege giebt, das hat uns der
Bildhauer Lauermann (Detmold) auf der Turiner Ausstellung
gezeigt. Er hat das Relief von dem einzwängenden Rahmen,
von der fesselnden Grundplatte befreit; er giebt uns das Relief
als etwas Selbständiges, Unabhängiges — er wirft den Ballast
über Bord.
Um diesen bedeutsamen Fortschritt richtig würdigen zu
können, müssen wir uns jedoch noch etwas eingehender mit
der Entwicklung der Stuckdekorationen beschäftigen. — Zu
Stuckarbeiten ist von jeher ein Material verwendet worden,
welches sich in weichem Zustande leicht formen, nach dem Er-
starren noch leicht mit dem Messer bearbeiten läßt, um schließ-
lich nach völligem Erhärten die Form unverändert zu bewahren.
Die Italiener verwendeten ursprünglich eine Komposition aus
Kreide, Thon, Leim und einer Art Papierbrei; Gips wurde
nicht immer, aber häufig zugesetzt. Später als der Stuck
namentlich durch Gießen hergestellt wurde, zeigte es sich, daß
reiner Gips das vortrefflichste Material bildet, natürlich nur
für die Innendekoration. Der Vorzug des Materials besteht
darin, daß es, flüssig in die Form eingegossen, dieselbe voll-
ständig ausfüllt und selbst die feinsten Adern eines Blatt-
ornamentes getreu wiedergiebt. Wesentlich gefördert wurde
aber die Verbreitung des Gipsstucks erst durch die Einführung
der Leimform, welche sich nach dem Erstarren des Materials,
selbst wenn starke Unterschneidungen an demselben vorkommen,
leicht abziehen lassen. Einen Uebelstand bildete nur die
schwierige Befestigung der häufig sehr schweren Stücke; die
Senkungen der Bauwerke während der Ausführung, das
Schwinden und werfen der Deckenhölzer, sowie die Erschütte-
rungen beim Befördern von Lasten innerhalb der Räume be-
wirken häufig Risse in dem spröden Material, so daß auch
Schrauben das Perabstürzen einzelner Stücke des Reliefs nicht
verhindern können. Nun bemühte man sich, dem Stuck einen
besseren palt zu geben; das Resultat war der Trockenstuck
oder Staff mit eingelegtem, weitmaschigem Gewebe. Man
stellt zunächst jn der Form einen dünnen Gipsguß her, breitet
 
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