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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Zur Reform des Ausstellungswesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0287

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Nr. (6

Die A u n st - H a l l e.

2V

den Bildern Lenbach's war mir sein sympathisches Selbst-
portrait mit dein Töchterchen neu. Pans Thoma ist von seiner
landschaftlich reizvollsten, wie von seiner figürlich steifsten Seite
zu sehen. Sehr tüchtig, wenn auch in nicht neuer weise, findet
man Pans v. Bartels vertreten, wer Lust dazu hat, mache
den nicht uninstruktiven vergleich zwischen dein malerisch vor-
nehm wirkungsvollen „Wallensteins Zug nach Eger" von
L. v. Piloty und der öden Theaterei in Andreotti's Petrarca-
Vorlesung.
Leopold Gustav.


Aun§lgeveMicke§:
Zur üejorm öe§ Mrtellungrveren;.
(Ä^^er vor einem Jahre gegründete Fachvcrband für die
wirthschaftlichen Interessen des Kunst-Ge-
gewerbes sucht mit seinen Anträgen, die er zu
Gunsten dringender Reformen aller kunstgewerblichen Interessen
an die betheiligten Behörden unausgesetzt richtet, die sich ge
stellten Aufgaben zu lösen. Nachdem er jüngst dem Berliner
Magistrat die Berufung praktischer Kunstgewerbetreibender als
Bürger-Deputirte empfohlen und an das Präsidium des Land-
gerichts I, Berlin, das Ersuchen um Anstellung von gerichtlichen
Sachverständigen für verschiedene, bisher noch unbesetzte Ge-
biete der angewandten Kunst gerichtet, hat obiger verband
namentlich zur Reformirung des Ausstellungswesens Stellung
genommen und zu diesem Zwecke auch der hiesigen Handels-
kammer die Einrichtung einer aus Praktikern des Kunst-
gewerbes zusammengesetzten „Ständigen Kommission"
vorgeschlagen. In der betreffenden Eingabe heißt es:
Die Ausstellungen mehren sich in erschreckendem Maße
nicht zum vortheil der Industrie resp. des Kunstgewerbes,
deren Interessenten auch selten die Urheber einer Ausstellung
sind, vielmehr werden die meisten Ausstellungen künstlich ge-
züchtet: Strebende Unternehmer erfinden die Nothwendigkeit,
junge Künstler bezw. Architekten schließen sich ihnen an, sei es
aus gleicher Ehrsucht, sei es um lohnende Beschäftigung hier-
bei zu finden. Einige Firmen von gutem Klang sind durch
Uebertragung von Bestellungen für die Ausstellung bald als
hervorragende Aussteller gewonnen, und der Wettbewerb
nöthigt weitere Firmen zur Theilnahme. Sobald eine an-
gemessene Anzahl von Ausstellern zusammengcbracht ist, wird
die Mithülfe der Reichsregierung, der Einzelstaaten und der
Stadt-Verwaltungen in Form von Subventionen, Diplomen,
Frachtvergünstigungen rc. in Anspruch genommen.
Päufig wird aber auch, wenn politische Erwägungen aus-
chlaggebend sind, die Betheiligung an Ausstellungen von
Reichs- oder Staatswegen beschlossen, in welchen Fällen die
Subventionen natürlich beträchtliche Summen ausmachen. Es
wird ein Reichs- oder Landes-Kommissar ernannt, welchem die
ganz gewaltige Arbeitslast und Verantwortung obliegt, die
praktischen und ideellen Interessen der Industrie und des
Pandels wahrzunehmen und die Millionen zu deren Gunsten
zu verausgaben, sei es mit oder ohne Beihülfe eines Arbeits-
Ausschusses, welchen er — aus eigener Initiative und bis-
weilen nur pro kormu — zur eventl. Berathung um sich zu
versammeln pflegt. Dieser Arbeits-Ausschuß war in den letzen

großen Ausstellungen des Reiches fast ausschließlich aus Kunst-
gelehrten (?) und Künstlern, vorzugsweise Architekten, zusammen-
gesetzt, also rein ästhetischer: Bereichern, welchen die wirth-
schaftlichen Interessen der Industrie und des Pandels fern-
liegen.
Aber am meisten bedauerlich und schädigend ist die den
Industriellen resp. Kunstgewerbetreibenden, also den Ausstellern
selbst, bei der Organisation bisher auferlegte Theilnahmlosig-
keit, welche sie sich in Zukunft nicht gefallen lasten wollen,
weil sie es für dringend nothwendig erachten, ihre eigenen-
wirthschaftlichen Interessen selbst zu bearbeiten und zu ver-
treten. Es gilt vorzuarbeiten und energisch einzugreifen, damit
die kommenden Ausstellungen, welche vor allem der schwer
kämpfenden Industrie und dem Pandel nützen sollen, ihren
wirthschaftlichen Zweck mehr als bisher erfüllen.
Nm dieses Bestreben in die Wege zu leiten, darauf be-
ruht der Antrag, eine ständige Kommission für das Aus-
stellungswesen, welche auch als eine solche „für die wirthschaft-
lichen Interessen der Aussteller" bezeichnet werden könnte,
bilden zu wollen. Die wesentlichste Aufgabe derselben faste ich
kurz in Folgendem zusammen:
f. Im Interesse von Pandel und Industrie ist die Auf-
einanderfolge der zahllosen Ausstellungen zu beobachten und
deren maßvolle Einschränkung zu erstreben.
2. Die enormen Summen, welche die Ausstellungs-Unter-
nehmungen verschlingen, sollen rationell und in erster Reihe
direkt zu Gunsten der Industrie und des Pandels (und nicht
einzelner Künstler bezw. Architekten) verwendet werden.
Es kann nicht einem Zweifel unterliegen, daß die Behörden
bei der häufig wiederkehrenden Inanspruchnahme für Aus-
stellungs-Unternehmen sich des Beiraths einer solchen „Ständigen
Kommission" gern bedienen werden, und daß für Industrie und
Pandel außerordentlicher vortheil hieraus hervorgehen würde.
Die Ausstellungen spielen in der Gegenwart eine so bedeutende
Rolle für Industrie und Pandel, daß es als eine arge
Schädigung insbesondere des Kunstgewerbes empfunden werden
müßte, wenn die Pandelskammer nicht mithelfen wollte, die
vorhandenen Mißstände für die Zukunft nach Möglichkeit zu
beseitigen.


Unsere Milöung.
Lugen Lapieng, der sich entschlossen hat, sein Skizzen-
buch — aus dem wir dieses Mal eine Probe geben — zu
veröffentlichen, steht seil länger als einem Menschenalter im
Berliner Kunstleben als Vertreter der angewandten Kunst, er
begann damals, als inan für letzteren Begriff lediglich den
Ausdruck „Kunstgewerbe" kannte. Als Zeichner und Modelleur
ging Lapieng in den siebenziger Jahren des verflossenen Jahr-
hunderts von Gold- und Silberschmiedearbeiten aus, um sich
nach und nach auch über andere Zweige des Kunsthandwerks
zu verbreiten, was er dabei an pilfsformen aus seinen Studien
der reichen Natur, des täglichen und festlichen Lebens bisher ver-
wendet, das ist hier auf zy eng gefüllten Blätern mit nicht weniger
als 2000 Motiven vereinigt. Durch die vorliegende Publikation
des Skizzenbuches hat die Firma Seemann Zc To, Leipzig,
namentlich jüngern Künstlern und Zeichnern ein sehr bequem
benutzbares Material zur Verfügung gestellt.
 
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