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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Kiesling, Ernst: Anton Klamroth
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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Ausstellungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0246

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2(2

Die Kunst-Halle.

Nr.

schließlich auf die Züge des Gesichts gerichtet, um uur
soviel von der Persönlichkeit Nikisch's sehen zu lassen,
wie gerade erforderlich war, sein Wesen zu erkennen.
Denn hierbei war es dem Maler weniger darum zu
thun, eine Schilderung des Menschen und seiner persön-
lichen Ligenthümlichkeiten zu geben, als vielmehr im
Bilde seine geistige Potenz, sein auf das rein Musikalische
gerichtetes geistiges Wesen zu versinnbildlichen. Das
Faszinirende in Nikisch's Wesen, seine hohe Begabung,
begeisternd auf seine Orchestermitglieder einzuwirken
und sein innerstes Empfinden auf die Hörer zu über-
tragen, tritt denn auch in dem Ausdruck des charak-
teristischen Kopfes zu Tage.
Obgleich Klamroth seine künstlerische Thätigkeit
vorwiegend nach der Richtung des realistischen Bildniß-
malers entfaltet, hat er doch auch in einigen Figuren-
bildern sich als xhantasievoller Darsteller bethätigt.
Das eine zeigt eine weibliche Gestalt, am Ufer des
Meeres fitzend, welche sich dem Zauber abendlicher
Stimmung in der Natur hingiebt. weiter veranschau-
licht er in einem anderen Bilde das räthselhafte Wesen
des Weibes in einer Frauengestalt, die, an eine Sphinx
gelehnt, mit der Rechten eine Schlange, in der Linken
einen Apfel hält. Endlich schuf er eine Halbfigur, die
aus mystischem Dunkel auftaucht und stieren Blickes auf
den Beschauer hinsieht, „Der Wahnsinn" betitelt.
Den Erfolgen Klamroth's als Bildnißmaler ent-
sprachen übrigens mehrfache Auszeichnungen auf Aus-
stellungen. Sein wichtigstes Verdienst aber, daß er
es als Pastellmaler verstand, die naheliegende Klippe
der Süßlichkeit zu vermeiden, und sich bestrebte, lebens-
wahre und charaktervolle Erscheinungen zu gestalten,
wird ihm zumal durch die dauernde Sympathie der
Leipziger Kunstkreise gelohnt.
Ernst Kiesling.

wiener /lu55tellungen.
Von Paul Wilhelm, Wien.

I. Sezession.
^^chenn man die diesjährige Frühjahrsausstellung
der Sezession betritt, fällt vor allem die
Naumeintheilung in kleine intime Gemächer
auf, die etwas streng abgeschlossenes haben,
und sich als angenehme Abwechslung von den großen
Bilderwaarenhallen, die wir von größerer! Ausstellungen
her gewöhnt sind, unterscheiden. Der erste Raum mit
einfacher Ausgestaltung von Z. Hoffmann wirkt nicht
übel. Die Mitte, etwas gegen den Hintergrund zu,
nimmt Richard Luksch' „Brunnen" ein, der bei aller
Eigenart in der Modellirung eines Reigens nackter
Frauengestalten doch feine und ernste Grazie zeigt.
Auch desselben Bildhauers „vier Brüder" (Porträt-
büsten) sind vortrefflich, weniger mag ich mich mit

den an Andris Faschingsscherze in Holz gemahnenden
Grotesken in Blei befreunden, soviel geistreiche Details
dieselben auch enthalten. Schon das Material scheint
zu schwer für einen solchen Ausdruck guter Künstler-
laune. Leider muß man die Arbeiten der begabten
Frau des Künstlers Llene Luksch-Makowsky bereits
zu jenen Schaustücken der Sezession zählen, die in aus-
giebiger weise für den guten Humor sorgen. Das ist
doppelt bedauerlich, denn die Dame hat viel Talent.
Nur muß sie sich ihre ausgesprochene Vorliebe für ver-
drehte Extremitäten, die förmlich nach einer Behandlung
durch Professor Lorenz schreien, abgewöhnen. Anton
Nowak hat eine ganze Reihe Landschaften ausgestellt,
die wohl etwas roh in der Durchführung anmuthen,
aber von guter Fernwirkung sind. Es ist eine zweifel-
los ernste Naturempfindung in diesem Künstler, nur
muß er sein starkes Temperament im Koloristischen
mäßigen lernen. Dann werden ihm ungleich reinere
Wirkungen möglich werden. Das letztere ist bei Hans
Tichy der Fall, der aus dunklen, niemals aus-
gesprochenen Farben, sehr angenehme und etwas
melancholische Stimmungen hervorzuzaubern weiß. Seine
Landschaften „Der Abend", „Am Ufer", „Seestudie"
sind von klarer Naturwirkung, während ein großes
figurales Bild „Der Tod und der Engel des Lebens"
noch ein wenig verworren und ungelöst in der
Komposition scheint. Aber auch in diesem Bild liegt
starke Empfindung und ein Zug in's Große, Ernste,
das sehr angenehm überrascht. Und nun Ferd.Andril —
Zch freue mich fast, ihn diesmal aufrichtig loben zu
dürfen. Sein Bild „Lassing", eine Schneelandschaft
voll starker tiefer Stimmung, mit einem prächtigen
originellen Gedanken in der Raumvertheilung des
Motivs, sowie die fest hingestrichenen Bilder „Ochsen-
gespann" und „Holzschlitten" sind von erfreulicher
Gesundheit. Za selbst mit seinen grotesken Holz-
schnitzereien vermag ich mich diesmal zu befreunden.
Er giebt sie als „Kinderspielzeuge" in Holz und bemalt
aus und da wirken sie mit einem Male ganz anders,
als da sie sich, etwa wie bei der Raumausgestaltung
zu Klingers Beethoven, mit ernster künstlerischer Miene
geben wollten. Zn diesen kleinen Holzdingerchen steckt
eine Fülle geistreicher und grotesker Einfälle der
plastischen Form in Verbindung mit Ornamenten und
einer witzigen Kolorirung, daß man Helle Freude daran
haben kann. Auch in den Zeichnungen für Gerlach's
„Zugendbücherei" ist viel Vorzügliches enthalten —
freilich scheint mir beides fast noch geeigneter als
Spielzeug für Erwachsene zu sein, die für all den
künstlerischen Uebermuth und Schnick - Schnack, der in
diesen Dingen liegt, das richtige Verständniß haben.
Rudolf Zettmar's vierBilder „Drachen und Ungeheuer"
zeigen wieder seine großen Zeichenkunst. Zn der
Komposition, noch mehr aber in der Farbe scheinen sie
mir matter, als seine früheren Sachen. Es hat den
Anschein, als suche er aus sich herauszugehen und dem
modernen Geschmack sich anzupassen. Nicht zum
Vortheil seiner Kunst, der die archaisirende Form am
innigsten vertraut war. Ueberraschend geradezu ist
diesmal Larl Moll, der Schindler-Schüler, der so ganz
zur Sezession geschworen, daß ihm viel seines besten
Könnens dabei verloren gegangen war. Diesmal giebt
er aber aus dem vollen seiner temperamentvollen Natur.
Er hat eine ganze Reihe, freilich nicht immer gleich
interessanter oder dankbarer Motive mit guter Farbe
und feiner Beobachtung wiedergegeben, und in kräftigen
Lichttönen feinen und zuweilen überaus schwierigen
Beleuchtungsproblemen eine sehr glückliche Hand gezeigt.
Max Kurzweil vermag keine ungetrübte Wirkung
 
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