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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Deutschland und die Weltausstellung in St. Louis
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Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0175

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Die Kunst-Halle.

Nr. sO


Kunst in Amerika geäußert. Interpellirt wurden die Geschäfts-
leiter der Firmen Franz pansftaengl, William Sch aus,
Ak. Anoedler u. To. und Theodor peinemann, die sich
sämmtlich viel um den verkauf deutscher Bilder bemüht und
dabei gerade in letzter Zeit mannigfache Enttäuschungen er-
lebt haben. Die genannten kferren bestätigten zunächst die Er-
fahrung, daß die Arbeiten der deutschen Künstler im Allge-
meinen nicht mehr dem dortigen Geschmack zusagen und daß
mit ihnen auch im Besonderen nicht annähernd so hohe Preise
erzielt werden können, wie mit französischen Werken, z. B. der
Barbizonschule.
perr Permann Echans ist übrigens der Meinung, daß
eine Wendung zum Besseren nur durch systematische Sammel-
ausstellungen angesehener deutscher Künstlergruxpen herbei-
geführt werden könne und zwar auf keinem anderer: Boden
als in New-Pork, nicht etwa in St. Louis. Wäre das nicht
ein schönes Unternehmen, werth von der allgemeinen deutschen
Kunstgenossenschaft in die pand genommen zu werden? perr
M. Knoedler giebt einen erheblichen Theil der Schuld an den
heutigen Verhältnissen den deutschen Malern selbst, die ihre
Werke häufig durch „Duplizirung" in den Augen der reichen
Amerikaner stark entwerthen und die Käufer aus diesem
Grunde oft schwankend machen.
Am nächsten steht allen diesen Fragen offenbar die
Münchener Kunsthandlung von Th. peinemann in New-
pork, die hier erst kürzlich eine deutsche Ausstellung eröffnete.
Die Auslassungen dieser Firma scheinen mir wichtig genug,
um sie ausführlicher wiederzugeben.
„Schon vor einem Jahre erging an die Maler deutscher
Kunststädte die Aufforderung behufs Betheiligung an einer in
St. Louis zu veranstaltenden Gemälde-Ausstellung. Nur
Wenige haben sich jedoch bereit erklärt und ich selbst, dem die
Leitung der Ausstellung angetragen worden ist, habe das An-
erbieten abgelehnt, da ich von der Veranstaltung keinen
finanziellen Erfolg voraussehen kann. St. Louis ist zu
abseits gelegen und Ausstellungs-Publikum kauft bekannter-
maßen keine Gemälde. Der Platz für eine solche Ausstellung
ist New-Pork mit seinem großen Reichthum und seiner An-
ziehungskraft auf die wohlhabenden Bewohner der übrigen
Großstädte des Landes. Dazu kommt, daß deutsche Gemälde,
mit Ausnahme der Werke weniger Künstler, hier zu Lande in
Mißkredit gerathen sind. Auch im Kunsthandel herrscht Mode-
geschmack vor, und während vor längeren Jahren deutsche,
dann italienische Gemälde Mode waren, sind es jetzt die Fran-,
zosen, und die hiesigen Kunsthändler tragen das Ihrige dazu
bei, dem amerikanischen Publikum die Gemälde deutscher
Künstler zu verleiden. Es scheint ein gewisses Einverständniß
zwischen ihnen zu bestehen, die Franzosen zu Ungunsten der
Deutschen zu empfehlen; vermögen sie doch auch für Gemälde
bekannter französischer Künstler das Doppelte und Dreifache
von dem Preise zu erhalten, der für ein vielleicht besseres
Werk eines deutschen Malers zu erzielen ist. Viele Leute sind
hier sehr schnell reich geworden, und glauben, auch etwas von
Kunst zu verstehen. Da liefern ihnen für solch angebliches
verständniß die Namen von Künstlern einen guten Anhalt,
und sie kaufen nicht Gemälde deren werthe nach, sondern
weil der Name des Malers einen guten Klang hat.
Den deutschen Künstlern, die Gleiches und Besseres wie
die Franzosen leisten können, fehlt es jedoch an Gelegenheit,
dem hiesigen Publikum bekannt zu werden .... wenn die
deutsche Regierung die Sache der deutschen Kunst in Amerika
fördern will, so sollte sie für eine Kollektiv-Ausstellung

in New-Pork für fünf bis sechs Monate sorgen, wobei eine
sehr sorgfältige Auswahl der Gemälde zu treffen und dafür
zu sorgen wäre, daß die Einfuhr der Kunstwerke keinen Fracht-
und Zollkosten unterliegt. Solchem plane würden voraussicht-
lich auch die großen deutschen Kunsthandlungen ihre Mit-
wirkung nicht versagen und unter kompetenter Leitung ließe
sich dadurch sowohl das Interesse der deutschen Kunst in
Amerika fördern, als auch für die sich an der Ausstellung be-
teiligenden Künstler ein finanzieller Erfolg erzielen."

ZrerSener Xunrtbries.
Interesse, das man seit der vielbesprochenen
v>» / Auseinandersetzung der Dresdener Bildhauer
mit den Vertretern der offiziellen Kaufkraft hier
der einheimischen Plastik entgegenbringt, ist das erfreu-
lichste Resultat jener vielfach so unerquicklichen Wochen.
Unter den praktischen Erfolgen, die den Künstlern aus
ihrem Vorgehen erwuchsen, darf der staatliche Wett-
bewerb um Arbeiten der Klein- und Kabinets-
plastik an erster Stelle genannt werden. ^2 Künstler
haben sich mit Arbeiten daran betheiligt, und die
Ausstellung der Entwürfe in der Aula der Kunstakademie
bewies, daß die qualitative Leistung hinter der quanti-
tativen nicht zurückzutreten braucht. Es waren nur
Arbeiten in altem Material zugelassen worden, oder
wenigstens war Bedingung, den Gips in einer Weise
zu behandeln, daß die Reize des zukünftigen Materials
sich schon in der gegenwärtigen Erscheinung klar aus-
prägten. Diese Bestimmung ist vom Standpunkte der
künstlerischen Erziehung wichtig genug: die Künstler
sollen sich daran gewöhnen, ihr Werk von vornherein
in einem bestimmten Material zu denken und dem
Publikum soll die Freude am Stofflichen geweckt
werden, wo die Surrogatmasse des Gipses bisher meist
Unbehagen oder wenigstens Unklarheit des Empfindens
hervorries.
Unter den Entwürfen steht obenan eine Bronze
von Rich. König, „Bindenanlegender Athlet", die in
der breiten, monumentalen Behandlung an den Stil
von Peter Behrens erinnert. Ein „Ruderer" von Ernst
Röder beweist, wie selbständig der Schüler Hähnel's
sich in den von Frankreich angeregten Realismus ein-
gelebt hat. Schreitmüller versucht sich in der lebens-
großen Büste einer Nonne mit gutem Gelingen in der
Technik der Holzschnitzerei, Erich Hösel bringt eine
Terrakottagrupxe, Beduine mit Kameel vom Samum
überrascht, eine Arbeit von lebensvollstem Naturalismus,
während Fabrioius, Gckelmann, Pfeifer, Schwan u. A.
ihre Akte mit geringerer Selbständigkeit und wechselnder
Anmuth durchbilden. Von Sturm finden sich eine ganze
Reihe geschickt, aber nicht immer manierlos em-
pfundener Terrakotten, meist lebhaft bewegte, über-
schlanke Körper; die Statuette eines jungen Mädchens
in Empiretracht von Otto päßler zeigt bemerkens-
werthe Frische und formale Gewandtheit. Im Ganzen
ergieht sich ein Bild der gegenwärtigen sächsischen
Bildhauerschule, das den Klassizismus verschwunden
und ein mit einer gewissen Vorliebe für das Anmuthige
besonders des weiblichen Körpers verbundenes Natur-
gefühl realistischer Tendenz an seiner Stelle zeigt.
Daß die 20 000 Mk., die zu Ankäufen verwendet
wurden, an keine Unwürdigen gelangt sind, davon soll
 
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