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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Heilmeyer, Alexander: Internat: Ausstellung der Sezession 1903, [1]
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Kiesling, Ernst: Sächsische Kunstausstellung Dresden 1903
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0375

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Die Kunst-Halle.

Nr. 2(

327

Durch eine kräftige Farbgebung fällt auch das Bild-
niß eines Herrn auf, der im roten Frack an seinem
Rappen lehnt. Auch hier war es Angelo Jank in
erster Linie um die Lösung eines koloristischen Problems
zu thun, ohne daß er darüber das Bildniß vernach-
lässigt hätte.
Lin Porträtmaler, welcher seine Aufgabe im Sinne
Lenbach's erfaßt hat und lediglich die physiognomischen
Eigenheiten der Gesichts- und Schädelbildung, haupt-
sächlich aber das Auge zum Ausgangspunkt seiner
Darstellung macht, ist Leo Sambergs r. Der Aus-
druck gilt ihm alles. Zndem er das individuelle Wesen
einer Persönlichkeit innerlich nachempfindet, gestaltet er
den Eindruck nach seiner Vorstellung. Am meisten
erfreut uns aber bei seinen Arbeiten seine Art zu
zeichnen. Er malt förmlich mittelst der Kohle. Line
Zeichnung von seiner Hand wirkt durchaus farbig,
wir vermissen das Kolorit nicht; wir ergänzen es
vielmehr aus unserer Vorstellung, weil der Lindruck
genug farbige Erinnerungsbilder hervorruft. Dies ist
natürlich um so leichter der Fall, da Samberger schon
seit mehreren Zähren damit beschäftigt ist, eine porträt-
gallerie bekannter Münchener Künstler auszuführen.
Von den alten und sungen Meistern fehlt bald keiner
mehr. Als besonders gelungen, können wir Heuer das
Bildniß von Defregger, Rudolf Seitz und dem Thier-
maler Hubert von Heyden bezeichnen, wenn Samberger
bei seinen Arbeiten die Farbe zu Hülfe nimmt, wirkt
er weit weniger frisch und unmittelbar. Habermann
dagegen ist ein Kolorist. Zn einem weiblichen Bildniß
giebt er die Persönlichkeit lebensprühend und bezaubernd
wieder. Dieses Bildniß könnte neben guten alten
Werken hängen.
Als eines der schönsten Werke der diesjährigen
Ausstellung möchte man Heinerich Knirr's „Familien-
porträt" bezeichnen. Schon die Gruppirung, eine
hübsche junge Frau mit ihren beiden nackten Knaben
vor einem Spiegel sitzend, in dem sich das ganze reiz-
volle Bild wiederspiegelt, muß als eine sehr verlockende
Aufgabe bezeichnet werden. Die koloristische Lösung
ist meisterhaft. Das Arrangement der Gruppe im
gegebenen Rahmen, die Durchbildung des Raumes, die
Wiedergabe des Spiegelbildes und neben der Harmonie
all der spielerischen bunten Töne eine technische Voll-
endung, die dem Glanz und Schimmer eines kostbaren
Geschmeides gleichkommt. Durch ähnliche malerische
(Qualitäten zeichnet sich auch ein Bildniß von Robert
wittek aus. Fritz von Uhde's„StilleNacht, heiligeNacht",
möchte man am liebsten auch zu den Familienporträts
rechnen, so intim, so traulich und eingehend in das
Wesen und die Stimmung der einzelnen Personen, ist
da die Weihnachtsfeier in einer deutschen Familie
geschildert.

5sck5i§cke AunLlsutttelkng Dreien 1S0Z.
Von Ernst Kiesling, Leipzig.
II.
ft/^^evor ich die von Herrn Dr. L. Haenel in No. (7
2 der „K. H." begonnene Besprechung dieser Aus-
stellung fortsetze, sehe ich mich genöthigt, auf
einige wichtige Punkte des ersten Berichts nochmals

einzugehen, da meine Ansichten über gewisse hier zur
Sprache gelangten Dinge doch nicht unwesentlich von
denen jenes Autors abweichen. Lin Stillschweigen
meinerseits aber könnte leicht den Eindruck erwecken,
als schließe ich mich den bereits niedergelegten Aus-
führungen völlig an.
wenn H. in der Einleitung seines Aufsatzes die Er-
folge hervorhebt, welche verschiedene umfangreiche
Dresdner Kunstausstellungen der letztverflossenen Zahre
im Gefolge hatten, so wird das jeder Billigdenkende durch-
aus berechtigt finden, denn diese Veranstaltungen sind
thatsächlich für die künstlerische Entwicklung Sachsens und
speziell Dresdens von nicht zu unterschätzendem Einfluß
geblieben, da sie sowohl in Künstler- wie in Laienkreisen
anregend und befruchtend wirkten. Um so eigentüm-
licher muß es jedoch im Hinblick auf diese Errungen-
schaften erscheinen, wenn aus den damals gemachten
Erfahrungen nicht die sich ergebende Tonsequenz gezogen
wurde, d. h. weßhalb man es heute vermied, sich der
Mitwirkung der hierbei zweifellos besonders betheiligten
Personen aufs neue zn versichern; sagt doch Herr H.
selbst im Hinblick auf die Zusammensetzung der jetzigen
Ausstellungs-Kommission: „Die schaffenden Hände sind
diesmal Novizen."
Ls liegt mir durchaus fern, hier persönliche Momente
mit heranziehen zu wollen, für mich handelt es sich
lediglich um das rein Sachliche und deßhalb lasse ich
die Frage, ob das Gesamtbild der diesmaligen Aus-
stellung bei anderer Zusammensetzung der Kommission
ein anderes geworden wäre, auf sich beruhen, sehe mich
jedoch veranlaßt zu bekennen, daß ich keineswegs
der Meinung bin, daß in der jetzigen Ausstellung
etwas geschaffen worden ist, „was sich der goldenen
Kette Dresdner Ausstellungen als vollgewichtiges Glied
anschließt." Die von mir vertretene Ansicht entspringt
der nicht fortzuleugnenden Thatsache, daß es nicht ge-
lungen ist, mit dieser Ausstellung ein umfassendes Bild
von dem heutigen Stand der sächsischen Kunst zu bieten,
sodaß vielmehr dasselbe ein lückenhaftes geblieben ist.
Einerseits fehlt eine ganze Reihe namhafter Vertreter
sächsischer Kunst überhaupt, von denen hier u. a. genannt
seien: Dietrich, Gärtner, Gottfried, Graff, Greiner,
Hofelich, Klamroth, Krabbe s, Müller-Kurzwell y,
Papperitz, prölß, Rau, von Reichenbach und
Straßberger, andererseits sind manche Teilnehmer
der Ausstellung durchaus nicht ihrem Können und ihrer
Bedeutung entsprechend vertreten; dies gilt namentlich
von Bracht, Klinger und prell. Sollte also diese
Veranstaltung nach jeder Richtung hin ihren Zweck
erfüllen, so mußte Sorge getragen werden, daß einmal
alle auf dem Gebiete der Kunst in Sachsen thätigen
angesehenen Kräfte mitwirkten, und zweitens sämmtliche
Theilnehmer sich mit dem Besten einfanden; was sie zu
bieten vermochten. Leider sind diese in erster Linie
unbedingt zu berücksichtigenden Forderungen nicht erfüllt
und somit auch der eigentliche Zweck des ganzen Unter-
nehmens nicht erreicht worden. Zu untersuchen, weßhalb
dies Manko sich eingestellt hat, ist nicht meine Aufgabe,
ich habe als Berichterstatter lediglich die Pflicht, die
Ehatsachen zu prüfen und festzustellen.
Dem modernen Kunstschaffen mit seiner auf starke
Wirkungen abzielenden temperamentvollen, mitunter
ungemein brüsken Ausdrucksfähigkeit, einen in ihrem
ganzen Wesen so überaus zartbeseitete, von reichbeseelter
Znnerlichkeit erfüllte Schaffensweise eines Ludwig
Richter gegenüberzustellen und anläßlich des (00. Ge-
burtstages (28. September (903) dieses Meisters^ der
 
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