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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Schmidt, Karl Eugen: Der Salon der Société nationale (Champ de Mars), [1]
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Haenel, Eric: Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0285

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Nr. (6

Die A u n st - a l l e.

2^7

Anordnung hat er die drei hübschen blonden Mädchen
aus einen viertheiligen Nundfitz gesetzt, dergestalt, daß
die mittlere dein Beschauer voll zugekehrt ist, während
die beiden andern den Kopf etwas zur mittleren her-
überdrehen, um mehr als das bloße Profil zu zeigen.
In der Farbe äußerst einfach schlagen die weiße und
die beiden schwarzen Seidenroben, der dunkelgraue
Grund, die blonden chaare und Das zarte Rosa des
Fleisches zu einem überaus kräftigen und vornehm
zurückhaltenden Akkord zusammen.
(Schluß folgt.)
DrerSner AlinMies.
(verspätet.)
(ch^^en Wanderer, der das weithin wallende Aehrenfeld
unserer künstlerischen Produktion, ungeachtet alles An-
krautes und Mißwuchses, mit nimmermüdem Fuße durch-
streift, führt dec Weg einmal im Jahre an ein Fleckchen junger,
eben emporgrünender Saat. Dann darf er ein Weilchen der
Würde überlegener, auf der pöhe der Gegenwart stehender
Realkäitik vergessen und sich mit offenen Sinnen der keimenden
Kräfte freuen, die da zum ersten Male um einen Platz an der
Sonne der öffentlichen Meinung ringen. Die Schüleraus-
stellung der Akademie, oder „Ausstellung von Studien-
arbeiten der Schülern . . . .", wie der offiziell-anspruchslose
Titel lautet, die uns der März beschcerte, hat auch diesmal
wieder ihren Theil zu jenem Aufstcigen kunstkritischer Frühlings-
gefühle beigetragen. Nicht nur die Summe des in einem
Jahre Geleisteten, das die mächtigen Säle auf der Brühl-
schen Terrasse kaum zu fassen vermochten, mußte imponiren,
sondern mehr noch die Gediegenheit des zur Schau tretenden
Könnens, die Fülle zweifelloser Begabung, die da unter ans°
gezeichneter Leitung zur eigenen Ausdrucksform hindurchzu-
dringen sich anschickt. Wenn auch diesmal nicht das Auftreten
eines besonderen, überragenden Talentes zu verzeichnen ist,
so darf sich doch fast jede Klasse mindestens einer gesunden
Individualität rühmen, der die stilistische Besonderheit des
Lehrers keine hemmende Schranke für ein persönliches Sichgeben
mehr bedeutet. Am stärksten wohl macht sich der nivellirende
Einfluß einer bestimmten, ausgereiften Naturauffassung in den
Arbeiten des Bracht'schen Ateliers geltend, auf die also auch
unsere kürzlich ausgesprochene Kritik des Meisters selbst im
Wesentlichen paßt. Zu Angunsten der Schülerleistungen fällt
natürlich ins Gewicht, daß hier die gerügte verschleifung, ja
Vergewaltigung des einfachen Naturbildes, als angelernte
Note, weit öfter zur Manier, im schlimmsten Sinne des Wortes
führt. Am glänzendsten schneidet diesmal das Atelier Prof.
Prell's ab, wo wir einigen, technisch unanfechtbaren und echt
bildmäßig aufgefaßtcn Kompositionen größeren Formates be-
gegnen; unter den Schülerarbeben der Kühlklasse findet sich
neben mehreren sehr tüchtigen auch eine Anzahl recht unfrische
und ersichtlich nach einem äußerlichen Effekt haschende Bilder.
Ausgezeichnete Erfolge kann der Malsaal Prof. Bantzer's, so-
wie die Zeichenklasse der Professoren Müller und Schindler auf-
weisen. Daß die Grundlagcn, die hier gelegt werden, den
breiten Gberbau eines soliden malerischen Gesammtstudiums
wohl zu tragen vermögen, werden die kommenden Jahre mit
ihren Debüts des jungen Nachwuchses ohne Zweifel bestätigen.

von den Werdenden zu dem, im reichsten Ueberflusse
schöpferischen Lebens Seienden führt uns diesmal ein kurzer
Schritt. Bei Arnold zeigen ^2 Bilder Pans Thoma's
die Entwickelung des schwarzwäldcr Bauernsohnes durch drei-
einhalb Jahrzehnte. Das Thomaproblem, das penry Thode
in einem seiner bekannten Vorträge auch den Dresdnern zu
gleicher Zeit nahelegte, wird durch einige Pauptwerke der
dritten Periode wirksam beleuchtet. Die „Gralsburg" mit der
Landschaft, die fast an den Karersee erinnern könnte, ist zwar
weit mehr lyrisch als episch empfunden, aber doch von einer
hinreißenden Größe und Religiosität des Wurfes; man beachte
die an sich so einfachen kompositionellen Mittel, durch die dem
Beschauer, der mit dem stillen Reiter zieht, die mystische Tiefe
des Raumes, das weltferne Ruhen der Stätte der (Pual und
der Erlösung verheimlicht wird. Wer möchte nach solchem
Eindruck, in der Gruppe „Siegfried und Brünhilde" mehr als
eine opernhaft steife Inszenirung des dramatischen Vorgangs
sehen, bei dem auch kein Funke der bei Wagner so über-
gewaltigen Empfindung herausschlägt! Einzelheiten, wie das
abscheuliche Körperprosil der stark geschnürten peldenjnngfrau,
die pathetische pandbewegung Siegfrieds mit dein unnatürlich
dünnen Gelenk, treten neben dem schwächlichen Kolorit be-
sonders peinlich auf. Nur der für Thoma so charakteristische
Mangel stärkerer Selbstkritik, das instinktive AunnAusöruck-
Drängen des inneren Schaubildes kaum solche Schöpfungen
erklären. Zum farbig Edelsten der Ausstellung gehören die
beiden Landschaften von ;882 „pcimkehrcnde Kuhherde" und
„Auf der pöhe", beide von einem Duft der Ferne und einer
Tiefe in den Kulissen des Vordergrundes, die Fontainebleauer
Erinnerungen lebendig macht. Den Porträts junger Mädchen
von ;8Z6 fehlt fast jede Beseelung, während der Kopf von
Thoma's Gattin den ganzen herben Liebreiz der Italienerin,
trotz aller Spuren des Alters athmet Solcher Gegensätze
ließen sich noch mehr aufstellen; aber nur Kurzsichtige können
dadurch des Meisters goldhelles Bild ernstlich verdunkelt wähnen.
Wenn jetzt in Karlsruhe gar noch Trübner an seine Seite tritt,
ist das Schwergewicht deutscher Kunstthätigkeit im Westen für
absehbare Zeit der badischen Pauptstadt gesichert.
Die Wcrthe, wie sie hier nur bei ernster Versenkung in
die künstlerischen Schöpfungen gewonnen werden, präsentirt
die gleichzeitig bei L in i l Richter veranstaltete Ausstellung
des Wiener Künstler bund es Pagen schon dein flüchtig
Betrachtenden. Dort schwerblüte, oft schwerfällige Empfindung
unter manchmal kaum geschliffener Form, hier ein keckes
Spiel mit leicht errungenen Wirkungen, ein Exterieur von
blendender Anmuth, ohne den Kern künstlerischer Ueberzeugungs-
kraft. Man erkennt den oblongen Saal kaum wieder: die
Wandverkleidung in schwarz und grau mit dein feinen Absinth-
glasdekor, das tiefgcspannte velum aus spinnwebzartem Nessel
die durchbrochene Zwischenwand mit dein leuchtenden Roth der
Azaleentöpfe, dazu der wundervoll eingelegte runde Tisch mit
den Fauteuils aus braun polirtem Ahorn mit versilberten
Metallschuhen — alles von einer rafsinirten Eleganz, als
Rahmen unaufdringlich und pikant zugleich. Nur ist das Ganze'
das Joseph Arban und Ferd. Graf schufen, für Gelgemälde
fast zu feingliedrig, weit mehr, und hier allerdings geradezu
ideal, für graphische Arbeiten passend. Die Arbeiten selbst
sind im Durchschnitt gut, ohne besonders kräftige eigenartige
Talente zu offenbaren; man nehme die „Aufmachung" weg,
und das rein künstlerische Niveau der Ausstellung braucht nur
wenige Worte. Doch wird man W. Pampels geistreichen, z. Th.
auf Schwanenhaut gemalten Frauentypen wie dem, breit und
 
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