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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Hood, Fred: Stuckdecken
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Leipziger Kunstbericht
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(68

Die Kunst-Halle.

Nr. U

über denselben die Leinwand und vollendet dann den Guß, so
daß das Material beim Erstarren den Faserstoff fest in sich
einschließt. Ferner werden Metallfedern eingegossen, welche zur
leichteren Oernagelung oder Oerschraubung der Stuckthcile dienen.
Die Einführung dieses Trockenstucks bedeutete einen großen
technischen Fortschritt, da man die Gliederungen nun in größerer
Länge oder in größerer Fläche Herstellen konnte, bei ganz er-
heblicher Oerminderung der Stärke und des Gewichts.
In Frankreich hatte inan inzwischen wieder in etwas ver-
änderter Form das alte italienische Oerfahren belebt. Die
weiche, knetbare Masse wird in Gixsformen gedrückt und nach
dem Erhärten mit Stifter! an Decken und Wänden befestigt.
Bei diesem Material werden die Kanten, Adern u. s. w. aber
nicht so scharf wie beim Gipsstuck, vielmehr ist noch ein Nach-
arbeiten mit dem Messer erforderlich. Es lassen sich auf diese
Weise allerdings sehr feine (Ornamente Herstellen, nur sind sie
verhältnißmäßig schwer; die Arbeit ist auch sehr mühsam, weil
die Reliefs in kleinen Stücken erzeugt und dann sorgfältig an
einandergefügt werden müssen.
Unter diesen Umständen mußte man den Trockenstuck als
zweckmäßigstes Material für wohlfeile Reliefdekorationen be-
trachten. Dabei nahm man aber große Uebelstände als etwas
Selbstverständliches nut in den Kauf. Die Güsfe kommen häufig
krumm und schief aus den Formen heraus, und alles Nach-
bessern vermag das Uebel nicht zu beseitigen. Ferner muß der
Stuck in den putz eingelassen werden, damit die Flächen,
welche als Träger des Ornaments dienen, mit der putzstäche
Zusammengehen. So entwickelt sich das Ornament nicht in
freier, ungebundener weise, wie dies bei dem Antragstuck der
Fall ist; es bleibt immer an die Grundplatte gebunden, kann
sich nicht frei über die Fläche ranken. Dazu kommt, daß das
Einlassen der Grundplatten, welche fast nie ganz eben und
korrekt ausfallen, nicht in tadelloser Weise erfolgen kann; sie
zeichnen sich auf der Putzfläche ab und geben auch zur
Bildung von Rissen Veranlassung, welche das ganze Werk
entstellen.
Die stille Sehnsucht der Architekten war stets die freie
Verwendung des Antragstucks, welcher den künstlerischen Ab-
sichten natürlich am trefflichsten zu entsprechen vermag; nur
ließ sich derselbe nicht in wohlfeiler Weife erzeugen. Auch
hatte man den polizeilichen Bestimmungen für die sichere und
einwandfreie Befestigung des Stucks Rechnung zu tragen. Auf
die Idee, das Relief von der Fläche loszulösen und es als
etwas Selbständiges zu behandeln, wie es Lauermann thut,
konnte man allerdings so leicht nicht verfallen, weil das Material
an sich nicht widerstandsfähig genug ist, um es in ganz
dünnen, durchbrochenen Blättern, etwa wie aus Zink getriebene
Stücke, nach dem Bau zu liefern.
Aber es muß einleuchten, daß dies die Lösung eines
künstlerischen Problems bedeutet. Die Putzfläche wird als
Ganzes hergestellt und bleibt unverletzt. Das Relief wird als
solches ohne jedes Beiwerk, schlank und zart, dein freien
Willen des Architekten folgend, über die Fläche gelegt. Aus
Gips allein lassen sich derartige Reliefs natürlich nicht Her-
stellen; inan bedurfte dazu einer neuen Komposition, welche
den leichten Blättern palt, Festigkeit und Elastizität verleiht
Lauermann hat seinem neuen patentirten Material, dessen Ver-
stellung natürlich Geheimnis; des Erfinders ist, den Namen
„Stuccolin" gegeben.
Wenn wir ein Stück Stuocolinornament in die Vaud
nehmen, so erstaunen wir über die große Leichtigkeit und Fein-
heit desselben bei großer Festigkeit; schlankes Blatt- und

Rankenwerk ist elastisch gearbeitet, so daß Beschädigungen
selbst bei weitem Transport der Stucks nicht leicht vorkommen
können. Ich denke mir, daß sämmtliche Stücke einer Decken-
dekoration, zusammengelegt, einen äußerst bescheidenen Raum
einnehmen müssen, und daß die Transportkosten dieses Materials
nur noch ein Minimum ausmachen können. Die Feinheit und
Frische dieses ungebundenen Reliefs lassen dasselbe nur als
ein vortreffliches Ersatzmittel für Antragstuck erscheinen; die
Vorzüge des Stuceolins vor diesem bestehen aber in der be-
deutend größeren Billigkeit des neuen Materials; auch kann
natürlich Antragstuck nur durch einen fertigen Künstler aus-
geführt werden, während das Ansetzen des fertigen Stuccolin-
ornaments durch jede untergeordnete Kraft erfolgen kann. Im
klebrigen ist beim Stuccolin ein Abspringen einzelner Theile
ausgeschlossen.
Leipziger Auurtbericilt.
im Aunstsalon F. W. Mittentzwoi-Mindsch
zur Zeit veranstaltete Nachlaßausstellung des am
H8. Juli vorigen Jahres in Leipzig verstorbenen Prof.
James Marshall lenkt die Aufmerksamkeit nochmals
auf einen Künstler, der im Beginn feiner Kunstlaufbahn
unverkennbar den Anlauf zu einer großzügigen Kunst
genommen hatte, denn sein im Jahre (866 ent-
standenes Bild „Tartini's Traum" oder „Die Teufels-
sonate", welches sich in der Münchener Schack-Gallerie
befindet, ist nicht blos groß konzipirt und von einem
schönen Rhythmus der Linienführung erfüllt, sondern es
weist auch vortreffliche (Charakteristik auf und ist im
Pinblick auf die damalige Zeit merkwürdig gut gemalt.
Ts zeigt den in Schlaf gesunkenen Tartini, der be-
kanntlich vor feiner Künstlerlaufbahn eine Zeit lang im
Kloster lebte, in der herabhängenden Linken sein
Instrument haltend, während die erhobene Rechte im
Traum den Bogen zu führen scheint; neben ihm fitzt
der Teufel, der ihm dem „Trillo di diavolo" zu hören
gegeben hatte, der nun im Traum wie nachher im
Wachen die Seele des Künstlers erfüllt und ihn nicht
ruhen läßt, bis er sich die ungemein schwierige weise
zu eigen gemacht, mit der er dann als Geiger so außer-
ordentliche Triumphe feiern sollte. Tine Abbildung und
ausführliche Geschichte dieses Bildes hat bald nach Er-
scheinen dieses Gemäldes, das seiner Zeit großes Auf-
sehen erregte, die Seemann'sche Kunstzeitschrift ver-
öffentlicht.
Bezeichnend für die Schaffensweise Marshall's, der
(838 in Holland geboren, frühzeitig mit seinen Tltern
nach Weimar kam, um dort unter Friedrich preller's
Leitung sich künstlerischen Studien hinzugeben, die er
nachher bei N. de Kayser in Antwerpen, sowie in
Paris fortsetzte, ist die Leichtigkeit, mit der er den
kompositionellen Aufbau zu lösen wußte. Dies bekundeu
eine ganze Reihe von ihm ausgeführter wand- und
Tafelbilder, z. B. die in der Albrechtsburg in Meißen
befindlichen Wandgemälde „Geistlicher Konvent unter
Kurfürst Moritz (8^5" und „Tod des Kurfürst Moritz
(553", von denen in der jetzt veranstalteten Ausstellung
die farbigen Entwürfe zu sehen sind; ferner sei auf den
Entwurf zu einem Theatervorhang, der als Motiv den
„Traum des Pans Sachs" zeigt, „Petrus und die Lands-
knechte an der pimmelsxforte" (nach Pans Sachs) als
Grisaille behandelt, „Der Welthandel", Entwurf zu
 
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