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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Wider die Künstlerkonkurrenzen
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Rheinisch-Westfälische Bildhauerkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0050

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38 D i e A u n st - L) a l l e. Ar. 3

UlleiniLck-VertMkclie Zilöksuerlcun5t.
den beiden westlichen Provinzen unseres Vaterlands
hat neuerdings eine Gruppe von 2^ angesehenen Bild-
Hauern einen Verein zur Förderung der Bildhauer-
kunst in Rheinland und Westfalen gegründet. Die
Thatsache, daß es sich hier nicht um eine der gewöhnlichen
Vereinsbildungen handelt, wie sie fast allwöchentlich an das
Tageslicht treten, sondern um eine Frage von weittragender
wirthschaftlicher und künstlerischer Bedeutung, legt uns, die wir
in diesen spalten die Rechte und Interessen der deutschen
Künstler vertreten, die Pflicht auf, den Absichten dieser rheinisch-
westfalischen Bildhauergruppe näher zu treten. Eine schöne
Publikation, mit der sich der junge Verein an die Meffentlich-
keit seiner Peimathprovinzen wendet, erleichtert uns jene Auf-
gabe. Unter obigem Titel schildert der Vorsitzende des Vereins,
Bildhauer A. Frische-Düsseldorf, die Lage der deutschen Plastik
in der Gegenwart, die Jentralisirung der bildnerischen Tätig-
keit in den großen Residenzen, die den Kunstkräften der Pro-
vinzen immer mehr den Boden einer selbständigen und eigen-
artigen Entwicklung entziehen. Dadurch verkümmert hier das
Kunstleben immer sichtlicher und die wirthschaftlichen Verhält-
nisse in den beteiligten Kreisen werden von Jahr zu Jahr-
trauriger. Dem Vorwort seiner Publikation läßt der Verein
eine große Zahl von Lichtdruckaufnahmen plastischer Werke
seiner Mitglieder folgen. Es sind Grabmonumente, patriotische
Denkmäler, religiöse Schilderungen, Einzelstguren, Büsten,
Reliefs u. dgl. vorhanden, von Meistern wie W. Albermann,
El. Buscher, Küppers, Faßbinder u. A.
Lin Urtheil über die hier vorgeführten mannigfaltigen
Leistungen zu fällen, ist wohl nicht Zweck dieser Zeilen. Wir
nehmen hier nur Notiz von dem berechtigten Wunsche der
Mitglieder des Vereins, daß etwas geschehen müsse, um die
bedrohte Lage der Kunstkräfte beider Provinzen zu ändern,
pören wir also, wie sich die genannte Publikation an einigen
Stellen des Textes über die Ursachen dieser Situation und über
den weg zur Besserung ausläßt:
„ . . . . Niemand wird leugnen können, daß den Bildhauern,
die den Vorzug genießen, in einer Residenzstadt zu leben, durch
die Protektion der höheren und höchsten Behörden ein Mittel
an die vand gegeben ist, das sie befähigt, mit verhältnißmäßig
geringen Mühen zu einer gewissen Bedeutung zu gelangen.
Das geflügelte Wort „Kunst bringt Gunst" erfährt in den
Residenzstädten im eigentlichen Sinne des Wortes seine vollste
Rechtfertigung. Anders jedoch liegt es in den provinzial-
städten, wo ebenfalls eine große Anzahl tüchtiger und begabter
Leute an der Ausgestaltung einer deutschen Kunst mitarbeiten.
Mit ihnen muß man ausrufen: „Kunst bedarf auch der Gunst",
denn an den meisten kann inan beobachten, daß trotz rastlosen
Schaffens und bedeutender künstlerischer Fähigkeiten ihr Name
häufig nicht weit über das Weichbild ihrer peimstätte hinaus
bekannt ist. Ls fehlt ihnen eben der Rückhalt bei den Be-
hörden und infolge dieser sehr zu beklagenden Thatsache natur-
gemäß auch derjenige beim Publikum. . .
Line Zentralisation der Kunst kann niemals eine Er-
starkung derselben zur Folge haben. Sie wird vielmehr die
Ursache dazu sein, daß die freie künstlerische Bethätigung mehr
und mehr eingeengt und allmählich unter die Regie einzelner
maßgebender Persönlichkeiten gebracht wird, die ihr dann
naturgemäß den Stempel ihrer ureigenen und individuellen
Kunstrichtung ausdrücken.

Unter dem Namen: „Verein zur Förderung der Bild-
hauerkunst in Rheinland und Westfalen", mit dem Sitz in
Düsseldorf, haben sich nun vor einigen Jahren alle namhaftesten
Vertreter der Skulptur der genannten Provinzen zusammen-
geschlossen. Ls gehören demselben außer den ersten Kunst-
bildhauern in Düsseldorf diejenigen von Köln, Bonn, Aachen,
Münster re. als Mitglieder an. Der Zweck, den dieser Verein
verfolgt, ist ein vielseitiger. So ist z. B. unter Anderem beab-
sichtigt, bei der: Behörden und Korporationen zur Errichtung
von Denkmälern dahin zu wirken, daß gerade so, wie bei
Vergebung öffentlicher Monumente in den Residenzstädten
Berlin, Dresden und München rc. fast ausnahmslos dortige
Bildhauer beauftragt werden, in unseren Provinzen, wenn
angängig, nur hier ansässige Künstler zu berücksichtigen sind.
Des Ferneren betrachtet es der Verein als eine seiner vor-
nehmsten Aufgaben, der industriellen Vervielfältigung der
Denkmäler und dem hieraus resultirenden im höchsten Grade
schädigenden Einfluß auf unsere künstlerischen Bestrebungen
mit aller Energie entgegenzutreten.
Schließlich glauben wir auch zugleich im Interesse des
Publikums zu handeln, wenn wir uns bestreben, den überaus
großen Import ausländischer Skulpturen nach Möglichkeit
einzudämmen. Es handelt sich hierbei in der Hauptsache um
die noch immer in Mengen unseren heimischen Kunftmarkt
überschwemmenden italienischen und französischen Skulpturen,
die sür unverhältnißmäßig hohe Summen gekauft werden und
schließlich doch nur größtentheils den Werth von fabrikmäßig
hergestellten Arbeiten besitzen, eine Thatsache, von der man
sich leider immer noch allzu häufig in unseren Salons sowohl,
wie vor Allem auf unseren Kirchhöfen überzeugen kann.
Um das Interesse für plastische Kunst nach Möglichkeit
in weiteren Kreisen zu verbreiten, sollen dann fernerhin zeit-
weilig Wanderausstellungen plastischer Arbeiten durch den
Verein veranstaltet werden, die vor allem auch der Kleinplastik
Gelegenheit geben, zu ihren: Rechte zu kommen. In vor-
liegenden: werkchen beabsichtigt deshalb der Verein an der
pand der nachfolgenden Illustrationen zunächst einen kurzen
Ueberblick über den gegenwärtigen Stand der Rheinisch-West-
fälischen Skulptur zu geben und den weitesten Kreisen beider
Provinzen Namen und Werke der ersten Vertreter der plasti-
sche:: Kunst zur Kenntnis zu bringen, wir geben uns zwar
durchaus noch nicht der poffnug hin, daß selbst beim größten
Entgegenkommen seitens der Behörden und der interessirten
Kreise des Publikums die zu überwindenden Schwierigkeiten
leicht beseitigt sein werden, glauben jedoch, daß bei dem nun-
mehr betretenen Wege schließlich wenigstens ein gewisser Er-
folg gesichert ist."


Mer Sie Mnztlerkonkurrenren.
(Stimmen der Presse.)

werden an dieser Stelle von nun an öffentliche
Aeußerungen nachdrucken, die Protest erheben sollen
gegen das künstlerische K o n ku rr en z w e s e n, wie es nach
heutigen Gepflogenheiten so selten zum Segen für die sich arg
mühenden beteiligten Künstler wird, sondern einen schweren
Schaden für das künstlerische Schaffen der Gegenwart repräsentirt.
 
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