DOI Artikel:
Schapire, Rosa: Thoma's Wandgemälde in der Peterskirche zu Heidelberg
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0279
Wummer 16.
Merlin, 15. Mai 1903.
VIII. Jahrgang
LeittcbrM kiir IZunu unil IZunrtgewerbr
Organ für die Interessen aller ZitLen-en Künstler.
unst und Kultus haben sich in der katholischen Kirche zu einem
Ganzen vereinigst das den Beschauer dein Alltag entrückt. Die
Mauern sind in Pfeiler und Fenster aufgelöst, das verhältniß von Stütze
und Last scheint verschwunden. Ohne Basis und ohne Kapital steigen
die gothischen Pfeiler vom Erdboden bis in die kühne Wölbung — mit
ihnen strebt unsere Seele nach oben, ^n strahlendem Roth, in tiefem
Violett, in leuchtendem Gelb, in zartem Rosa fällt das Licht durch hohe
Fenster ein, und die suggestive Kraft der Farbe wirkt auf unser Gemüth.
An den Wänden hängen Bilder alter Meister: Gottvater und selige
Engel nehmen den Frommen in ihre Gemeinschaft auf, Maria, die
Himmelskönigin, öffnet ihm liebend die Arme. Prächtige Altäre stehen
in den Seitenschiffen, Blumen — fromme Spenden — blühen. Kerzen
flammen. Weihrauch erfüllt die Luft — hier wird geliebt und hier wird
geglaubt, und willig ergeben wir uns dem Stimmungszauber . . . Nichts
von alledem in der protestantischen Kirche. Selbst die kühne Raum-
wirkung der Architektur wird durch die Schmuck- und Farblosigkeit beein-
trächtigt. An den kahlen Wänden sieht man höchstens vereinzelt das
Porträt eines ehrwürdigen Pfarrers oder Kirchenrathes in weißer Hals-
krause. Die Kirche ist ein stummer, strenger Raum; sie spricht nicht zu
unserer Seele und findet auch durch die Sinne nicht den Weg zu unserer
Phantasie.
Herausgeber: Prof. I)r. lleorg llallancl, Lharlottenburg.
Telephon Amt Lbsrlottendurg, Ao. ISZZ.
krscheint sm I. unä IS. äes Monats. Abonnement pro gusrtsl 2 wk. — 2 pr. 40 IP. (bei äirekter
Aurenäung 2,Z0 Mk. — 2 IP. S0 IP.) bei allen Luchhsnäiungen unä Postämtern, (postreilungs-preislirte
Uo. 44ZH.) kinrelnummer 40 Pt. — ZV IP.
Verlag von ss siarinvit? llachlolger, Berlin SW. H8, Friedrichstraße t6.
Inhalt: Thoma's Wandgemälde in der Peterskirche zu Heidelberg, von
Rosa Schaxire. — Große Berliner Kunstausstellung tyos (I). von Georg
Galland. — Der Salon der Sociötö Nationale (I.) von Karl Eugen Schmidt.
— Dresdner Kunstbries. Von Erich Haenel. — Münchener Brief, von Leopold
Gustav. — Kunstgewerbliches: Zur Reform des Ausstellungswesens. — Unsere
Abbildung: Aus dem Skizzenbuche von Eugen Laxieng.
-—- Uotizenchrill---—-
Lkoms'5 VsnögenMe in Ser Merrkircke ru MSelberg
Von Rosa Schaxire, Heidelberg.
Merlin, 15. Mai 1903.
VIII. Jahrgang
LeittcbrM kiir IZunu unil IZunrtgewerbr
Organ für die Interessen aller ZitLen-en Künstler.
unst und Kultus haben sich in der katholischen Kirche zu einem
Ganzen vereinigst das den Beschauer dein Alltag entrückt. Die
Mauern sind in Pfeiler und Fenster aufgelöst, das verhältniß von Stütze
und Last scheint verschwunden. Ohne Basis und ohne Kapital steigen
die gothischen Pfeiler vom Erdboden bis in die kühne Wölbung — mit
ihnen strebt unsere Seele nach oben, ^n strahlendem Roth, in tiefem
Violett, in leuchtendem Gelb, in zartem Rosa fällt das Licht durch hohe
Fenster ein, und die suggestive Kraft der Farbe wirkt auf unser Gemüth.
An den Wänden hängen Bilder alter Meister: Gottvater und selige
Engel nehmen den Frommen in ihre Gemeinschaft auf, Maria, die
Himmelskönigin, öffnet ihm liebend die Arme. Prächtige Altäre stehen
in den Seitenschiffen, Blumen — fromme Spenden — blühen. Kerzen
flammen. Weihrauch erfüllt die Luft — hier wird geliebt und hier wird
geglaubt, und willig ergeben wir uns dem Stimmungszauber . . . Nichts
von alledem in der protestantischen Kirche. Selbst die kühne Raum-
wirkung der Architektur wird durch die Schmuck- und Farblosigkeit beein-
trächtigt. An den kahlen Wänden sieht man höchstens vereinzelt das
Porträt eines ehrwürdigen Pfarrers oder Kirchenrathes in weißer Hals-
krause. Die Kirche ist ein stummer, strenger Raum; sie spricht nicht zu
unserer Seele und findet auch durch die Sinne nicht den Weg zu unserer
Phantasie.
Herausgeber: Prof. I)r. lleorg llallancl, Lharlottenburg.
Telephon Amt Lbsrlottendurg, Ao. ISZZ.
krscheint sm I. unä IS. äes Monats. Abonnement pro gusrtsl 2 wk. — 2 pr. 40 IP. (bei äirekter
Aurenäung 2,Z0 Mk. — 2 IP. S0 IP.) bei allen Luchhsnäiungen unä Postämtern, (postreilungs-preislirte
Uo. 44ZH.) kinrelnummer 40 Pt. — ZV IP.
Verlag von ss siarinvit? llachlolger, Berlin SW. H8, Friedrichstraße t6.
Inhalt: Thoma's Wandgemälde in der Peterskirche zu Heidelberg, von
Rosa Schaxire. — Große Berliner Kunstausstellung tyos (I). von Georg
Galland. — Der Salon der Sociötö Nationale (I.) von Karl Eugen Schmidt.
— Dresdner Kunstbries. Von Erich Haenel. — Münchener Brief, von Leopold
Gustav. — Kunstgewerbliches: Zur Reform des Ausstellungswesens. — Unsere
Abbildung: Aus dem Skizzenbuche von Eugen Laxieng.
-—- Uotizenchrill---—-
Lkoms'5 VsnögenMe in Ser Merrkircke ru MSelberg
Von Rosa Schaxire, Heidelberg.