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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Galland, Georg: Zur Weihnachtslitteratur 1902 [1]
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0088

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72

tr. ö

Die Aunst-^alle.

ist und zwar durch Liebhaber- und Luxus - Ausgaben von
eleganter kostspieliger Ausstattung.
Die Berliner Bereinigung „Die Kunst im Leben des
Kindes" bat ein gleichbenanntes illustrirtes pandbüchlein sür
Eltern und Erzieher heransgegeben, das mehrere recht gut
geschriebene Aussätze zur ästhetischen Erziehung der Jugend
von den Autoren Lili Droescher, G. Feld, F. Stahl, M. Dsborn
und W. Spohr enthält. So lesenswerth an sich auch diese
Abhandlungen über Erziehung und Kunst, Naturbeobachtung
u. s. w. sind, so wird darin doch neben dem hübsch Bor-
gebrachten viel leeres Stroh gedroschen, und es steckt überhaupt
in der ganzen Bewegung ein gehöriger Schuß moderner
Bildungsheuchelei, die Manchem die Sympathie für die gute
Sache verkümmert. Erfreulich bleibt freilich in jedem Falle,
daß man in jener Bereinigung nicht daran denkt, mit den edlen
Erzeugnissen der historischen Kunst aufzuräumen, um an deren
Stelle lediglich moderne Arbeiten zu setzen. Wie bei allen
neuen Bestrebungen wird auch hier zu viel mit einem Male
begehrt. Mit eitler Systemmacherei wirthschaftet man kühn
darauf los, ohne sich um das gebrechliche Menschenmaterial
zu kümmern, auf das heutzutage pädagogische Felsblöcke
gewälzt werden: Das arme Kind soll und muß künstlerisch
vorgebildet werden und gehe dabei auch alle kindliche Naivität
in die Winde. Uns will der Bergleich mit dem Bären, der
aus reiner Liebe zu seinem perrn die Fliege auf dessen Gesicht
mit einen: Klotz erschlug, nicht aus dem Sinne.
Längst hat sich auch der Ophthalmologe des Lodens der
Schule bemächtigt und Virchow's berechtigter Ausspruch von
der optischen Hilflosigkeit vieler jungen Leute, die z. B. nicht
wissen, ob Roth in Schwarz, in Blau oder Braun schattire,
hat den Breslauer Augenarzt Prof. pugo Magnus zu Bor-
schlägen für eine systematische Erziehung des Farbensinnes
angeregt. Erklärlicherweise ist diese Erziehung beim männlichen
Kinde nothwendiger als beim weiblichen, da letzteres sich jeder-
zeit mehr mit farbigen Gegenständen beschäftigt. Prof. Magnus
bedient sich nun, um den Farbensinn dort zu bilden, wo ein
normales Farbenempsindungsvermögen zwar vorliegt aber noch
nngeschult geblieben ist, einer umfangreichen Farbentafel
und einer großen Anzahl von Farbenkärtchen. Er hofft
damit nicht etwa Farbenblindheit zu heilen, sondern das
betreffende Organ durch Uebung zur vollsten Funktionirung zu
erziehen. Die zur Verwendung gekommenen Farben sind bei
der hier vorliegenden II. Auflage der Magnus'schen Publi-
kation, sowohl was die Paupt- wie die Uebergangstöne betrifft,
in besonderer Reinheit hergestellt. Auf der Tafel sind in
g Reihen Z6 verschiedene Farben vorgeführt und daran zunächst
hätte der Schüler ausreichende Kenntniß von Farben und
Farbenmischungen zu gewinnen. Die weitere:: 72 Farben-
kärtchen geben zusammen mit den Farben der Tafel zu neuen
Hebungen, Vergleichen und Erörterungen Veranlassung, die
insgesammt den Zweck dieses Anschauungsunterrichts erfüllen.
Wir möchten allen Interessenten das Magnus'sche Werk, zu
welchen: auch ein kurzer Tert gehört, zu Versuchen dringend
empfehlen.
Den zahlreichen Freunden des illustrirten Künstl er buch es
von Franz per mann Meißner ist jetzt bereits Band 8
beschert worden: Adolph von Menzel, aus der Feder des
Perausgebers selbst, von dem allein die Watts-Biographie nicht
herrührt. Meißner, der schon manche anerkannt feine Exegese
moderner Kunstschöxfungen geliefert hat, brauchte dieses Mal
zwar nicht in verborgene Schönheitsfernen emporzusteigen, um
sie Andern zu enthüllen. Er hat die vielen bereits bekannte

Entwickelung des Berliner Altmeisters im Rahmen von nur
92 Seiten anschaulich und durchweg fesselnd geschildert.
Einzelne besonders zutreffende Bemerkungen über die originelle
Persönlichkeit der kleinen Exzellenz dürften, in der Fülle der
zeitgenössischen Aeußerungen, einer dauernden Beachtung der
künftigen Kunstgeschichtsschreiber sicher sein und dem heutigen
Publikum nicht minder Vergnügen bereiten.
Als ein ebenfalls reizvolles Büchlein präsentirt sicb eine
„Musenklänge" betitelte Sammlung von Zeichnungen,
Gedichten und Sinnsprüchen. Das mit farbigem Umschlag von
Franz Pein geschmückte Büchlein kommt uns aus dem Kreise
der jungen Karlsruher Künstler wie ein übermüthiger Schmetter-
ling entgegengestattert; es ist ganz geeignet, allen dankbaren
Leuten, die darin blättern, von der frohen Laune seines Inhalts
etwas abzugeben.
G. G.


Zerliner AunLkclisu.
Zur Feier seines 25jährigen Bestehens hat der Verein
für deutsches Kunstgewerbe in Berlin in den Räumen
der alten Akademie der Künste, Unter den Linden, eine Aus-
stellung von Arbeiten seiner Mitglieder veranstaltet. Die all-
gemeine Eintheilung und die künstlerische Anordnung hat der
Professor A. Grenander besorgt. Im Pinblick auf die schmierigen
Verhältnisse, auf die nicht gerade glückliche Lage des Uhrsaales
und seiner beiden langen Seitensäle, zu denen allerdings noch
ein paar weitere Nebenräume gekommen sind, muß mau die
Gliederung des Ganzen als recht geschickt bezeichnen. Auch
die künstlerische Ausstattung der Wände und Decken ist im
Großen und Ganzen erfreulich, besonders, von Einzelnen: ab-
gesehen, die des sogenannten Uhrsaales. Das sehr eigenartige
Portal, das den: altersgrauen Gebäude der Akademie nach
der Straße zu vorgebaut ist, fügt sich nut seinen großen
Linien trotz seines ausgesprochen neuen Stils nicht übel seiner
Umgebung ein. Auch der Aufgang zeigt festliches Gepräge.
Daß aber der Gesammteindruck der Darbietungen ein ein-
heitlicher oder imponierender wäre, kann man nicht sagen.
Man fragt zunächst: Wo beginnt die Kunst in: pandwerk?
Kunst und Kunstfertigkeit sind denn doch zwei sehr verschiedene
Dinge, und wenn inan die letztere auch bei einem Raum wie
den: „Speisezimmer" des Königl. Poftischlermeisters Groschkus
gern anerkennt, so ist von der ersteren hier doch sehr wenig zu
spüren. Pier ist eben nur pandwerk, auch tüchtiges pandwerk,
aber doch keineswegs schöpferisches Kunsthandwerk! Aehnliches
muß von manchem anderen Raun: der Ausstellung gesagt
werden, wenn auch in fast allen anderen wenigstens mehr
Geschmack zu Tage kommt. So z. B. in dem großen „Speise-
zimmer" von Permann Gerson, das der Architekt N.
Wisniewski entworfen hat. Auch hier ist allerdings in:
Wesentlichen starke Anlehnung an altbewährte und sehr ver-
breitete Muster, und nur vereinzelt, wie in den Sesseln, ein
Streben nach neuen Zielen zu finden, aber diesen: wohl für
ein Schloß oder doch schloßartiges Wohnhaus gedachte
Zimmer fehlt es nicht an Abrundung und Stimmung; der
große Raun: hat durch die Anordnung der dunkel gehaltenen
Möbel, durch das die rechte Wand bedeckende, inächtige Buffet, durch
den Kamin im Mittelgründe, das über die ganze linke Seiten-
 
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