Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 8.1903

DOI Artikel:
Dworaczek, Wilhelm: XXX. Jahresausstellung im Künstlerhause, (Schluss) [2]
DOI Heft:
Grosse Berliner Kunstausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0320

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
278

Die Aunst-^alle.

Nr. (8

gleichfalls härter und nicht so lebendig als sonst. Ähn-
liches gilt auch von Tarl Zewy. Lchgo Darnaut
bleibt in seiner trefflichen, sympathischen Art auf ge-
wohnter bsöhe. Alfred Zoff, sonst von anheimelnder
Natürlichkeit, beginnt in grünlichen Kolorits zu exxeri-
mentiren, während August Schäffer, der eben seinen
70. Geburtstag feierte, in drei vortrefflichen Bildern
seine eigentlich erst in den letzten Zähren so rein
wirkende Kunst erweist.
Auch die Ausländer haben sich zahlreich mit Land-
schaften eingestellt, zu zahlreich, als daß man allen ge-
recht zu werden vermöchte. Da ist außer den schon
erwähnten Worxswedern vor allem Max Clärenbach
zu nennen, dessen „Stiller Tag" — ein breiter Fluß
mit schneebedecktem Ufer voll kalter nebeliger winter-
stimmung — tiefe und starke Wirkung hervorbringt.
Sartorelli in Venedig, F. Lucien, bhns Bartels
(München), der breite fest zugreifende Franz bhch,
Karl jAepho (mit einem sonnenglühenden Wüstenbild),
Th. Schinkel (Wilmersdorf), F. Kallmorgen mit seiner
natursicheren Stimmungskraft sind durch eine ganze
Neihe von Bildern vertreten. Dann j)eter j?aul Müller
in seiner schon ein wenig eintönigen Art, Ls- Zuber in
j)aris, Carl Schultze (Düsseldorf) mit einer feinen Thau-
wetterstimmung sind gleichfalls mit Anerkennung hervor-
zuheben. Meerbilder giebt es diesmal weniger als
sonst. Benes Knüpfer, dem das spezifische Naturbeob-
achten doch nicht völlig vertraut geworden, der aber
viel Geschmack und eine durchaus tüchtige Technik be-
sitzt, dann bhnter-Mason (Ldinburg) und khnry
Stacquet halten die Spitze.
Das Lsistorien- und Genrebild ist auch recht reich-
lich vertreten.' Da ist L. Veith mit seiner feinen, fast
etwas schwermüthigen Formenschönheit nebst den leuch-
tenden Farben, den dunkel getönten, tiefhaltenden Kolo-
riten, die an Makart und vielleicht auch an Alma
Tadema gemahnen, vor Allem zu nennen. Seine beiden
Bilder „Rast" und „Huldigung" (das erstere will mir
als das bessere erscheinen) bezeugen viel feines und ab-
geklärtes Kunstempfinden, wenn sie auch der sezessio-
nistischen Geschmacksrichtung unserer Zeit nicht ganz
entsprechen werden. Ts ist eben keine Natürlichkeits-
sucht, sondern ein bewußtes Schönheitsprinzip darin,
das um seiner selbst willen schöpft und schafft. Lin
Ähnliches gilt vielleicht auch von A. ch. Schramm,
der eine Madonna in geschmackvoller Umrahmung mit
zwei rechts und links knieenden Lngelgestalten in einer
Art stilisirtem j7runkstil malte und über sein Le Zensier
betiteltes Bild so viel leuchtende, schimmernde und auch
wieder dämmernde Farben gegossen hat, daß man an
die Wirkung gedämpfter orchestraler Musik voll süßer
Heimlichkeit gemahnt wird. Freilich hat man ein wenig
das Gefühl, als sei doch etwas zu viel Schönheit und
Süßigkeit zu allen diesen Gestalten verwendet und man
hat den Lindruck malerischer Schöngeisterei.
Fast wie ein prinzipieller künstlerischer Gegensatz
berührt Lgger-Lienz mit einein großen Genre-Ge-
mälde aus den Tiroler Freiheitskriegen. Schon mehr-
mals hat dieser ernste Künstler der Geschichte seiner
bseiinath Motive voll ergreifender Einfachheit ent-
nommen und hier mit einer ihm eigenartigen Wucht
durchgeführt, die bei aller Geradheit des Ausdrucks
und sedem Mangel abwägenden Schönheitsgefühls
dennoch niemals häßlich oder brutal wirkt. Sein großes
Bild „Nach dem Friedensschluß in Tirol (80s)", das
mit dem Lhrendiplom ausgezeichnet wurde, erweist alle
diese künstlerischen (Qualitäten aufs neue. Neben der
Alles groß erfassenden Technik ist die Kraft der Kom-
position und die, Energie der Durchführung zu be-

wundern. Anton Lslavaoeck hat einen Ahasver gemalt,
bei dem das landschaftliche Beiwerk das hauptsächlichste
zur künstlerischen Wirkung beiträgt, während gerade die
Figur etwas konventionell und unbedeutend gerathen
ist. Walter Firle's „Allein in der Welt" ist wieder
von jener einfachen Wirkung erfüllt, die diesem Künstler,
der in letzter Zeit nicht immer auf seiner Höhe war,
eignet. Willy v. Beckerath's „bsof der Venus" ist zweifel-
los von Klinger insxirirt, nur scheint der große Meister
für malerische Vorwürfe gerade kein glückliches Vor-
bild. Fehlt das Geistig-Bedeutungsvolle, das bei
Klinger im Figuralen liegt, etwa wie bei Beckerath,
so ist der Nest wenig erquicklich. j)lä y Nubio in
Tadix hat auf einer umfangreichen Leinwand einen in
den Troxenländern fern von der bseimath gefallenen
französischen Soldaten gemalt, ein Bild, das mehr
durch die Tendenz des Motives ergreift, als durch be-
deutsame malerische (Qualitäten. Ts wirkt etwas roh
und Panoramenhaft.
prächtig ist wieder G. hsitchcock mit seinen „hsol-
ländischen Blumen", einer Holländerin, in ihrer so herb
und freudig wirkenden Schönheit zu einem Blumenfeld
in einen prächtig gestimmten Farbenakkord gebracht und
die „Flucht nach Egypten", in der der Meister dem so
oft behandelten Motiv neue Zauber abgewinnt, so tief
aus einem malerischen Farbenemxfinden heraus, daß
man es wie eine kleine Offenbarung empfindet, wie-
viel Leben liegt doch in der Farbe allein, wenn man
sie künstlerisch zu werthen und zu verwerthen versteht.
Nun wäre noch Gedön j? ick's vortreffliche Tempera
„Betende Alte" zu nennen, die wohl nicht schön, aber
voll charakteristischer Ligenart ist, dann Louis Uhl's
feinfarbiger „Abendspaziergang" u. m. A. Frau Ida
T. Stroever hat eine Reihe vorzüglicher Litho-
graphien ausgestellt, die Beachtung verdienen, und
auch Bruna bsbroux Llfenbilder (Griginal-Litho-
graphien) und die feinen Miniaturen auf Elfenbein
von Francois Bulens in Brüssel mögen nicht ver-
gessen sein. Alles in Allein eine Ausstellung, die viel
Gutes bringt und trotzdem, durch die Ueberfülle des
Gebotenen, und die verschiedenartigsten Stile, die sich
hier gegenseitig um die Einheitlichkeit der Wirkungen
bringen, kein reines künstlerisches Genießen.
s)anl Wilhelm.

Lrorre Zerliner Xunrlsu55tellung IW.
II.

^der kürzlich gegebene Reberblick läßt schon die
Schwierigkeiten ermessen, die sich der Be-
urtheilung der diesjährigen Ausstellung nach einem be-
stimmten Maßstabe entgegenstellen, was ist hervor-
ragend? was darf als unbedeutend bezeichnet werden?
wenn wir die feinsten Amerikaner, einige Londoner
Koryphäen des Pinsels und die alten Größen des
pariser Impressionismus — Arm an Arm sehen neben
den heimischen Künstlern von mehr oder minder aus-
giebigem Talente? Ich rechne mich übrigens ohne Lr-
röthen zu den Ketzern, die gar nicht entzückt sind von
der für die Bostoner Bibliothek bestimmten Riesenlein-
wand des jDuvis de Thavannes, einer auch nicht
monumental empfundenen Grisaille, die den Trecento
 
Annotationen