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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Dworaczek, Wilhelm: XXX. Jahresausstellung im Künstlerhause [1]
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Kunstaustellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0304

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26^

Die Kunst-Palle.

Nr. (7

auf die Leinwand bannte, daß man ihr aufmunterndstes
Lob spenden muß. Sie sitzt heute fester im Sattel, und
weiß ihr künstlerisches pandzeug tüchtiger zu gebrauchen,
als mancher ihrer männlichen und darum gewiß häufig
bevorzugten Rollegen. Auch Ld. Lebiedzki, Louis
Uhl, Oswald Grill und Nicolaus Schattenstein
sind mit guten Porträts vertreten. Lenk ach's Bildniß
eines kleinen Mädchens ist eine Freude für sich. Man
mag sich an der tiefen Grazie dieser energischen Künstler-
hand immer wieder ergötzen.
Paul Wilhelm.
(Schluß folgt.)

VII.Run5tsur5teIIungi>erZerIiner5ere5rion.

III. (Schluß )
on süddeutschen Kunstarten ist auch Karlsruhe
nur mit wenigen Arbeiten vertreten, Thoma,
der jetzt überall Auftauchende, allein nut dem Bilde:
Landschaft mit allegorischer Figur. An einem kräftigen
Baume lagert eine blau draxirte Nymphe, daneben ein
Neh. Die Farbendreizahl dunkelgrün, blau und braun
bildet einen kräftigen Akkord, der dem Idyll einen
eigenen gesättigten koloristischen Neiz verleiht. Auch
Pans von Volkmann, der früher helltöniger malte, hat
sich in seinem „grünen Abhang" zu jener satten dunkel-
grünen Färbung bekehrt. Verwandte Farbenstimmung
besitzen auch W. Trübner's „perbstlandschaft" und
„Odenwaldmotiv mit dem Siegfriedsbrunnen"; ich
ziehe beide seinen figürlichen Studier: — Neiterporträt,
Postillon, Damenbildniß — vor, an welchen Trübner
mit breiten unvertriebenen vertikalen Pinselstrichei:
pleinairmalerei demonstrirt, in seiner Weise, die von
manchen Beurtheilern für bedeutsam erklärt, von der
Mehrheit aber nicht goutirt wird. Die Nachahmung
dieser Malweise ist bei der Gattin des Künstlers, die
ein Stück Bett nut dem von der rothen Bettdecke
abgeschnittenen Kopf einer häßlichen Frau als „Porträt
der Malerin Ida Görtz" euphemistisch bezeichnet — zu
völliger Rohheit ausgeartet.
Was sonst noch von Arbeiten deutscher Maler
einiges Interesse zu erwecken vermag, ist schnell zu
nennen. Der Frankfurter Jakob Nußbaum zeigt hier
eine sehr große leuchtende Leinwand mit einer derb
und sest gemalten „Spazierfahrt" in: parke. Sein
Landsmann Fritz Boehle versucht in einer braunge-
tönten, trüben, plumpgestalteten „Feldarbeit" in: Stile
des alten Bauernbrueghel eine eigene Note, die aber
zugleich an die Art Tourbet's (das Bild „Steinklopfer")
und die des Brüsselers Laermans erinnert. Ls- Nath-
Stuttgart liefert in einer Abendszene auf der Außen-
Alster bei Uhlenhorst ein verständig aufgefaßtes Stück
Dunkelmalerei. Daran möchte ich die Worxs weder
Modersohn und Pans am Ende schließen, die ich selten
so schwach wie hier gefunden habe. Ihre schlichten
Motive „Torfschneiderin", „Dämmerstimmung", „Vor-
frühling" sind die bekannten, nur der nachhaltige
Lindruck, den die perren früher mit ihrem tiefgründigen
Naturalismus oft erreichten, bleibt dieses Mal völlig
aus. p. Vogeler, der Poet der Worxsweder, dagegen
erscheint noch künstlerisch gewachsen; man darf ihn

heute beinahe neben Thoma nennen. Seine junge
Mutter mit dem Kind in einer blühenden Laube muthet
wie eine modernisirte Schongauersche „Madonna im
Rosenhag" an; es ist ein prächtiges Stück Malerei,
voll Poesie und Innigkeit im Ausdruck und unendlich
sorgfältig in der Zeichnung des Figürlichen, der Blüthen
und Blätter.
Meister Th. Pagen-Weimar hat zwei sonnige
herbstliche Naturausschnitte geschickt, die durch die
liebevolle Behandlung des einfachen Motivs ansprechen.
Mehr auf koloristischen Lffekt hin hat I. von Lhren
(pamburg) ein famoses hellgetöntes Lntenbild und
G. Linbeck (Dresden) eine kleine Strandpartie mit
ultramarinblauem Pimmel gemalt. Der meist in London
lebende Kölner Neven-Du-Mont stellt im kleinen Format
eine stimmungsvolle Mondnacht und eine grün kostümirte
sitzende Dame aus.
Was schließlich die Ausländer betrifft, so kann
hier von einer kollektiven Betheiligung lediglich der
pariser Maler die Rede sein. Sonst hat das Aus-
land nur wenige Vertreter in dieser Ausstellung aufzu-
weisen. Auf den kleinen Raum der Franzosen be-
sonders stolz zu sein, liegt wirklich keine Veranlassung
vor; einzelne dieser Bilder und Studien sind so rohes
und blödes Zeug, daß deren Schaustellung wohl ver-
muthen läßt, wie niedrig inan den Geschmack und die
Urtheilsfähigkeit des hiesigen sezessionistischen Stamm-
publikums einschätzt. Andererseits sind z. B. Arbeiten
von Forain, Manet, Thaulow sehr erfreulich. Die
dunkle Schwurgerichtsszene von Forain hat etwas
von der grotesken Art, der schwermüthigen Stimmung
eines Goya; fesselnd als Pelldunkelmalerei ist ebenfalls
das flotte Koulissenbild mit Tänzerinnen und einem
alten kölnischen Viveur. Unvergleichlich fein und wahr
ist auf dem dritten Bilde „Rennen" der lichtgraue
Freilustton und das schaulustige Publikum gegeben,
pelleu, der geistreiche Radirer und Skizzist, hat in seiner
eleganten Manier Damen auf dem Verdeck einer pacht
gemalt. Von dem längst verstorbenen Manet sind ein
paar Stillleben, z. B. ein Stück Garten, ein Flieder-
strauß und ein Spargelbund koloristisch sehr bemerkens-
werth. Pissarro, den Impressionisten, darf man nach
diese:: drei zurechtgetupften Interieurs mit einem
Bauern oder einer alten Bäuerin nicht beurtheilen; er
ist z. Zt. auf der hiesigen Großen Kunstausstellung
besser vertreten. Toulouse-Lautrec giebt in einer Anzahl
derb hingestrichener Pastelle scharfe Typen der pariser
Boheme, auch Bildnisse mit karrikirtem Anstrich, die
als physiognomische Studien sicherlich mehr denn als
künstlerische Offenbarungen besriedigen. Die dekorativ
behandelten grauen Tafelstillleben von I. L. Blanche
sollen nicht übergangen werden.
Dicht neben Blanche hängen drei größere Bilder
von Israels sen.-paag, eine stürmische Strandszene, ein
Interieur mit einer hastig trinkenden Bäuerin und
Bootarbeiter in Thätigkeit: alle drei Stücke voll jener
pessimistisch trüben Stimmung, die den rauhen Natura-
lismus des holländischen Altmeisters von jeher kenn-
zeichnete. Ian Veth mit seiner reinlichen sorgsam
detaillirten Porträtmalerei wirkt als holländisches Gegen-
stück. Der belgische Landschafter Tlaus malt Wiesen-
gegenden mit dünnen Birken und mageren Sträuchern
in sonniger gelb-grüner pelligkeit. Die in Paris ge-
bildete Polin Olga von Boznanska weiß in zwei
slavischen jugendlichen Männerköxfen koloristische Ein-
tönigkeit mit träumerischem Ausdruck wirksam zu ver-
einigen. Vor Allem aber fesselt in dieser Gruppe des
dänischen Meisters p. S. Kroyer sonnige „Weinlese",
als ein Muster echter lebensfroher Kunst.
 
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