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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Galland, Georg: Berlin: 6. Kunstausstellung der Sezession [2]
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Gustav, Leopold: München: Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0141

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Nr. 8

Die Kunst-Pall e.

die Meyer-Basel radirt und lithographirt hat; in
malerischer Wirkung werden sie allerdings von den
radirten Landschaften sich. Franck's um Einiges über-
troffen.
G. G.

Mucken:
XunLtbriesi
^E^er im Sommer verstorbene Emil Lugo hat
> seine Zeichnungen, Studien und Lithographien
dem KöniglichenKupferstichkabinet vermacht,
welches jetzt diesen Nachlaß des feinsinnigen Künstlers
in einer Ausstellung den: Publikum zugängig macht,
wir lernen ihn hier vielleicht noch besser kennen, als
in seinen Gemälden, bei denen uns oft sein etwas
stumpfer Kolorismus stören konnte. Lugo's schlichtes
Empfinden war auf das innigste mit der Natur ver-
wachsen. Er gab sich ihr völlig hin, er legte nichts in
sie hinein, sie ist ihm nicht das Instrument, auf dem
sich seine Empfindung zum Ausdruck hindurchringt,
sondern er liegt zu ihren Füßen, ihre Schönheit be-
wundernd und in ehrlichem Bemühen nachbildend.
Dies mußte ihn auf die Betonung von Linie und Form
führen und in der Thal ist kaum einer unter den zeit-
genössischen Künstlern, der die Blattkonture und das
Geäst der Bäume zeichnerisch so liebevoll durchbildet
und für den Rhythmus der schwellenden Landschaft ein
so feines Auge hat wie er. Ganz nahe kommt Lugo
eine bisher noch unbekannte Künstlerin Maina peyck,
welche im Kunstverein ausstellte. Auch ihr Blick
geht auf die Formen, deren Konture sie mit energischem
Striche herausarbeitet. Aber nicht nur in der Nähe
ist ihr Blick unbestechbar, so sind nicht nur die Blumen
des Altans in ihrer schlichten Malweise überzeugend
gesehen, auch die weite Landschaft, die von fernen
Bergen abgeschlossen wird, ist in ihrer Einfachheit von
herber Schönheit. In diesem Streben nach dem primi-
tiven erscheint Marie Lautenschläger in ihren nicht
sonderlich ausgereiften Skizzen diesmal von den Bahnen
der Natur auf den Irrweg des Manierismus gerathen.
G. Macco malte eine große Pochgebirgslandschaft
und einige Skizzen von ähnlichen Motiven. Er wirkt
durch die ernste Großzügigkeit, mit der er die ernste
Größe dieser gewaltigen Natur bildet; auch das Alpen-
glühen, das in der Malerei zumeist süßlich wird, ent-
behrt hier nichts von seiner natürlichen Großartigkeit,
w. Lehmann's Landschaften wissen das unbestimmte
Licht der Dämmerung virtuos zu geben und die feinsten
Licht-Nüancen in der Wolkenbildung zu gestalten. Lin
zielsicheres, gereiftes Können spricht aus diesen Arbeiten,
denen diejenigen Ernst Gerhards in Motivwahl, wie
künstlerischen Zielen wahlverwandt sind. Auch hier die
diskretesten Töne des Lichtes scharfäugig gegeben.
Adalbert wex konnte uns in seinen blutrothen Abend-
himmeln in letzter Zeit nicht immer etwas Neues sagen.
Seinen prächtigen Kolorismus zeigt er uns in den
jetzt gebotenen Landschaften wieder aufs glanzvollste,
so in dem Teiche mit den herbstlichen Buchenwäldern,
ferner bringt er ein Vorfrühlingsbild in hauchgleichen
Farbentönen, ein Flußbild in lachendem Sommerlicht,
und einen Abhang in der leuchtenden Farbengluth des
Spätherbstes. Aus allen spricht gesunde Naturfreude
und solides Können. Aehnliche Isarthalmotive be-

handelt Fritz Delcroix, er sieht nicht so farbenreich,
sondern zieht das Dämmernde, Stimmungsernste vor.
Sehr schön ist sein Isarthal mit dem Blick zu den Vor-
alxen; es spricht warmes Empfinden aus den sehr
sorgfältig gemalten Bildern.
Von Bildnissen sind in erster Reihe diejenigen
Karl Bauer's zu nennen. Von sprechender Ähnlich-
keit ist der Dantekopf des Poeten Stephan Georges.
Man wird vielleicht viel Pose in dem Porträt finden,
allein, wer den von seinen Anhängern verhätschelten
Meister üppiger Klangkunst in natura beobachtet, wird
in der von Bauer gewählten Auffassung viel Tharakte-
ristisches finden; ein sehr flottes perrenbildniß und ein
Damenporträt von feinem Farbenschmelz schließen sich
dem genannten an. Ein perrenbildniß von starker
Ligenart bringt Konstantin Korzendörfer, während
er seine Geisha in ein seltsam ungewisses Licht stellt,
so daß man sich nicht sonderlich interessirt fühlt, da
auch die Züge so stark beschattet sind. Max Köpp en
gehört unter die Draufgänger, die etwas können, aber
gerade durch die Leichtigkeit ihrer Produktion nicht
immer das Beste geben. Immerhin zeigen einige seiner
Bildnisse das scharfe Auge und den wuchtigen Strich
im schönsten Lichte. Eine sehr sorgfältige, ehrliche,
wenn auch nicht sehr eigenartige Arbeit bietet Graf
Psenburg-Philippseich in seinem Kücheninterieur.
Julius Drechsler hat einen Rahmen verwirrender
Allegorien um sein Bronzebildniß Friedrich Nietzsches
gelegt. Das Relief ist technisch von Werth, will aber,
meiner Empfindung nach, der Zarathustraseele zu viel
Räthsel entlocken. Schreyögg's perrenbüsten geben
den Eindruck lebenswahrer Porträts. Viele Künstler,
wie Peter Paul Müller und Andersen - Lund by
zeigen sich in bekannter Art, ohne gerade mit ihrem
Vorzüglichsten vertreten zu sein. Doch bei manchem
fragt man sich: „Ist denn keine Jury da?" — warum ich
diese bis zum Ueberdruß besprochenen „ollen Kamellen"
nicht ruhen lasse? weil ich dem größten Skeptiker
jetzt beweisen kann, jawohl, wir haben eine Jury.
Ernst Dargen und Edmund Stepxes sind zurück-
gewiesen worden. Die refusirten Aquarelle des ersteren
habe ich nicht gesehen. Ich kann daher nur sagen, ich
traue Dargen nicht zu, daß er etwas male, dessen
(Qualität unter jenem Kitsch sei, der Woche für Woche
in der Galleriestraße mit unterläuft. Das abgewiesene
Porträt von St epp es hat in der Kunsthandlung von
Julius Leitner gastliche Aufnahme gefunden; es be-
findet sich dort in der so vielen modernen Bildern so
gefährlichen Nachbarschaft von alten Meistern, und es
besteht. Aus dem dunklen Hintergründe hebt sich der
markante, plastisch herausgearbeitete Kopf eines hiesigen
Antiquars hervor; das Bild ist mehr als ein gutes
Porträt. Ls giebt einen semitischen Rassetypus mit
einer Größe gesehen, der die Absicht zu karrikiren fern
liegt. Ein Bild „Alte Lichen" von Steppes hat der
Kunstverein zwar ausgenommen, es kommt aber in der
bunten Umgebung nicht zur Geltung. In dem Porträt
scheint mir der Künstler auf dem Wege, noch Eigen-
artigeres zu leisten, als in der Landschaft.
In dem genannten Kunstsalon von Julius Leitner
befinden sich alte Meister, die den Besuch des sichtlich
mit reichem Verständniß geleiteten Unternehmens lohnen,
zur Zeit fesseln das Interesse die Altarflügel Dürer's,
welche eine Variante zu denen der Pinakothek darstellen,
ferner ein sflO Figuren starkes Wiedertäuferbild von
palamedes, ein Tizianbildniß von Sebastian del piombo,
ferner Teniers, T. v. Kick, Ian Steen u. a. m.
Leopold Gustav.
 
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