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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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D i e A u n ft - L) a l l e.

Nr. 2

Formennüchternheit zum Gefrieren bringt. Betonung der
Zweckmäßigkeit, der Bequemlichkeit und solide Technik sind
dabei oft zu loben . . . Analoge Tendenzen hatten übrigens im
; 7. Jahrhundert bereits die alten Holländer gepflegt, als
sie dem kunstreichen römisch-katholischen Kirchenpomp ihre
deftig-kunstarme kalvinistische Kirchenausstattung bewußt gegen-
überstellten.
was bei Wertheim die Herren Peter Behrens, Darmstadt,
Riemerschmid und Trost, München, die Berliner Lndell, Huber,
Kaiser, Körnig, Schultze und die Ausländer Scott, Jürgensen
und Petersen zeigen, ist theilweise ja ganz vortrefflich, wie das
rothbraune Arbeitszimmer von Kaiser und der kleine Salon
von Jürgensen. Manches, z. B. die Wohnzimmer-Möbel von
Scott in Heller Naturholzfarbe mit gruftartigem Sopha und
Holsterstuhl, wirkt ungefüge und gesucht. In der Durchführung
des Zweckmäßigkeitsprinzips liegt sicherlich viel ehrliche Arbeit,
die sich freilich Alles so gut bezahlen läßt, daß das „Volks-
thümliche" der heutigen angewandten Kunst nur prahlerische
Phrase ist. Davon abgesehen, scheint es mir auch nicht Jeder-
manns Sache, nur um zeitgemäßer Eigenart zn fröhnen, sein
künstlerisches Gewissen in allen Fällen schlechtweg auszugeben.
G.

Unsere Milöung.
Die plastische Darstellung „Zwischen Gut und Böse"
von Karl Jerman, Berlin, die diesem Hefte beiliegt, redet
eine so deutliche und eindringliche Sprache, daß sie für Niemand
eines Kommentars bedarf, welche Empfindungen den Künstler
bei der Konzeption des Werkes beseelten, geht auch daraus
hervor, daß er diese treffliche Arbeit als eine „Widmung an
Leo von Tolstoi, den Edelsten de'' Menschheit" bezeichnet.
Der Sinn der Szene erhebt sich hoch über die wohlfeile Tendenz
eines Motivs der sexuellen Sphäre — wozu es vielleicht die
banale Auffassung stempeln möchte. Offenbar hat Jerman
hier ein Sinnbild für den Triumph des Guten schaffen wollen,
in einer Auffassung, die ihn als Bildhauer gereizt hat. Jede
dieser drei Figuren, der lockende Verführer mit den Zügen
eines Satyrs, das nackte junge Weib und der als Vision ge-
dachte Christus, fesselt den Beschauer gleich tief durch eine auch
für das Ganze fein erwogene Charakteristik.
G.

RlinLkkronik.

* Berlin. Im nenen Dom soll demnächst an den Reliefs,
unterhalb des Kuppeltambours, Szenen aus der Apostel-
geschichte, nach O Lessing's Modellen, gearbeitet werden.
Die Decke über der nördlich gelegenen Orgelempore wird
Professor w. Friedrich mit drei biblischen Gemälden schmücken.
— Der Präsident des Reichsgerichts, Or. v. Oelsch la eg er,
hat dem Kammergericht sein in Oel gemaltes Bildniß ge-
widmet.
* Bremen. Der Dom erhält als Schmuck eine, von
Prof. Herm. Schaper, Hannover, zu malende, große Darstellung
des hl. Abendmahls, die dann in Berlin in Glasmosaik aus-
geführt werden soll. Die Kosten trägt der Kunstmäzen Herr-
Franz Schütte.
* Burg a. d. Wupper. Am 20. Sept, fand die feierliche
Einweihung der von Professor Spatz, Düsseldorf, ausgemalten
Schloßkapelle, sowie des vom Frhrn. v. d. Heydt, Elberfeld,
gestifteten Monumentalbrunnens statt.
* Elberfeld. Der Bildhauer Couvillier hat das Original-
Modell zu der Statue des Grafen Adolf von Berg dem Herrn
August Freiherrn von der Heydt für die städtische Sammlung
zur Verfügung gestellt.

Fried enau (Berlin). Gemeinderathssitzung. Bewilligung
der Mittel in Höhe von 6000 Mk. für zwei Wandgemälde in
der Aula des Gymnasiums. Nachdem Herr Bache hierüber
refcrirt hatte, wurde der Poften in zweiter Lesung genehmigt.
H a m bürg. Am 30. September hat das M useum für
Kunst und Gewerbe die Feier seines 25jährigen Bestehens
begangen und sie hat den Anlaß gegeben, daß von Nah und
Fern dem unermüdlichen und allverehrten Gründer und Leiter
der trefflichen Anstalt Glückwünsche dargebracht wurden.
* St. Petersburg. Die Antik en - Sammlung der
Eremitage wurde neuerdings zum vierten Male vollständig
katalogisirt. Der Katalog ist gut ausgestattet, reich illustrir't
und mit einein Vorwort von G. von Kieseritzky versehen.
Rosenheim. Am 27. September wurden die neu-
eingerichteten und erweiterten Räume des Stadtmuseums
wieder eröffnet.
* Stuttgart. Die unter Professor K. Lanze's Leitung
stehende Gemäldegallerie wurde neulich einer durchgreifen-
den Neuordnung unterworfen
Trier. Im Dom wurden künstlerisch werthvolle
Fresken aus dem n. Jahrhundert bloßgelegt In einer
Nische sieht inan den welthciland auf dem Regenbogen, auf
der linken Seite kniet der hl. Johannes der Täufer. Die rechte
Seite ist noch nicht freigelegt. An dein linken Hauptpfeiler
wurden gleichfalls herrliche 'Wandmalereien nach Beseitigung
des Verputzes entdeckt.
* Wei in ar. Die Kunstschule ist vom Oktober dieses
Jahres ab auch den kunstübenden Frauen geöffnet. Gleich-
zeitig beginnt das neue, von Prof, van de Velde geschaffene
„kunstgewerbliche Seminar" seine Thätigkeit, theils in
den Ateliers des verstorbenen Prof. Martersteig, theils im
Prellerhaus.
*

Mallungen.
* Berlin. Nach Schluß der Großen Kunstausstellung,
der schon am 28. September erfolgte, wird daran erinnert, daß
die Einrichtung der Künstler-Jury dieser Ausstellungen
gleichzeitig ihr so jähriges Bestehen feiert. Auch aus diesem
Grunde gewinnen die Reformidecn, die wir gegenwärtig für
jene Imy Vorschlägen, eine aktuelle Bedeutung. Die Ver-
kaufsergebnisse betrugen in diesem Jahre 60 qs; Mark
weniger als im Vorjahre.
* Berlin. Kunstsalons. Im H oh en zo lle rn-Kunst -
gcwerbehause wurde eine Ausstellung der Neuen Fra ne n-
trächt eröffnet. Im Verhältnis; zu dem in Bewegung ge-
setzten Apparat mil „Ehren-Komito" und „Ausstellungsleitung"
ist das Resultat ein äußerst geringfügiges. Bei nur wenigen
Stücken ist der Charakter des „Morgenrockes" vermieden und
der Geschmack befriedigend. Auffällig sind die meist minder-
wcrthigen Stoffe und die hohen Preise, welche den Zweck des
Unternehmens jedenfalls sehr beeinträchtigen. — wie uns von
der Firma Keller u. Reiner mitgetheilt wird, hat sie mit
Prof. Mar Klinger und dem Rath der Stadt Leipzig einen
Vertrag wegen Ausstellung des „Beethoven" abgeschlossen.
Das Kunstwerk wird nach Schluß der Düsseldorfer Ausstellung
nach Berlin transportirt und noch im Oktober zur Ausstellung
gebracht. — Der Kunstsalon Paul Lassirer enthält in seiner
ersten diesjährigen Winterausstellung Bilder von Josef Israels
und anderen holländischen Meistern. Israels sandte u. a. sein
letztes großes Werk: „Der alte Jude". Ferner sind vorhanden:
eine Kollektion von Prof. wilh. Trübner, Bilder von Lucien
Simon, Toulouse-Lautrec, Sisley, U. Hübner u. a. — Bei Ed.
Schulte bereitet für Anfang November F. A. v. Kaulbach
von seinen neueren Werken eine Ausstellung vor. Ebenso will
hier der Däne Prof. p. S. Kroyer eine Ausstellung seiner
jüngeren Gemälde, Porträts rc. veranstalten.
* Breslau. In der Gemälde-Ausstellung Kunstverein-
Lichtenberg gelangte der erste Theil des künstlerischen Nach-
lasses von Robert Sliwinski zur Aufstellung, welcher eine
größere Anzahl Oelbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Studien
umfaßt. Auch die Ausstellung voll Werken deutscher Marine-
Maler wurde eröffnet.
* Brüssel. Im Toral« artistiqns stellt Constantin
Meunier zum ersten Male das Modell des „Denkmals der
Arbeit" öffentlich aus.
 
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