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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Meyer-Schöneberg, H.: Das Jubiläum der "Fliegenden Blätter"
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Dworaczek, Wilhelm: Die Entwicklung des Impressionismus [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0193

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Nr. U

Die Aun st-Halle.

s65

entfaltet, ebenso Ludw. Bechstein. Der Thiermaler
Th. Horschelt und Ferd. Barth, besonders bekannt
durch seine Bilder zu Karl Stieler's Liedern.
was Lari Gehrts an inhaltvollen Illustrationen
für die „Flieg. Blätter" zu romantischen Dichtung ge-
schaffen, wird stets in frischer Erinnerung bleiben. Ebenso
war Franz Stuck mit seinen Karikaturen eine zeitlang
hier in den Vordergrund getreten. Allzu bekannt, als
daß es näherer Angaben bedürfte, ist das illustrative
wirken von Harburger, Busch und Oberländer
— jenen liebenswürdigen, humorvollen drei Weistern
der deutschen Karikatur, die ja heute noch Jung und
Alt in den „Fliegenden" mit ihren Späßen und
Zeichnungen erheitern. Emil Reinicke und A.
Hengeler erfreuen immer noch mit ihren unwider-
stehlichen lustigen Szenen aus dem Thierleben, genau
wie auch Lothar Weggen dorfer stets unverwüstlich
in seinem Humor immer noch zu den populären Mit-
arbeitern der Zeitschrift gehört.
Die „Fliegenden" haben sich nicht dein modernen
Leben verschlossen — das Blatt, welches so eifrig stets
alle Philisterei bekämpfte, ist natürlich selbst auch kein
Philister geworden. In Rens Reinicke, Warold/
Herm. Schlittgen, Horadam, Flashar, Wandlik,
Franz Simm, Erdm. Wagner, Zopf, Fr. Wahle
Eugen Kirchner u. s. w. fand die Zeitschrift die ge-
eignetesten Schilderer modernen Lebens — ganz gleich,
ob im Salon der Großstadt oder in der Bauernstube.
Gerade diese Künstlerschaar hat unserem modernen
Empfinden die „Fliegenden" ungemein nahe gebracht.
Das drückt sich nicht blos im Inhalt ihrer Illustrationen
aus, sondern auch in den technischen Mitteln, und in
der Wiedergabe dieser Bilder, besonders durch den
Holzschnitt, dessen vollendete Leistungen wir hier stets
bewundern müssen. So stehen auch in punoto Technik
und Graphik die „Fliegenden" auf der Höhe der modernen
Ansprüche.
Hatte seiner Zeit zu der2000sten Nummer Ad. Ober-
länder das Titelblatt gezeichnet, so hat diesmal zu der
3000 sten der langjährige Mitarbeiter He rin. Vogel,
Plauen es gethan, dessen gemüthvoller naiver Humor
aus scheinbar unerschöpflicher Ouelle fließt, wo solche
Kräfte mitwirken, da wird auch in Zukunft den „Flieg.
Blättern" die längst errungene Popularität nicht
schwinden können, und zu der 3000 sten Nummer wird
sich noch manche höhere gesellen, hoffentlich zur weiteren
segensreichen Entwicklung der deutschen Illustration.


Die Lntvicklung Ses ImprerLionirmuL.
Von Paul Wilhelm, Wien.

XVI. Ausstellung der Sezession in Wien
soll die Entwicklung des Impressionismus in der
Malerei und Plastik zur Anschauung bringen.
Gewiß eine quantitativ und qualitativ bedeutsame Auf-
gabe! Man muß aber auch von vornherein zugestehen,
daß sie nur zum Theil gelöst erscheint. Mag man von
den technischen Schwierigkeiten absehen, die eine der-
artige Ausstellung schon durch das Zusammenbringen
so zahlreicher Bilder aus den verschiedensten Schaffens-
perioden bietet, so muß man auch nach der anderen
Seite hin mit Bedauern konstatiren, daß die geistige
Beweisführung nicht immer glücklich und zuweilen recht
lückenhaft erscheint. Durch die Vorführung einer Anzahl
älterer und neuerer Meister, die gewisse, dem Im-
pressionismus nahekommende künstlerische Bestrebungen
verfolgten, ist noch lange nicht ein genügend deutliches
Bild von der Entwicklung derselben geboten. Das
große Publikum wird die einzelnen Kunstwerke der
verschiedenen Zeitepochen ansehen, ohne den eigentlichen
Zusammenhang, das cksrtium eomMratiom8 herauszu-
finden. Vor allem — was ist der Impressionismus?
Das Bestreben, die Dinge in ihrer Augenblickserscheinung,
wie sie sich in einem Momentbilde dem Auge einprägen,
wiederzugeben. Das ist in einem Vorworte ziemlich klar
und verständlich erläutert. Aber doch giebt es hier
einige Ungenauigkeiten, die leicht zu Irrthümern ver-
leiten könnten. Es heißt u. a.: „Die Konstruktion des
menschlichen Auges beruht auf ähnlichen Prinzipien,
wie die eines photographischen Apparates." Das scheint
mir unrichtig ausgedrückt, und gerade darin liegt ja die
eigentliche Grundlage des Impressionismus, würde
das menschliche Auge wirklich ähnlich einem photogra-
phischen Apparat die Dinge aufzunehmen vermögen,
dann müßte es uns eben möglich sein, mit jener Schärfe
und Klarheit die Dinge von einander unterscheiden und
mit derselben Gleichzeitigkeit aufnehmen zu können, wie
die photographische Platte dies selbst auf große Ent-
fernung noch vermag. Gerade dies aber ist nicht der
Fall. Ja wäre es mit dem Spiegelbildchen allein ge-
than, das die Augenlinse auf die Netzhaut wirft, dann
vielleicht. Hierzu gesellt sich aber erst die Mittheilung
an die entsprechenden Gehirnneroen, um das aufge-
nommene Bild zu erfassen. Durch diesen, von man-
cherlei physischen Ursachen beeinflußten Prozeß wird
jenes subjektive Sehen erzeugt, das eben gerade in der
Malerei das Bild von der Photographie unterscheidet,
das ihm auch jene Verschwommenheiten, Unvollkommen-
heiten giebt, die das Detail verwischen, um dem Gehirn
die Fähigkeit^ des raschen Erfassens und Begreifens
des Gesammteindruckes zu bewahren. wollen wir
irgend ein Detail scharf erfassen, so müssen wir unsere
Sehlinse auf den fraglichen Punkt speziell einstellen,
das heißt nicht geradeaus schauen, sondern ein Bestimmtes
fixiren! — Die frühere Malerei fixirte nun die Gegen-
stände der Erscheinungen, im Freien oder geschlossenen
Raume nacheinander und stellte sie zum Gesammtbilde
zusammen. Dadurch erlitt der Gesammteindruck freilich
eine bedeutsame Veränderung. Etwas stimmte nicht. Und
dem nachzuforschen, diesemUebelstand abzuhelfen und dem
Bilde eine möglichst dem Eindruck des natürlichen
Schauens nachkommende Wirkung zu geben, war das
Bestreben der Impressionisten. Sie konstatirten sehr
bald, daß das Auge einen näherliegenden Gegenstand
rascher und schärfer erfaßt, als einen ferneren, der nur
 
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