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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Niessen, Johannes: Düsseldorfer Kunstbrief
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0250

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Die A u n st - H a l l e.

Ur. sq.

lings: wir sehen in eine weite, fröhliche Landschaft mit
grünenden Bäumen und blühenden wiesen, belebt von
einer Schar junger lebensfroher Menschen. Ferner
finden wir einen ruhenden weiblichen Akt, über dessen
weiche, jugendliche Formen warme Sonnenlichter spielen.
Ein „Frühling im Walde" führt uns in eine Buchen-
halle, in deren Schatten Nymphen und Rehe ihr
graziöses Spiel treiben. Gut studiert ist ferner ein Hoch-
sommer, graues Gewölk über den Aehrenfeldern. Line
sarbige Lithographie „der Tanz", ein Fächerentwurf,
dessen Original sich bereits in Privatbesitz befindet, be-
weist wiederum, daß das Materials Deiters vollkommen
Nebensache ist, weil er das eine wie das andere gleich
meisterhaft beherrscht. Schlüter geht eine ganz andere
Bahn, hat aber eine eben so ausgesprochene Persön-
lichkeit. Ueber seinen Sachen liegt fast immer jener schwer-
müthig träumerische und doch so ungemein anziehende Ernst,
der über der Haide liegt. Die Schilderung der Haide ist
demgemäß seine Stärke; auch hier finden wir ein ganz her-
vorragend feines Bildchen „Hütte in der Dülmer Haide".
Man hört die Bienen summen und den wind um die
halbverfallene Hütte singen. „Am Heubach bei Dülmen"
und „In tiefer Einsamkeit" zeigen uns die Haide
schneeverweht, „Findlingssteine im Burtanger Moor"
giebt einer tiefen Empfindung für die düstere Schweig-
samkeit des Moors Ausdruck. Zwei Aquarelle, ein
Motiv mit schmelzendem Schnee aus den Alpen, und
eine „Nachmittagsonne" sprechen durch ihr einfaches,
vornehmes Kolorit sehr an. Don Felix Schmidt
finden wir neben einem recht lebendigen Iägerporträt
eine „Rast auf der pürsch", ein sehr anziehendes
Bildchen mit weiter Perspektive. Seine „Birkhahnbalz"
ist etwas flach und nüchtern im Ton. Sehr hübsch
sind eine Anzahl Federzeichnungen, Vignetten, Tisch-
karten ro., mit keckem, sichern: Strich, gut beobachtet
ferner eine Pferdestudie. Alfred Graf Brühl ist mit
einer „Skizze zur Attacke des H Garde-Dragoner-
regiments" und einen: sehr tüchtigen kleinen Bilde,
Hirsche im Morgennebel, vertreten. Letzteres hat,
namentlich auch landschaftlich, manche gute (Qualitäten.
Ackermann bringt neben einer tüchtigen Studie „Bei
stürmischen: Wetter" ein sehr farbiges, leuchtendes
Aquarellchen „Am Dorfteich". Sein „Kiefernbusch" ist
etwas zerrissen in der Wirkung, p. Greeff hat mit
feinem Derständniß Birken im ersten Grün studiert.
Besonders ein kleines Vorfrühlingsbild nut sonnen-
beleuchteten Birkenstämmchen im Vordergrund fällt
durch seine Frische der Auffassung angenehm auf,
während ein „Sommer" und ein „Herbst" durchaus
nicht auf gleicher Höhe stehen. Sehr fein und luftig
ist auch eine Dorfansicht. Die Landschaft wird ferner
durch Tarl Schultze und w.K u ck u ck vertreten. Tarl
Schultze bringt neben zwei kleineren Bildern „Herbst-
stimmung" und „Winterstimmung" eine Studie, Bäume
am Wasser, gut in der Fleckenwirkung, und von w.
Kuckuck finden wir eine große Haide, die in ihrer Ein-
tönigkeit etwas trocken und langweilig wirkt, -- es
fehlt eben der eigenartige Reiz, der Schlüter's Haide-
bildern eigen ist. Seine „Alte Mauer" ist leuchtend und
warm in der Farbe, weshalb aber diese Größe? Da-
zu reicht das Motiv nicht aus. Jedenfalls wäre aus
einem Drittel des jetzigen ein weit anziehenderes Bild
geworden.


Mnckener Zries.

-
h lqch lie für projektirte Kunstg ew erb eausstellun g
auf einen späteren, einstweilen noch nicht fest-
stehenden Lermin verschoben. Zu dieser durch die
Tagespresse reichlich verbreiteten Nachricht möchte ich einige
Randglossen ansügen. Die Anregung zu jener Ausstellung
ging vom kunstsinnigen Regenten Bayerns selbst aus. Sie
wurde in einem Erlasse in gewisser feierlicher Form gegeben,
die alles andere, nur nicht das völlige Scheitern des planes
erwarten ließ. Es ist bei den: ruhig abwägendeu Charakter
des Prinzregenten völlig ausgeschlossen, daß vom Throne aus
Worte gesprochen werüen, welche den verantwortlichen Rath-
gebern überraschend kommen. Daß die Maler aus menschlich
sehr begreiflichen Gründen über die Hergabe des nun einmal
als den ihrigen betrachteten Glaspalastes nicht erfreut sein
würden, hätte damals schon bedacht werden müssen. Als aber
der Prinzregent sich durch seinen Erlaß persönlich engagirt
hatte, war es einfach Pflicht, die Sache zu glücklichem Ende
zu führen. Aus der Verhandlung der Generalversammlung
des Kunstgewerbevereins geht zur Evidenz hervor, daß das
Ministerium äußerst lau vorgegangen ist, daß der Vorschlag,
das noch im Rohbau befindliche Ärmeemuseum als Aus-
stellungslokal zu verwenden, reichlich spät gethan wurde und
daß endlich die finanzielle Organisation ihre Thätigkeit im —
Zuwarten erschöpft zu haben scheint. So scheiterte das Aus-
stellungsprojekt gerade in der Kunststadt, von welcher die
Wiedergeburt des deutschen Kunstgewerbes einst ihren ver-
heißungsvollen Ausgang genommen hatte. Ich halte es für
verfehlt, aus diesem Ereignis Schlüsse bezüglich der abgeleierten
Niedergangsfrage unserer Kunstmetroxole oder gar auf den
Stand unseres Münchener Kunstgewerbes sowohl retrospektiver
wie fortschrittlicher Richtung zu ziehen. Doch ist es nicht von
der Hand zu weisen, daß es z. Zt. an großen Gesichtspunkte::
und deren kraftvoll - zielbewußter Durchführung bei uns
fehlt. —
Jin Kunst verein durfte wieder manches auf Interesse
rechnen. So die Kollektion von Hermann Frobenius, dessen
Landschaften mit der innigen Naturauffaffung Haiders und
Hans Thomas Verwandtschaft zeigen; sie sind dabei großzügig
in der Malweise und von kraftvoller Farbigkeit. Trotz ihrer
koloristischen Wirkung können seine Staffagefiguren den Ein-
druck seiner bedeutenden Gemälde für meine Empfindung nur
abschwächen, denn von strengerer Modellirung ist bei ihm
nicht die Rede und inan kann diesen Kleiderstöcken nicht recht
glauben, daß Menschen darin stecken. Die zahlreichen Land-
schaften aus dem Nachlasse des in Tölz verstorbenen Malers
Julius Göbel zeigen durchweg die Hand eines mit strenger
Sorgfalt nach der Natur schaffenden Künstlers. Seine Motive
in frischer Farbigkeit gesehen, sind sehr abwechslungsreich.
Ein Selbstportrait hinterläßt gleicherweise den Eindruck un-
mittelbarer Naturtreue. Eigenartiger wirkt S. Hermann
Frank mit seinen Kuffteiner Landschaftsmotiven, die eine
gewisse Großzügigkeit nicht entbehren, auch in ihrer Wahl
einen auf nicht abgetretenen Pfaden wandelnden Geschmack
verrathen. Sehr flott hingestrichen sind die Schnee- und Thau-
wetterlandschaften Hans Klatt's, doch spricht ein inniges Natur-
gefühl aus ihnen. Die üppigen Tinten des Herbstes finden in
Hugo Kreyssig einen begeisterten Farbendichter, der nur selten
flackernd wirkt, meistens die sattesten sonnenbeglänzten Laub-
kouleurs mit eindringlicher Kunst wiedergiebt. Molltöne da-
gegen liebt E. Gerhard, der dämmernde Einsamkeiten mit
zarter Empfindung schildert. Ein weiblicher Rückenakt ist mit
derselben sublimen Farbenwirkung gemalt. In Segantinis
Technik malt Ernst Platz die starre Größe der alpinen Welt
und erzielt durchaus großzügige Wirkungen. Die bedeutendste
Landschaftenkollektion ist jedoch diejenige von Tina Blau-Lang.
Die Zahl der ausgestellten Bilder ist groß; die Auswahl ihrer
Motive nicht minder und doch findet sich keine Nummer dar-
unter, die uns gleichgiltig ließe. Ihr vornehmer Kolorismus
liebt tiefe, dunkle Töne, zu denen dann zumeist ein lauterer
kontrastirt. Der zarte Hauch des Vorfrühlings, blühender
Lenz, lachende Sonne und dräuende Gewitterwolken weiß
sie uns mit sublimer Kunst und sparsam in den Mitteln zu
geben. Ihre Bilder sind viel mehr wie Naturausschnitte;
 
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