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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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Die Aunst-Halle.

7^

Nr. ö

F. E. Wolfrom hat seine vor kurzem bereits von uns
besprochene Atelierausstellung von Neuem eröffnet und sie
zugleich um einige neue werthvolle Entwürfe zu idealen
Kompositionen und mehrere besonders farbenschöne Blumen-
stücke erweitert. Ls darf wohl als erfreulich bezeichnet werden,
daß die Kritik der Tagespresse, soweit sie als ernsthaft gelten
darf, diesem kühnen Koloristen immer mehr Aufmerksamkeit
schenkt. So hat ihm die Berliner „Post" unlängst (8. Nov.)
eine intim eindringliche und schwungvolle Würdigung aus der
Feder N. Rapsilber's gewidmet, in der es u. a. heißt: „Wolfrom
ist vielseitig wie alle phantasiereichen Künstler. Lr inalt Land-
schaften, vornehmlich in heroischer oder idealistischer Art. Ferner
Bildnisse in schlichter Treue oder symbolischer Verklärung. Auch
religiöse Bilder aus den: Pathos des Schmerzes. Dann sehen
wir Entwürfe zu Gobelins in reizvoll vornehmen Tönungen
und zu Deckengemälden in pompösem Schwung. Auf zahl-
reichen Radirungen jagt sich eine Fülle von Gedanken und
Stimmungen. Mit Vorliebe aber befaßt sich der Künstler mit
Phantasiestücken, Allegorien und Symbolmalereien, auf welchen
das höchste Ziel aller bildenden Kunst, der schöne Mensch, in
die Erscheinung tritt. . . . Und nun kam Wolfrom in einer
Stunde stiller Einkehr und strenger Selbstprüfung darauf, seine
Farbenphantasien von Frischem zu nähren, von Neuem zu
kräftigen zu einem Anlauf auf die souveräne pöhe der Kunst.
Dazu ersah er sich die Blume, das in Farbenrausch erzeugte
Wunderwerk und Lieblingskind der Natur, als Versuchsobjekt,
und so malte er in diesem Jahre aus dein glühenden Impuls
verjüngter Kraft Blumenstücke. . . . Auf alten Kapitalen
prangen die Blumen wie ein dichtgedrängter Engelchor und
stimmen ein Preislied an auf die antike Schönheit. Sie klettern
über venezianische Prachtbrunnenränder, sie verklären die
Erhabenheit gothischer Ruinen, in mystischer Feierlichkeit er-
glühen sie als Blumenopfer im Tamposanto gegen die sonnig
goldene Wölbung empor. Und sie sprossen als ein Sinnbild
der Vergänglichkeit und jäh verrauschenden Glückes in der
Farbenschöne des kühlen perbstes auf dem Tempelgebälk, das
in den todtenstillen Wassern des Sumpfweihers versunken und
verschollen ist und von schwarzstarrenden Zypressen betrauert
wird." —
An die Stelle des Dänen P. S. Kroyer ist im Salon
Ed. Schulte die Kollektion des Münchener Akademiedirek-
tors a. D. F. A. von Kaulbach getreten, der sicherlich auch
ein Großer in seiner Kunst genannt, aber mit anderm Maß-
stabe als jener gemessen werden muß. Statt des tiefen künst-
lerischen Ernstes und des souveränen Könnens Kroyers tritt
bei Kaulbach vor allem die Eleganz der Darstellung, mit der
dieser Meister in den Kreisen, für deren Beifall er arbeitet,
auch gewissermaßen eine künstlerische Mission erfüllt, in die
Erscheinung. Dabei hat es Kaulbach, der auf der Basis des
verfeinerten Münchener Kolorismus, Schulter an Schulter neben
Lenbach, G. Mar, Gysis u. a. arbeitete, entschieden leichter
gehabt als der dänische Pinselführer Dennoch erscheint er in
dieser ausgestellten Sammlung recht ungleich. In einzelnen
Gemälden, wie in der schlanken, edlen ausdrucksvollen Ganz-
figur der jugendlichen Großherzogin von pessen, dem reizenden
pikanten Gruppenbild von vier Prinzessinnen, die mit ver-
schiedenfarbigen duftigen Gewändern eine anmuthige Park-
landschaft beleben, in der feinen Pastellstudie des Kopfes der
russischen Kaiserin, einer sitzenden brünetten jungen Dame in
weiß u. s. w., steht Kaulbach auf der vollen reifen pöhe seiner
geistvollen malerischen Vortragsweise, seiner von van Dyck
und den Engländern des t.8. Jahrhunderts selbstständig ab-

geleiteten schönsinnigen Bildnißdarftellung. In andern Werken
merkt man dagegen die Ermattung, die Trivialisirung dieses
Schönheitsausdrucks. Natürlich stehen die perrenbildniffe im
Durchschnitt unter den Damen- und selbst Kinderfiguren, denn
Kaulbach ist eben nur Damenmaler oomms il kant. Dieses
Mal sind aber ein paar wirklich guter perrenbildnisse darunter,
wie der energisch modellirte Kopf eines Adlerjägers und das
auf schwarzem Grunde gemalte fein individualisirte Brustbild
des Pianisten E. Sauer. Der greisen Gestalt des Prinz-
Regenten Luitpold in blauer Uniform fehlt dagegen, trotz
großer Porträtähnlichkeit, die Vertiefung des geistigen Ausdrucks.
Sonst steht der Salon Schulte z. Zt. nicht grade im Zeichen
des Porträts, wenn auch noch eine Leinwand von Nirol.
Bachmann, Berlin, als tüchtige Malerei und um des Modells
des zu schnellem Ruhm gelangten Schriftstellers Georg Frenssen
wegen, Beachtung verdient; auf dem sorgfältig ausgeführten
Bachmann'schen Bilde erscheint der erfolgreiche Autor, behaglich
in seinem Arbeitsraume sitzend, als der Typus des jungen
norddeutschen Dorfpfarrers, der mit seinem strohgelben Vollbart
und dem gebräunten Teint nichts von dem konventionellen
Aeußern Oes städtischen Geistlichen verräth.
Im klebrigen kann ich mich kurz fassen. Ernst Lieber-
mann pflegt eine Richtung der Landschaftsmalerei von echt
deutschem Gepräge, die der sauste romantische pauch der
Schwindffchen Epoche wie Märchenpoesie umweht: seine Motive,
der Wanderer, der Bote, Sonnenuntergang, die Burg u. s. w.,
führeu zur Sommerszeit in die thüringische Pennal des Künstlers.
Müller-Kurzwelly schildert lieber die bräunlichen Farben
des perbstes in schärferer realistischer Tonart, doch manchmal
voll Stimmung. Ld. Stepp es geht auf der Bahn seines
landschaftlichen Manierismus vorwärts und ist dieses Mal ein-
töniger als sonst. M Röbbecke giebt eine romantische Szene,
den Drachentödter St. Georg in einer schaurigen Bergschlucht,
halb archaistisch, halb böcklinisch aufgefaßt und mit großer
Kraft gemalt. Koloristisch interessant, pastös und breit hin-
gestrichen sind auch die Interieurs von Ad. Niemeyer,
werthvoll erscheinen sodann die eminent echt wirkenden
erotischen Thierstudien von p. Neuenborn in Tempera und
Lithographie: Marabus, Nashörner, Känguruhs, Affen, Pelikane,
seltsame Schweine. Zwei Marmorplastrken von Franz Flaum,
die sich an Rodins skizzenhafte Art anlehnen, sollen nicht über-
gangen werden. Und endlich: eins der ältern, aber ewig
jungen Werke unseres Altmeisters Ludwig Knaus „Der
Alpenjäger", ein Bild voll malerischen Reizes und feinster
Beobachtung des Lebens.
G. G.


Unsere Milöung.
Noch bis in sein hohes Alter hat sich Ad. von Menzel
das scharf beobachtende Auge und die feste pand bewahrt, und
so besitzen wir aus den letzten Jahren Zeichnungen des greijen
Meisters, die — wie der vorliegende Profilkopf eines bärtigen
Mannes — mit zum Besten gehören, was wir an gezeichneten
Tharakterköpfen von Menzel kennen. Diese physiognomisch
besonders interessante, malerisch ebenso reizvolle Studie aus
Privatbesitz war kürzlich mit einigen andern trefflichen Menzel'jchen
Kreidezeichnungen im Berliner Kunstsalon von Eduard Schulte
ausgestellt.
 
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