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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Voss, Eugen: Die Malleinwand als Ursache der Bilderschäden
DOI Artikel:
Dworaczek, Wilhelm: Wiener Ausstellungen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0266

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230

Die A u n st - p a l l e.

Nr. f5

Materials. Dafür sollte von Staats wegen eingetreten werden,
wie sich die Staatsaufsicht aus gesundheitswidrige Unzuträglich-
keit von Genußmitteln und schädliche Eigenschaften vor: Ge-
brauchsgegenständen erstreckt, sollte sie auch die Zuträglichkeit
und Verläßlichkeit des für die Kunst verwandter: Materials in
den Bereich ihrer Wirksamkeit ziehen.
Man ist leicht geneigt die Bewegung der Leinwand beini
Zusammenziehen und Wiederausdehnen zu unterschätzen, schon
die Probe des Zusammenrollens eines kleinen Stückes Mallein-
wand bei naßgemachter Rückseite belehrt Jeden über den ge-
waltsamen Charakter dieses Zusammenziehens. Lin Stück von
einem (Quadratmeter springt um 2 Zentimeter Ausdehnung ein.
Der Erste, der mit Bestimmtheit das schädliche Verhalten der
Leinwand für die Bilder nachwies, war Pettenkofer in seinem
vortrefflichen Buch „Ueber Delsarbe und Konservirung der
Gemäldegalerien durch das Regenerations-Verfahren" (in neuer
Auflage erschienen bei Vieweg 6c Sohn, Braunschweig). Er
folgerte aus der Einwirkung der atmosphärischen Feuchtigkeit
den Untergang der Bilder „— wenn nichts geschieht oder
geschehen kann, diese Einflüsse der Atmosphäre zu beseitigen
oder unschädlich zu machen." Er wies auf die Behandlung
der Rückseite zu diesem Zwecke hin und empfahl dafür Ko-
paivabalsam. Daraufhin ist der Schutz der Rückseite weiter
verfolgt; Prof. Büttner-Pfänner zu Thal, München, empfahl
ein ätherisches Vaselinöl, das Fabrikat Phöbus; an Adalbert
Kreitmayer-München wurde das Patent ertheilt für sein Ver-
fahren, „die Bildrückseite durch Aufkleben von Zinnfolie mittels
Lacke, wie sie zum Firnissen der Gelbilder verwendet werden,
gegen den Einfluß der Atmosphärilien zu schützen, und an den
Verfasser das Patent für ein Bilderschutzmittel zum Schutz der
Rückseite gegen Feuchtigkeit, bestehend aus Vaseline, Paraffin
und Eeresin. Gelegentlich dieser Patentertheilung hat die
„Kunst-Palle" des Näheren darüber berichtet. Man hat ferner
versucht, der Rückseite durch Bestreichen nut Gelfarbe Schutz zu
verleihen, mußte aber bald erkennen, daß dieser Schutz mit
dem Uebelstand des Verbeulens der Bilder verbunden ist, und
daß die glashart werdende Bildfläche einem leichten Zerbrechen
ausgesetzt ist. Das Kreitmayer'sche Verfahren verleiht durch
die Metallunterlage den Bildern dagegen eine starke Dauer-
haftigkeit.
In meinem Buche „Bilderxflege" (E. A. Schwetschke
6c Sohn, Berlin) habe ich nachgewiefen, daß fast alle auf-
tretenden Bilderschäden auf die Feuchtigkeit zurückzuführen
find, deren Einwirkung von der Rückseite aus auch die
Verwitterung der Malerei verursacht, und gelangte zu dem
einfachen Schluß, daß ebenso wie ein gewöhnliches Stück
Malleinwand hinten naß gemacht, sich zusammenkrümmt, ein
solches, dessen Rückseite derart präparirt wird, daß darauf
gestrichenes Wasser keinen Einfluß ausübt, einen sicheren
Schutz für die Bilder bieten müsse. Ich machte Versuche mit
allen existirenden Fetten, Gelen und Parzen und fand, daß
solche animalischen und vegetabilen Ursprungs mehr oder
minder selbst hygroskopisch sind, der Leinwand daher einen
ausreichenden Schutz nicht bieten können; auch blieb zu be-
achten, daß die Leinwand ihre Geschmeidigkeit nicht verliert.
Bei der Verwendung des genannten Gemisches, dessen Bestand-
theile dem Mineralreich angehören, ist die Feuchtigkeits-
beständigkeit mit dem Geschmeidigbleiben der Leinwand ver-
bunden. Für den flüssigen Auftrag war eine Verdünnung
durch Terpentin nöthig, um die Masse entweder auf die Rück-
seite schon fertiger Bilder oder der Leinwand eines noch zu
malenden leicht aufstreichen zu können, und ist dies Präparat

als „Bilderschutzmittel Voß" im Pandel. Linen noch be-
quemeren Schutz verleiht dem noch zu malenden Bilde die
Verwendung der schon bei der Fabrikation durch heiße Im-
xrägnirung nach dem Patent Voß präxarirten und so bezeich-
neten Malleinwand. Den Beweis für die Wirksamkeit liefert
die Probe des Bestreichens der Rückseite der auf eine oder
die andere Art getränkten Leinwand mit Wasser. Das Wasser-
rollt darüber hin wie (Quecksilber und verdunstet darauf stehen
bleibend spurlos.
Bei der Gefährdung der Bilder durch die hygroskopische
Eigenschaft der Leinwand, sofern man diese nicht wirksam
bekämpft, ist ein Umschauen nach anderem Material, das die
Leinwand ersetzen könnte, berechtigt und da erscheint die
Wiederaufnahme des polzes als Malfundament naheliegend.
Pygroskopisch ist polz ja auch, sein Verhalten nach Feuchtig-
keitsaufnahme ist umgekehrt wie bei Leinwand; polz dehnt
sich bei Feuchtigkeit aus und zieht sich beim Trockenwerden
zusammen, aber diese Veränderung ist doch lange nicht so stark
wie bei Leinwand und daher wäre zum mindesten für kleinere
Bilder polz immer vorzuziehen. Gb sich nicht die Kunst auch
das Linoleum dienstbar machen könnte? Nit der Leichtigkeit
und bequemen pandhabung der Malleinwand dürfte aller-
dings kaum etwas anderes konkurriren, nur ist zu bedauern,
daß nicht schon längst der tückische Feind erkannt und bekämpft
ist, der sich in diesem fügsamen Material verbirgt, welches so
lange zum hauptsächlichen Fundament für die Kunstschöpfungen
der Malerei berufen war und es wohl auch bleiben wird.


Vieuer FuLLleNungen.
von Paul Wilhelm, Wien.

2. Pagenbund.
inen künstlerisch ungleich reineren und gleichmäßi-
geren Eindruck macht diesmal die Ausstellung des
„Pagenbund", dieser jungen Künstlervereinigung,
die durch den ruhigen vornehmen Ernst ihres Strebens
die „Sezession" nahezu überflügelt hat. Schon die Raum-
ausgestaltung von dem geschmackvollen I. Urban
macht einen sehr angenehmen Eindruck. Leichte, frische,
fröhliche Farben, das weiß der geschmackvollen, fast
Laubengängen ähnelnden Raumwände, anmuthig von
frischem Grün und duftenden Blumen durchwoben, eine
echte Frühjahrsausstellung, die lichte und heitere Früh-
lingsstimmung athmet! —
Dazu hat diese Ausstellung den Vorzug, daß die
Werke nicht in gedrängter Masse aufmarschieren, so
daß man jedes Einzelne in Ruhe und Muße auf sich
einwirken lassen kann. Am stärksten sind auch diesmal
wieder die Landschaften vertreten. Da hat sich der
feine, stille Suxxantschisch mit ein paar anmuthigen
Motiven eingestellt, dann Pans wilt, der ein wenig
mit den Impressionisten kokettirt, aber dennoch sich in
den Grenzen einer wohlthuenden Naturwahrheit hält,
und vor allem seine Eigenart vortrefflich dem jeweilig
gewählten Motiv anzuschmiegen weiß. Dann bedarf
Luntz, der schon etwas stärker zugreift und die Karls-
ruher gute Schule deutlich erkennen läßt. Ed. Amefeder,
dessen Manier schon etwas erstarrt erschien, ist diesmal
 
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